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Analyse: Swansea City entlarvt Liverpool FC

Nachdem die Swans vor einer Woche beim Liga-Debüt ihres neuen Trainers Paul Clement deutlich mit 4:0 verloren und dabei in der ersten halben Stunde eine durchaus ansprechende Leistung zeigten, ging es heute zu keinem geringeren Team als Jürgen Klopps Liverpool.

Swanseas Stabilität gegen den Ball

Gleich zu Beginn wurde schnell klar, wie die Partie verlaufen sollte: Swansea überlässt Liverpool den Ball und versucht erst einmal das eigene Tor zu schützen.

Dabei nutzen die Waliser ein tiefes 4-1-4-1-Pressing, welches sich je nach Staffelungen und der Position des Balles zu einem 4-5-1 verwandeln konnte.

Jack Cork bildete dabei den zentralen Orientierungspunkt für die beiden Achter Leroy Fer und Neuzugang Tom Carroll. Flankiert wurde dieses Dreigestirn von Routledge und Sigurdsson.

Im Sturmzentrum war Llorente abermals erster Verteidiger im Spiel der Swans. aufstellungen

Ihr Pressing war in der ersten Phase zunächst recht passiv; Llorente hatte lediglich die Aufgabe, sich lose an Henderson zu orientieren, ohne ihn ernsthaft in Manndeckung zu nehmen. Für den Spanier bestand das Hauptaugenmerk darin, die zentralen Räume vor dem Mittelfeldtrio abzuschirmen.

Hinter ihm gab es einige klare Mechanismen und Zuordnungen, die sich vor allem in der ersten Halbzeit als sehr passend erwiesen. So orientierte sich Fer vermehrt an Coutinho, der sich immer wieder im linken Halbraum und dem Zwischenlinienraum herumtrieb und Bälle forderte.

Fer verfolgte den Brasilianer jedoch nicht auf Schritt und Tritt, sondern deckte zunächst nur den Raum und sobald ein Zuspiel auf Coutinho in Aussicht war, schob Fer dynamisch auf ihn und nutze dabei seinen Deckungsschatten, um das Zentrum und Passwege auf Firmino zu schließen.

Vereinzelt rückte Fer auch auf Wijnaldum heraus, wenn Coutinho beispielsweise weit im Zentrum war. Auch in diesen Szenen war zu erkennen, welch starken Fokus Fer selbst dann noch auf den Liverpooler Offensivmann hat.

Er schob immer erst dann auf den Ballführenden, wenn klar war, dass Cork sich um Coutinho kümmert.

Die Flügelpositionen ließen die Swans prinzipiell immer offen. Routledge und Sigurdsson waren in der Regel darauf bedacht, den Kontakt zu den beiden Achtern zu halten und Schnittstellenpässe durch diesen Raum zu verhindern.

War der Ball am Flügel, schoben sie stets geschlossen hin, ohne dabei auf Ballgewinn zu gehen. Der ballferne Flügelspieler schob dabei weit auf die Seite, wodurch Swansea eine gute Horizontalkompaktheit hatte.

Den Liverpoolern wurden schlichtweg die Passoptionen zugestellt, wodurch Klopps Team entweder den Durchbruch am Flügel suchte oder den Ball zurückspielte.

Ersteres war vor allem problematisch, weil sich der entsprechende Spieler meist allein auf weiter Flur befand.

Für Swansea war es hingegen insofern ein zweischneidiges Schwert, als dass sie aufgrund ihrer geringen Intensität am Flügel und dem weit eingerückten Außenstürmer anfällig für Verlagerungen waren, die Liverpool nicht in der Konsequenz einbringen konnte.

Wie Liverpool die Schwächen der Swans nicht nutzen konnte

Aus dieser Ordnung heraus schaffte es Swansea im Prinzip über die komplette erste Hälfte hinweg, Liverpools Offensive im Zaum zu halten. Ein Mitgrund dafür war das Spiel der Liverpooler selbst.

Selten schafften sie es Überzahlen am Flügel herzustellen und noch viel weniger, diese gezielt auszuspielen. Coutinho und Wijnaldum zeigten zusammen mit Milner auf Links einige gute Ansätze, welche jedoch aufgrund Swanseas Passivität und guter Raumaufteilung wenig Erfolg einbrachten.

Vereinzelt ließ sich Coutinho in tiefere Zonen fallen, um das Spiel von Halblinks aus anzukurbeln. Da er allerdings nicht der allerbeste Stratege ist, verpuffte auch dieses Mittel relativ schnell im Netz der Schwäne.

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Gefährlich wurde Liverpool immer dann, wenn sie Ballgewinne im Gegenpressing erzielten. Aufgrund der engen und vor allem tiefen Staffelung Swanseas hatten es die Waliser nach Ballgewinnen meist sehr weit bis zum Tor von Simon Mignolet.

Entsprechend konnte Liverpool nach Ballrückeroberung hierdurch einige Akzente setzen ohne wirklich gefährlich zu werden. Es schien vor allem ein Problem des Rhythmus’ zu sein.

Lallana versuchte sich Mitte der ersten Halbzeit zwar vermehrt im Zentrum als Anspielstation anzubieten, aber auch er wurde durch das Dreieck Carroll-Sigurdsson-Olsson gut aus dem Spiel genommen.

Die einzig wirklich gefährliche Szene entstand in der 16. Minute, als Henderson ein zu weites Einrücken Sigurdssons mit einer Verlagerung auf Clyne ausnutze und sich Firmino gegen Mawson durchsetzen konnte. Lallanas artistische Einlage brachte allerdings keinen Erfolg.

Verrückte zweite Hälfte und eiskalte Schwäne

Der zweite Durchgang begann für Swansea mit einem Paukenschlag: Llorente traf binnen sieben Minuten zweimal. Das erste Tor war eine Verkettung von Zufällen, bei der der Spanier am schnellsten handelte und der zweite Treffer ging einer durchaus ansehnlichen Kombination von Carroll und Olsson voraus.

Die beiden nahmen quasi im Alleingang die rechte Defensivseite Liverpools auseinander, indem Olsson über einen Doppelpass am Flügel freigespielt wurde und Carroll den unkonventionellen Weg aus dem Halbraum nahm, den Schweden überlief und anschließend das Tor für Llorente mit einer scharfen Flanke vorbereitete.

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Nur zwei Minuten nach diesem Treffer verkürzte Liverpool ebenfalls per Kopf durch Firmino.

Hierbei fiel es Swansea auf die Füße, dass sie die Flügel offen ließen und Flanken zuließen, was generell bei den Größenverhältnissen der beiden Teams und der Erfolgsquote von Flanken durchaus verständlich sein kann.

Firmino zeigte allerdings einen durchaus cleveren Lauf, indem er mit Schwung vor Olsson auftauchte und den Dynamikvorteil für sich nutzen konnte.

15 Minuten später war es eine ähnliche Situation, in der Olsson den Brasilianer nicht stören konnte und Firmino nach guter Vorarbeit Wijnaldums sehenswert ausglich.

Liverpool setzte in dieser Phase verstärkt auf ihr Gegenpressing und die individuelle Klasse ihrer Dribbler Firmino und Lallana. Immer wieder boten sie sich in den Halbräumen vor Carroll und Fer an, um von dort aus ins Dribbling zu gehen oder Verlagerungen zu spielen.

Entsprechend drängten sie die Schwäne immer weiter an ihren eigenen Sechzehner und es schien nur eine Frage der Zeit, bis Liverpool in Führung gehen würde.

Begünstigt wurde dieser Effekt von Swanseas häufig sehr kurz geratenen Klärungsversuchen, die allesamt mehr Hektik als Entlastung einbrachten.

Entlastung gab es meist durch Fer, der den Ball immer wieder nach vorn schleppen konnte und zusammen mit Llorente und Sigurdsson den Laden schmiss. Entsprechend fiel das Siegtor durch Sigurdsson nach einem solchen Dribbling durch Fer über den halben Platz.

Mit etwas Glück gelangte der Ball vom aufgerückten Carroll zu dem freistehenden Isländer. Mit dem dritten Schuss auf das Tor von Mignolet erzielte Swansea das dritte Tor. Effizienz, die den Schwänen bisher immer abging.

Die letzten Minuten waren dann eine typische Schlussphase, in der vor allem Cork und Llorente hervorgehoben werden sollten. Llorente deshalb, weil er es bis zu seiner Auswechslung schaffte Henderson aus dem Spiel zu nehmen und der Mannschaft Jürgen Klopps somit einen Fixpunkt nahm.

Jack Cork, weil er sich zum Ende hin gefühlt in jeden Ball warf und wichtige Zweikämpfe gewann.

Fazit

Liverpool bestätigte wieder einmal das, was sich bisher wie ein roter Faden durch ihre bisherige Saison zieht: Gegen große Teams tun sie sich weitaus leichter als gegen Mannschaften aus den unteren Regionen.

Der Robin Hood der Premier League ist daher vielleicht keine so schlechte Bezeichnung.

Swansea zeigt sich unterdessen stark verbessert, seitdem Paul Clement das Sagen hat. Ihre Basis ist ihre solide Defensive, mit der sie in Zukunft auch noch so manch anderen Favoriten entnerven können.

Dass sie seit 17 Spielen die erste Mannschaft sind, die Liverpool in ihrem Wohnzimmer schlagen konnten, ist vielleicht ein kleiner Motivationsschub, der Kraft geben könnte für die schweren Aufgaben, die im Abstiegskampf kommen werden.

Sascha
Hat genauso eine Daseinsberechtigung wie Torrichter während der Champions League Spiele. Passionierter Schachtelsatzschreiber. Gilt intern nicht umsonst als L’Akquisiteur – wenn nicht da, dann zumindest bei sich selbst. Man soll sich immerhin treu bleiben wie Javier Pinola den Überresten seiner Haare. Glaubt noch immer, dass in Enes Ünal ein Weltklassestürmer schlummert, den aber nicht einmal Houdini hervorzaubern könnte. Einziges Vorbild von Max Dettmer.

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