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Gustavo Alfaro – ein Außenseiter übernimmt Boca Juniors

Gustavo Alfaro ist neuer Trainer der Boca Juniors. Er beerbt den letztlich gescheiterten Guillermo Barros Schelotto, der sinnbildlich für Bocas Stagnation eine Lehrstunde im Finale der Copa Libertadores vom ewigen Rivalen River Plate und dessen Erfolgstrainer Marcelo Gallardo erhielt.

Mit Alfaro kommt nun ein sehr erfahrener Trainer zu Boca, der in seiner bisherigen Karriere meist Mittelklasse-Klubs und Außenseiter trainierte. Trotzdem sammelte er bereits alle möglichen Titel auf Klubebene bis auf jenen: Die Copa Libertadores.

„Zeit ist relativ“, heißt es in der Relativitätstheorie von Albert Einstein, Bocas neuer Trainer zitiert gerne den Physiker und Wissenschaftler. Gerade im modernen Fußball entscheidet der richtige Zeitpunkt über Sieg, Niederlage, Deal oder nicht und gerade die Uhr für Trainer tickt besonders schnell, v.a. wenn der Erfolgsdruck groß ist.

Gustavo Alfaro hat erst vor einigen Wochen das Traineramt bei Boca übernommen und soll wieder Glanz und Gloria nach La Boca holen. In der Branche gilt er als Rhetoriker und Taktikfuchs, dem ein großartiger und respektvoller Führungsstil nachgesagt wird.

Für Alfaro ist es Höhepunkt und das Ergebnis einer Lehrzeit von knapp 30 Jahren Trainererfahrung. Doch alles der Reihe nach.

 

Alfaro, der Salatkopf

Der junge Gustavo verbrachte seine Kindheit und Jugend fast ausschließlich auf den Fußballplätzen seines Heimatklubs Atlético de Rafaela. Dort riefen sie ihn alle nur Lechuga, den Salatkopf.

Noch heute nennen sie ihn noch so, obwohl der erwachsene Gustavo nicht mehr diese imposante Lockenfrisur von früher trägt. Nach dem Schulabschluss sollte der aus gutem Elternhaus stammende Gustavo eine Karriere als Ingenieur anstreben.

Der Junge entschied sich aber für den Fußball und für das harte Brot der Niederungen des argentinischen Amateurfußballs.

Sechs Jahre lang rumpelte er für die zweite Mannschaft von Atlético Rafaela über die Äcker der sogenannten Liga Rafaelina aus der Milchprovinz Rafaela im Bundesstaat Santa Fe. Erst mit 24 Jahren schaffte Alfaro den Sprung in die erste Mannschaft des damaligen Zweitligisten.

Bei La Crema, wie der Klub aus Rafaela genannt wird, galt er als unumstrittener Führungsspieler, als der verlängerte Arm des Trainers. Ein kompromissloser Abräumer, Taktgeber, technisch solide aber nicht mehr.

Nach einem erfolgreich bestrittenen Abstiegsfinale beendete Alfaro seine aktive Karriere mit nur 28 Jahren. 126 Spiele lang lebte er seinen Traum, erzielte dabei 6 Tore, aber er spürte, dass er in seiner aktiven Zeit nichts mehr geben konnte.

Gustavo Alfaro
(Foto: TyC Sports cc-by-sa3.0)

Was folgte waren Zeiten des Lernens. Parallel zu einem Ingenieurs Studium tauschte sich Alfaro mit nahezu allen argentinischen Trainergrößen aus und hospitierte bei einigen: César Luis Menotti, Carlos Bilardo, Alfio Basile, Carlos Bianchi, Daniel Passarella, Américo Gallego oder Alejandro Sabella.

„Von jedem nahm ich etwas mit. Wie ein Räuber habe ich mir ihre besten Ideen zu eigen gemacht und schließlich in mein eigenes Repertoire aufgenommen“, erzählt er offen dem argentinischen Fußballmagazin El Grafico.

 

Erstmals Cheftrainer eines Erstligisten

Mit 31 Jahren wurde Alfaro erstmals Cheftrainer, damals bei seinem Heimatklub Rafaela. Nach knapp 10 Jahren in der Nacional B, der 2.Liga Argentiniens, heuerte Alfaro in 2001 erstmals bei einem Erstligisten an.

Jedoch passte beim Traditionsklub Belgrano aus Cordoba rein gar nichts. Die Mannschaft streikte wegen ausstehender Gehaltszahlungen, die Führungsetage des Klubs war zerstritten. Es gab zeitweise noch nicht einmal einen Trainingsplatz.

Nach wenigen erfolglosen Monaten kehrte Alfaro in die zweite Liga zurück und wurde mit Olimpo aus Bahia Blanca sogleich Meister der Nacional B.

Einen Tag nach dem Aufstieg wurde Alfaro überraschenderweise entlassen, weil man dem „besten Zweitligatrainer Argentiniens“ nicht die 1.Liga zutraute und der Präsident ihn „nicht nach dem 6.Spieltag wieder entlassen“ wollte.

Alfaro zog weiter zum ältesten Fußballklub des Landes, dem Quilmes AC. Quilmes war 1992 aus der 1.Liga abgestiegen und hatte in den vergangenen 10 Jahren Zweitklassigkeit ganze sechsmal das Aufstiegsfinale verloren.

Alfaro war also mehr denn je als Psychologe gefordert und meisterte die Herausforderung, indem er den Aufstiegsfluch des Bierklubs im ersten Jahr beendete und sich dieses Mal auch in der Primera Division beweisen durfte.

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Alfaro führte Quilmes auf einen sensationellen 5.Platz und die Cerveceros qualifizierten sich zudem für das internationale Geschäft. Für den Senkrechtstarter Alfaro ging es weiter zu San Lorenzo, einem sehr renommierten Klub auch über die Landesgrenzen hinweg.

Erstmals dirigierte Alfaro eine große Mannschaft, Alfaro der ruhige Entwickler, der emotionale Motivator, einer für den die Spieler durchs Feuer gehen. Doch bei San Lorenzo herrschte ein unglaublicher Erfolgsdruck.

Die Ergebnisse vom Wochenende zählten mehr als eine spielerische Handschrift oder ein funktionierendes Konzept. Alfaro, ein Förderer von jungen Talenten, bekam nur sehr wenig Zeit und nach einer eher enttäuschenden Saison war sein persönlicher Aufstieg als Coach der Stunde auch prompt wieder vorbei.

Im folgenden Sommer 2006 fand das Sommermärchen in Deutschland statt, mit dabei Alfaro als TV-Experte für den kolumbianischen Sportsender Caracol.

Eine Erfolgsgeschichte für den bodenständigen Alfaro, denn seine klugen Analysen und seine angenehme und eloquente Art kamen bei den kolumbianischen Zuschauern gut an. Seither ist er bei jeder WM, Copa América sowie bei ausgewählten europäischen Spitzenspielen (Champions League und EULeague) für Caracol am Mikrofon.

Diese Erfahrungen nutze Alfaro um seine Vorbilder auf dem alten Kontinent besser zu studieren. Als Trainer verehrt er Joachim Löw als größten, weil flexibelsten Taktiker, Carlo Ancelotti wegen der Organisationsfähigkeit seiner Mannschaften sowie Alex Ferguson wegen dessen Führungsstil.

 

Einen Außenseiter zum Campeón gemacht

Nach der WM übernahm Alfaro erneut einen Außenseiter, Arsenal de Sarandí, einen kleinen Vorstadtklub vor den Toren der Hauptstadt Buenos Aires.

Arsenal war der „Hobbyklub“ von AFA Fürst Julio Grondona. Grondona und Alfaro harmonierten prächtig, der Patriarch hielt seinem smarten Coach den Rücken frei und dieser schaffte es aus einer No-Name-Truppe einen Campeón zu machen.

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In seiner Premierensaison 2006/07 erzielte die Mannschaft ihre historisch beste Liga-Platzierung und qualifizierte sich für die Copa Sudamericana, die man sensationell gewinnen konnte.

Auf dem Weg zum Titel schaltete man namhafte Gegner wie San Lorenzo, Goiás, Chivas de Guadalajara und Passarellas River Plate aus. Im Finale traf man auf das klar favorisierte Club América.

Damals tummelten sich dort mehrere gestandene Nationalspieler Mexikos wie etwa Nationaltorhüter Guillermo Ochoa (später Standard Lüttich), der paraguayische Torjäger Salvador Cabañas oder die beiden Argentinier Lucas Castromán (Lazio, Udinese) und Fede Insua (Boca, Mönchengladbach).

Im Hinspiel sah sich Alfaros Team 90.000 Zuschauern im Aztekenstadion von Mexiko-Stadt entgegen, ein Spiel á la David gegen Goliath.

Gleich zweimal konnte el Arse einen Rückstand egalisieren und gewann im Hinspiel (3-2) letztlich durch Tore des damals 19-jährigen Talents Alejandro Papu Gomez (aktuell bei Atalanta Bergamo) und dem EU-erfahrenen Anibal Matellán, aktuell rechte Hand vom frisch gebackenen Manager der Boca Juniors, Nicolás Burdisso.

Das Rückspiel wurde im Estadio Presidente Perón vom Nachbarn Racing ausgetragen, da das eigene Estadio Julio Humberto Grondona mit nur 16.000 Fassungsvermögen zu klein war.

Die Mexikaner dominierten und stellten nach gut einer Stunde auf 2-0 und somit Titelkurs. Doch Alfaro wechselte mit Stürmer Pajaro Andrizzi schließlich den Sieg ein und Arsenal triumphierte dank der Auswärtstorregel in der bis heute wichtigsten Nacht ihrer Klubhistorie.

Zur Saison 2008/09 wechselte Alfaro zum Konkurrenten Rosario Central, nachdem er zuvor als Kandidat für den Trainerposten der Cafeteros, der kolumbianischen Nationalmannschaft, gehandelt wurde. Bei Central war die Begeisterung für den neuen Trainer groß, sodass er bei der Begrüßung als kommender Meistertrainer gefeiert wurde.

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Doch es kam alles anders: Untypisch für Alfaros Mannschaften fehlte es dem Kader an mannschaftlicher Geschlossenheit und Ordnung.

So vergeigten seine Männer mehrere Spiele trotz Führung knapp und nach 14 Spielen mit nur 8 Punkten wurde Alfaro schließlich gefeuert – der Tiefpunkt seiner bisherigen Karriere.

 

Unter Alfaro zum Erfolgsverein

Nach dem erfolglosen Experiment mit Central, arbeitet Alfaro eine Weile fast ausschließlich als TV-Experte und erlag schließlich einem lukrativen Angebot aus Saudi-Arabien.

Doch Alfaro fühlte sich im Wüstenstaat nicht wohl und verließ Al Ahli bereits wieder nach vier Monaten. Zurück in Argentinien folgte der Trainer wieder dem Ruf Grondonas und übernahm erneut Arsenal.

Dort blieb er fast vier Jahre und impfte der Mannschaft neuen Spirit ein, die in seiner Abwesenheit unter den Trainern Garnero, Burruchaga (die 86er Legende) und Ruiz verloren ging.

Mit einer jungen Mannschaft etablierte er den kleinen Klub als einen der besten des Landes, gewann die Meisterschaft, den Pokal sowie den argentinischen Supercup und qualifizierte sich dreimal für die Copa Libertadores.

Im April 2014 kam es zur plötzlichen Trennung dieser so erfolgreichen Zweckgemeinschaft, als Alfaro und Klubchef Julito Grondona, Sohn von Don Julio, sich über ausstehende Gehalts- und Prämienzahlungen schwer verstritten.

Ein Machtkampf zur Unzeit, denn zu dem Zeitpunkt stand Arsenal im 1/8finale der Libertadores. Der Klub aus Sarandí erholte sich nie von der Trennung Alfaros und stieg drei Jahre später in die Nacional B ab.

Alfaro arbeitete anschließend bei Tigre, Gimnasia LP und Huracán. Allesamt Mannschaften im Abstiegsstrudel und in allen schaffte er es, aus einem Abstiegskandidaten eine kompakte und sehr unangenehme Mannschaft zu formen, die unter seiner Führung nicht nur den Turnaround schaffte, sondern sich zudem jeweils für das international Geschäft qualifizieren konnte.

Gerade bei seiner letzten Station im Stadtteil Parque Patricios, das Zuhause vom Traditionsklub CA Huracán, profitierte der Klub sehr stark von der Entwicklung unter Alfaro.

Der Erfolg der ersten Saison kostete dem Trainer zwar die Säulen seines Teams. Trotzdem schaffte er es die Abgänge von Abila (Torjäger), Nervo (Abwehrchef) und Pussetto (Topscorer) zu kompensieren und eine neue Mannschaft zu formen, die aktuell auf Platz 4 – und damit vor Boca – steht.

Genug Punktepolster um mit dem Abstieg, welcher sich aus dem 3-Jahrespunktedurchschnitt errechnet, nichts zu tun zu haben und darüber hinaus wurde ein Transferüberschuss von knapp 15 Mio USD erwirtschaftet. Alfaros Abgang wurde bei den Fans von Huracán dementsprechend wie ein Super-Gau aufgenommen.

 

Alfaro übernimmt die Boca Juniors

Der feingeistige Alfaro blickt als Trainer mittlerweile auf knapp 800 Spiele in 14 Stationen bei elf Vereinen zurück, von denen er statistisch gesehen die Hälfte gewonnen hat. Sein 12. Verein als Trainer ist nun seit Ende Dezember der mächtige Klub aus dem Hafenviertel von La Boca.

Dort herrscht mittlerweile wieder etwas Aufbruchstimmung, jedoch hat die historische Libertadores-Niederlage gegen River das Selbstverständnis und den Stolz des Klubs stark ramponiert.

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Als Klubboss Angelici zusammen mit Manager Burdisso trotz klangvoller Konkurrenten Alfaro als neuen Trainer vorstellten, war das mediale Echo erstmal verhalten. Das Alfaros Karriere so spät nochmal dermaßen an Fahrt aufnimmt, kam für viele überraschend.

„Einstein sagte, es sei einfacher ein Atom zu teilen, als Vorurteile und Schubladen-Denken der Leute zu verändern“, entgegnet Alfaro, wenn er mal wieder auf seine Vita als Underdog-Coach und Defensivfanatiker reduziert wird. Denn Alfaros Wirken ist viel mehr.

 

Was für ein Trainertyp ist Gustavo Alfaro?

Insbesondere bei der älteren Fan-Generation wurde sein Amtsantritt fast euphorisch aufgenommen. Sie sehen in Alfaro einen Projektplaner, ja vielmehr einen Entwickler, der aus vorhandenem Spielermaterial nahezu das Maximum herausholt.

Diese Variabilität und das Selbstvertrauen in die eigene Stärke gilt es nach der Ära Schelotto und dem international bescheidenen Abschneiden nun wieder zurückzuholen.

Mit Alfaro geht Boca sicherlich ein gewisses Risiko ein, weil er kaum Erfahrung auf der ganz großen Fußballbühne und den großen Fußballnamen vorweisen kann, sagen Kritiker zurecht.

Andererseits schafft es Alfaro eine Mannschaft zu formen, die sich für einander aufopfert – etwas, dass Schelottos Boca nie auszeichnete.

Das von Schelotto praktizierte 4-3-3 wird es unter Alfaro wohl nicht mehr geben. Schelottos System mit drei (defensiv)zentralen Mittelfeldspielern mit Stärken in der Balleroberung ging stets zu Lasten der Kreativität.

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Womöglich war es auch genau diesem Umstand geschuldet, dass Schelottos Boca in den wichtigen Spielen nicht zu überzeugen wusste. Trotz zweier Meisterschaften hat Schelotto seiner hochkarätig besetzten Mannschaft keine wirkliche Identität verleihen können.

Alfaro weiß um die Philosophie und Seele des Spiels der Xeneizes: klare Spielstruktur, Dominanz, Einsatz und eben eine gute Portion Kreativität – selten gesehene Attribute von Schelottos Boca, welches sein Offensivspiel ziemlich eindimensional auf die schnellen Außen verlagerte und sein fußballerisches Wohl primär von der individuellen Form ihrer stärksten Offensivgeister wie Pavón, Benedetto und zeitweise Tévez abhängig machten.

Und obwohl es der Mannschaft nicht an spielintelligenten Strategen mangelte, wunderten sich die Zuschauer oft, warum es der personell so stark besetzten Mannschaft nicht gelang, ein Spiel richtig zu lesen, geschweige es über die gesamte Spielzeit hinweg zu dominieren.

Unter Alfaro wird der Trend wieder stärker zur mannschaftlichen Geschlossenheit und dem Kollektiv gehen. Alfaros Mannschaften dominieren den Gegner aufgrund ihrer kompakten Ordnung und taktischen Disziplin, nicht zwangsläufig aufgrund von mehr Ballbesitz.

Die Spielzentrale des Gegners trockenlegen, Balleroberung im Mittelfeld und schnelles Umschaltspiel. Er gilt als ein Verfechter des 4-4-2, meistens mit einer Doppelsechs und besetzten Flügeln, die aber oft in die Mitte ziehen und dann mitunter als verkappte 10 agieren.

Im Sturmzentrum setzt er am liebsten auf zwei sich gut ergänzende Mittelstürmer. Also einer Typ Panzer (Abila), der andere feinfüßiger (Benedetto).

Der Fokus auf mehr Kreativität aus dem Mittelfeld wird den beiden hochtalentierten Almendra (18) und den unter Schelotto in Vergessenheit geratenen Reynoso (23) zu Gute kommen. Zudem hat Alfaro mit dem 8 Mio Neuzugang Ivan Marcone seinen Wunschspieler und neuen Mittelfeldchef.

Der 28-jährige Organisator, den Alfaro bei Arsenal großmachte, ist neben Wilmar Barrios der wohl beste und v.a. kompletteste 6er im südamerikanischen Klubfußball.

Ein weiterer kolumbianischer Nationalspieler konnte mit Norman Campuzano (22) verpflichtet werden, ein technisch beschlagener und spielintelligenter Achter.

Auf der Gegenseite wurde das schlampige Genie Cardona aussortiert. Einige Ergänzungsspieler wie Peruzzi, Más und Jara stehen ebenfalls vor dem Absprung.

Mit Almendra, Heredia, Chicco, Weigandt und Roffo drängen einige Talente in den Kader. Und es wird noch weitere Veränderungen geben. Der Abgang vom flexibel einsetzbaren Kampf- und Mentalitätsmonster Nahitan Nández steht kurz bevor.

Auch ein Verkauf von Wilmar Barrios in die Premier League ist noch nicht vom Tisch. Für beide würde Boca hohe Transfererlöse erzielen, Einnahmen, welches für den Kauf eines hochkarätigen Innenverteidigers dringend gebraucht wird.

Nach den Abgängen von Magallan (Ajax) und Youngster Balerdi (BVB) ist hier der größte Handlungsbedarf. Lisandro Lopéz (29), ebenfalls ein alter Zögling Alfaros aus gemeinsamen Jahren bei Arsenal, soll aus Genua kommen, wo er aktuell ausgeliehen ist. Manager Burdisso, selbst drei Jahre in Genua als Spieler aktiv, hat bereits sein Interesse hinterlegt.

In Alfaros System nehmen die Innenverteidiger keine große Rolle im Spielaufbau ein und konzentrieren sich primär auf die Kernaufgabe Verteidigung, während die aufrückenden Außenverteidiger Impulse nach vorne setzen.

Mit der Rückkehr vom langzeitverletzten Frank Fabra, der nach einem Kreuzbandriss aber noch einige Wochen benötigt, freut sich der Trainer auf einen Linksfuß mit überragenden Offensivqualitäten.

„Gut zu verteidigen heisst nicht sich hinten reinzustellen, sondern hat mit dem richtigen Timing zu tun. Wann werden wo die Räume verengt, wann und wie gepresst wird und wann nach Ballgewinn schnell umgeschalten werden soll.“

Eine defensive Festung hat man bei Boca indes schon seit Falcionis Amtszeit nicht mehr gesehen, als man 36 Partien ungeschlagen blieb und man die Meisterschaft mit den wenigsten Gegentore in der Geschichte der argentinischen Liga (6 Gegentore in 19 Spielen) feiern durfte.

Der Umbruch bei Boca ist in vollem Gange und Alfaro einer derjenigen Trainer, die in ihrer Karriere ständig mit Umbrüchen umgehen und sich arrangieren mussten. Die Zeit der Kapitäne Gago (langzeitverletzt und offene Zukunft bei Boca) und Pablo Pérez (zu CA Independiente) sind vorbei.

Als Aushängeschild soll indes Carlitos Tévez erhalten bleiben. Alfaro sieht in ihm seine Integrationsfigur und Leader, zumindest kurz- bis mittelfristig.

Dem Trainer imponiert Tévez Siegermentalität und wird – sofern er fit ist – eine Offensive um den Apachen und natürlich dem Torgarant Dario Benedetto bauen.

Es bleibt abzuwarten wie Alfaro mit diesem Schwergewicht Boca umgehen kann. Die Favoritenrolle auf dem Platz muss der kluge Trainer mit seiner Mannschaft annehmen und mit Leben füllen: Eine Spielidee entwickeln, die aus dem Kollektiv generiert wird und weniger eine Wette oder das Hoffen auf eine überragende Einzelaktion.

Nach der großen Schmach des zurecht verlorenen Libertadores Finales gegen ein viel reiferes und mannschaftlich überzeugendes River Plate, ist es nun an Alfaro, Boca ein neues Gesicht zu geben.

Zum Rückrundenauftakt gastiert Boca bei Newells Old Boys in Rosario, in seiner Heimatprovinz Santa Fe. Spätestens dann beginnt der erste Schritt der Identitätssuche von Alfaros Boca und zugleich beginnt die Uhr zu ticken. „Zeit ist relativ“, aber Alfaro weiß, gerade bei Boca, ist diese auch relativ schnell wieder vorbei.

Ein Text von Andreas Geipel von Argifutbol

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