Pep Guardiola ist dafür bekannt, mit taktischen Kniffen zu begeistern. Seine neuste Errungenschaft sind die falschen Außenverteidiger. Dabei sollen diese bei Ballbesitz in die Mitte ziehen und die Ballzirkulation unterstützen.
Wir analysieren das Vorgehen in Guardiolas erster Premier League Saison.
Die Skyblues starteten mit einem 2:1 Heimsieg gegen den AFC Sunderland in die Premier League-Saison. Gegen das Team von David Moyes spielte City nominell im 4-1-4-1, welches, ganz nach dem Gusto Guardiolas, flexibel interpretiert wurde.
Da wäre zunächst die Nutzung der Außenverteidiger: Wie zu seiner Zeit bei den Bayern, ließ der Katalane seine Außenverteidiger bei eigenem Ballbesitz wie zusätzliche Mittelfeldspieler auflaufen.
Sagna und Clichy schoben hierbei frühzeitig in den Sechserraum. Die Innenverteidiger Stones und Kolarov fächerten breit auf, hin und wieder fiel Fernandinho in die letzte Reihe zurück.
De Bruyne und Silva hielten sich als Achter meistens am Übergang zum zweiten Drittel auf und unterstützten die Flügelspieler. Nun stellt sich also die Frage: Warum lässt Guardiola seine Außenverteidiger permanent ins Zentrum ziehen?
Einige Punkte habe ich bereits im letzten Update kurz angesprochen; ein wichtiger Punkt ist die Stabilität im Zentrum. Durch diese Bewegungen ist es den Citizens möglich, in den zentralen Räumen für ausreichend Anspielstationen und Absicherung nach Ballverlusten zu sorgen.
Dadurch entsteht meistens eine Art 2-3-4-1, in welchem sich die beiden Achter in höheren Zonen positionieren können und sich um die offensive Durchschlagskraft kümmern können.
Dieses “Hereinkippen” der Außenverteidiger soll vorrangig die Flügelspieler befreien.
In der Regel verteidigen die meisten Teams am Flügel mannorientiert, das heißt, dass zum Beispiel der rechte Mittelfeldspieler der verteidigenden Mannschaft dem Linksverteidiger der angreifenden Mannschaft zugeordnet ist.
Verlässt der Linksverteidiger nun seine Position, stellt sich für den Gegner die Frage: Bleibe ich in meinem Raum und verschließe den Passweg nach außen, lasse dafür aber meinen Gegenspieler frei?
Oder gehe ich mit ihm mit und öffne dadurch die Passwege auf die Außenspieler? Eine durchaus knifflige Angelegenheit für die verteidigende Mannschaft.
Man muss sich bewusst sein, dass Kommunikation und klare Abläufe hierbei extrem wichtig sind.
Der Hintermann muss den Vordermann entsprechende Kommandos geben, zudem muss sich der Mittelfeldspieler an den Sechsern orientieren, sollte der Außenverteidiger der angreifenden Mannschaft „hereinkippen“.
Wird der Spielzug allerdings mit dem nötigen Tempo und der entsprechenden Präzision gespielt, ist es sehr schwer, diesen zu verteidigen.
Schiebt also einer der Außenverteidiger ins Zentrum, erhält der Flügelspieler den Ball und kann im Optimalfall direkt ins Eins-gegen-Eins gehen. Der Außenverteidiger kann anschließend seinen Vordermann hinterlaufen, um ihm den Weg nach Innen zu öffnen oder selbst zu flanken.
Eine zweite Variante wäre, dass der Außenverteidiger die innere Fahrspur wählt und von dort aus dynamisch nach vorn stößt, wie es Sagna mehrfach tat.
Das Vorderlaufen, welches idealerweise im Halbraum geschieht, hätte einen ähnlichen Effekt. Zusätzlich würde der vorstoßende Außenverteidiger noch den gegnerischen Sechser mitziehen, weil dieser ihn ja verfolgt.
Demnach würden zwei Spieler kurzzeitig drei Gegenspieler binden. Gegen Sunderland kamen Nolito und Sterling häufig in diese Situationen, entsprechend unterstützend bewegten sich Silva und De Bruyne.
Das spanische Duo auf der linken Seite besetzte dabei immer flexibel die jeweiligen Passkanäle.
Die drei Zonen (Zentrum, Halbraum, Flügel) waren stets von einem der drei besetzt. Meist war es Clichy, der zentral stand, während Silva und Nolito dynamisch ihre Positionen tauschten.
Auf der gegenüberliegenden Seite war dies etwas starrer: De Bruyne positionierte sich häufig im Halbraum, Sterling hielt die Breite und startete diagonal in die Spitze. Sagna, der zwischen den drei Zonen pendelte, stieß vermehrt durchs Zentrum nach vorn.
Aus dieser 2-3-4-1/2-3-5-Staffelung war Manchester City gegen Konter zentral mit Fernandinho, Sagna und Clichy gut abgesichert. Stones und Kolarov rückten bei Bedarf auch noch mit auf.
Dies bringt mich gleich zum nächsten Vorteil dieser Spielweise: man hat im Mittelfeldzentrum eine nummerische Überzahl. Der Mittelblock besteht nun aus bis zu fünf Spielern.
In orthodoxeren Systemen hätte man hier drei, maximal vier Zentrale. Die Überzahl kann entweder direkt, also durch Kombinationen oder Dribblings durchs Zentrum oder, wie bereits beschrieben, indirekt ausgespielt werden.
Zu seiner Zeit in München sollten Guardiolas Flügelspieler nach Erhalt des Balles das Dribbling suchen und anschließend Flanken forcieren.
Entsprechend wurde der Strafraum mit Müller und Lewandowski besetzt, dahinter gingen Lahm, Thiago und vor allem Vidal auf den zweiten Ball. Bei City scheint dies bisher nicht ganz so stark ausgeprägt zu sein.
Die Flügel sind zwar das Hauptaugenmerk im Spiel Citys, doch wird von hier aus vermehrt ins Zentrum gegangen und weniger die Hereingabe in den Strafraum gesucht.
Der Trend geht aber ganz klar dahin, dass die Außenbahnen auch in dieser Saison Citys Prunkstück sein wird – gerade in Hinblick auf die Verpflichtung Sanés.
Guardiola verwendete in der Champions-League-Quali gegen Bukarest mit Kolarov und Zabaleta wieder traditionelle Außenverteidiger. Ein Grund dafür könnte die offensive und taktisch unsaubere Art Kolarovs sein.
Um die Rolle des falschen Außenverteidigers auszuführen benötigt man taktische Disziplin, die Clichy und mit Abstrichen auch Sagna und Zabaleta mitbringen.
Fraglich ist aktuell jedoch, inwiefern die Außenverteidiger auch gegen stärkere Gegner bestehen können. Beim FC Bayern war Guardiola in der glücklichen Situation, dass er mit Lahm und Alaba die beiden besten Außenverteidiger ihrer Generation zur Verfügung hatte.
Clichy und Sagna sind zwar solide, haben allerdings nicht die Klasse der beiden Münchener.
Aktuell ist es jedoch durchaus sinnvoll, das Zentrum zu stärken und den Spielern neue Wege an die Hand zu geben, ein Spiel zu kontrollieren.