Dieser Text ist der vierte Teil der Serie “Mein Jahr mit … Exeter City”, in der wir einem von uns ausgewählten Verein, in meinem Fall Exeter City, ein Jahr lang verfolgen und euch in gewissen Abständen über den Verein berichten.
Hier geht es zum vorigen Teil.
Ich bin Leeds United-Fan. Das nicht erst seit gestern, aber es wurde mir auch nicht in die Wiege gelegt. Ich musste mir also alles erarbeiten. Ich las viel, merkte mir alle Spieler, checkte immer wieder die Tabelle und versuchte Kontakte zu knüpfen.
Langsam, aber doch lernte ich den Verein immer besser kennen, bis ich nun schließlich über mich sagen kann, dass ich ein eingefleischter „White“ bin, der viele Trikots zu Hause hat, alles über den Verein weiß und die richtigen Connections hat, um alles über Neuigkeiten und Gerüchte zu erfahren.
Immer wieder bin ich von dieser Entwicklung überrascht, deshalb wollte ich vor ein paar Monaten ein kleines Experiment starten. „Mein Jahr mit …“ scheint auf den ersten Blick bloß ein paar Texte, über einen Verein zu sein, den man sowieso bereits kennt und ihn ein Jahr lang etwas genauer verfolgt.
Doch ich wollte mehr. Ich wollte wissen, ob und wie schnell ich aus der Ferne Fan eines mir beinahe unbekannten Vereins werden kann. So entschied ich mich vor ein paar Monaten für Exeter City aus der League Two. Ich kannte ein paar Namen, ich wusste wo Exeter liegt, aber das war es auch schon.
Es folgte wochenlange Recherche, ein Wikipedia-Text nach dem anderen, ein paar Texte aus Regionalblättern und versuchte mir so ein besseres Bild von Exeter City zu machen.
Meine ersten drei Teile sind finde ich ziemlich gelungen. Das liegt vor allem an den tollen Geschichten, die dieser Verein zu bieten hat. Aber die Texte zeigen noch etwas: Es war reine Recherche.
Die Texte zeugen nicht von Integration und Leidenschaft, sondern viel mehr von Oberflächlichkeit. Jeder Text entstand bloß aus Recherche, Nachrichten und Interviews. Ich bezeichnete mich zwar mittlerweile als Fan des Vereins, aber ich war noch immer kein Teil davon und wenn man genauer hinsieht, liest man das auch in meinen Texten.
Es entstand vielmehr eine Euphorie als eine Leidenschaft, was sicher an den vielen fast schon kitschigen Geschichten liegt, einfach eine gewisse Freude darüber, einen Verein gefunden zu haben, der über solche Stories verfügt.
Mittlerweile weiß ich alles, was man über den Verein lesen kann – insofern man diese Informationen sucht, aber ich wollte mehr. Mein „Experiment“ schien zu scheitern, doch nicht, weil es einfach nicht möglich war, sondern weil meine Herangehensweise falsch war.
Ich musste also mehr Eigeninitiative zeigen. Ich war in Facebook-Gruppen aktiv, postete dort meine Meinung, stellte Fragen, chattete mit Fans, postete ab und an etwas auf Twitter und tauschte mich sogar mit Mitarbeitern der Marketing-Abteilungs des Verein und Journalisten des Exeter Express and Echos aus.
Ich machte mir langsam einen Namen und wurde bemerkt. Ich wurde einer von ihnen, wurde herzlichst begrüßt, aufgenommen und bekam sogar den Titel – „Marco, the Grecian“.
Nein, ich bin kein Grieche und zugegeben, diese Bezeichnung ist auch nicht für mich persönlich, sondern einfach die Bezeichnung der Fans, aber es fühlt sich ein bisschen wie ein durchgeführtes Aufnahmeritual an, vergleichbar mit einer Feuertaufe.
Ein Fan gab mir sogar einen Spitznamen, der mir besonders gut gefällt: „The Grecian from the Alps“. Für alle war ich nun offiziell ein „Grieche“ und damit einer von ihnen.
Ich wurde gefragt, ob ich nicht mal vorbeikommen will und wurde ausgefragt, wie ich auf den Verein kam, sagten mir, dass sie es beeindruckend finden, was ich mache und ich ihnen jederzeit schreiben könne, falls ich Hilfe bräuchte.
Das war, was ich suchte. Ein kleiner, mir beinahe unbekannter Verein und ich wollte Teil davon werden. Ich will nicht sagen, dass das Experiment bereits ein Erfolg ist, es war viel mehr der erste Schritt in die richtige Richtung, den ich weitergehen will.
Ich bestellte mir also ein Exeter City-Trikot und wollte mir das berüchtigte Derby gegen Plymouth Argyle ansehen.
Doch wie das Schicksal es wollte ging der Stream nicht und das Trikot kam einen Tag zu spät an, zugleich wurde das Spiel haushoch verloren. Von da an ging es bergauf: Noch im November Tabellenletzter und heute in den Playoffs, aus denen der Verein nicht mehr zu verdrängen ist.
Die Stimmung ist großartig, die Leistungen der Spieler ebenso. Ich bin gespannt auf die Playoffs und werde weiterhin fest die Daumen drücken.
Liebe Grüße,
der Grieche von den Alpen