WM 2018: Ante Rebić im Porträt

Dass die kroatische Mannschaft im Halbfinale der Fussball-Weltmeisterschaft steht, kommt für einige Zuschauer überraschend. Denn während Favoriten wie Brasilien, Spanien oder Deutschland schon den Heimflug antreten mussten, spielen die Vatreni gegen England um den Einzug ins Finale.

Dabei tritt Kroatien nicht als passiver Außenseiter auf, der mit dem Ball nichts zu tun haben will. Das Team überzeugt mit individueller Klasse und einer leidenschaftlichen Einstellung. Symptomatisch dafür steht Ante Rebić, einer der Shooting-Stars der WM. Spätestens seit seinem phantastischen Tor gegen Argentinien dürfte der Spieler von Eintracht Frankfurt auch außerhalb der Bundesliga bekannt sein.

In der Star-besetzten Abteilung der kroatischen Offensive, mit Spielern wie Mandžukić, Perišić und Co, hat sich Ante Rebić durchgesetzt. Er hat Spieler wie Pjaca oder Kalinic ausgestochen und überzeugt mit Kampfgeist, Spielwitz und dynamischem Offensivdrang.

Mit breiter Brust und als frischgebackener Pokalsieger kam er aus Frankfurt zur WM und scheint seine Form bestens konserviert zu haben. Mit seiner Schnelligkeit, der Variabilität in der Offensive alle Positionen spielen zu können, passt er perfekt in das Spiel der Kroaten mit rochierenden Spitzen.

 

Ante Rebic bei seinem Wechsel zur Fiorentina. (Foto: Francesco Vercelli/Fiorentina cc-by-sa3.0)
Ante Rebic bei seinem Wechsel zur Fiorentina. (Foto: Francesco Vercelli/Fiorentina cc-by-sa3.0)

 

Der Weg als Talent

Diese Entwicklung war jedoch nicht unbedingt abzusehen. Denn es ist nicht die erste WM für Ante Rebić und sein Weg war steinig. Bereits 2014 war er dabei, damals nominiert und gecoacht von Niko Kovač. Jener Kovač unter dem Rebić erst in den vergangenen zwei Jahren bei Eintracht Frankfurt den Durchbruch schaffte und zu dem er ein besonderes Verhältnis hat.

Im Sommer 2013 wechselte Rebić als großes Talent zur Fiorentina. Dort kam er zwar nur zu wenigen Einsätzen in der Serie A. Doch als Kovač vom U21 zum A-Nationaltrainer befördert wurde, förderte er auch den U21-Nationalspieler Rebić. Schon früh verglich er ihn mit Alen Bokšić und sah besondere Veranlagungen in Rebić. In Brasilien kam er dann bereits zu Kurzeinsätzen.

Anschließend wechselte er in die zweite Bundesliga zu RB Leipzig. Auch hier war Kovač wohl nicht ganz unbeteilgt. Denn vor seinem Job als kroatischer Nationaltrainer war jener jahrelang in verschiedenen Rollen beim RedBull-Schwesterclub in Salzburg tätig. Und hätte sich Terrence Boyd damals nicht verletzt, wäre Rebić wohl nach Salzburg und nicht nach Leipzig gewechselt.

Der Start in Deutschland verlief holprig. Er überzeugte nicht auf dem Feld, es folgten Berichte über Integrationsprobleme und am Saisonende ging es sang- und klanglos zurück nach Italien. Allerdings konnte er sich auch im zweiten Anlauf in Florenz nicht durchsetzen. Ein halbes Jahr später wurde er daher für den Rest der Saison an Hellas Verona ausgeliehen. Dort spielte er regelmäßiger, aber nicht besser.


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Es folgte der Wechsel zu Eintracht Frankfurt, zu Niko Kovač. Rebić wurde für einen geringen Betrag von AC Florenz ausgeliehen. In den Medien galt er als charakterlich nicht einfach. Häufige Undiszipliniertheiten wurden ihm nachgesagt. Seine Defensiv-Arbeit schien mangelhaft. Das eher ruhige und schüchterne Auftreten in der Öffentlichkeit wurde iihm nachteilig ausgelegt.

Doch Kovač wusste ihn in Frankfurt mit Zuckerbrot und Peitsche zu behandeln. Nicht selten sprach er über die besondere Zuwendung, die Rebić brauche. Anfangs pendelte der Stürmer zwischen Welt- und Amateurklasse. Doch je länger die Zusammenarbeit anhielt, desto mehr Früchte trug sie.

Aufstieg zur Vereinslegende

Rebićs Art zu spielen wusste zu gefallen. Seine dynamische und risikoreiche Spielart machte ihn in kurzer Zeit zum Hoffnungsträger und Publikumsliebling. Als schneller und schussstarker Stürmer kam er in aller Regel über den linken Flügel oder aus der Halbposition hinter den Spitzen.

Von ihm gingen spezielle Einzelaktionen aus, diese eine Aktion, die den Unterschied machen kann. Spätestens mit seinem Tor im Pokalfinale 2017 hatte er einen Stein im Brett der Anhänger.

Doch trotz einer vielversprechenden Saison entschloss sich die Eintracht 2016/2017 die vergleichsweise günstige Kaufoption nicht zu ziehen. Seine fehlende Konstanz, die nervenaufreibende Trainingsarbeit mit ihm, immer wieder undisziplinierte Unbeherrschtheit – Coach Kovač prangerte das am Saisonende gar öffentlich an und erklärte Rebićs Nicht-Verpflichtung damit.


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Alles sah danach aus, als würden sich die Wege trennen. Doch genau hier liegt das Geheimnis in der Zusammenarbeit zwischen ihm und Rebić: Diese Tritte in den Hintern (O-Ton Kovač) braucht er von seinem Trainer. Am letzten Tag des Transferfensters kam die erneute Ausleihe von Rebić zur Eintracht zu Stande- mit einer vergünstigten Kaufoption.

Er zeigte sich mit verbessertem Defensiv-Verhalten ohne dass sein Offensivdrang darunter litt. Seine Torgefährlichkeit stieg durch eine gesteigerte Zielstrebigkeit im Abschluss. Das Lamentieren und Meckern wurde weniger.

Mit diesen Leistungen empfahl er sich nach 2 Jahren Abstinenz wieder für die Nationalmannschaft und für den Anschlussvertrag in Frankfurt. Noch bevor Rebić mit 2 Toren gegen die Bayern beim Pokalsieg zum unvergesslichen Helden wurde.

 

Wohin geht die Reise?

Die jüngsten Auftritte auf größter Bühne wecken Begehrlichkeiten anderer Clubs und befeuern die Gerüchteküche. Auch Kovačs Abgang zu den Bayern trägt dazu bei. Nicht wenige fragen sich, wie und ob Rebić auch ohne ihn funktioniert. Doch genau dies beweist er in der bei dieser WM.

Nach überzeugenden Auftritten in der Gruppenphase und dem Highlight-Tor gegen Argentinien, wäre er im Achtelfinale gegen Dänemark um ein Haar gar zum Helden geworden. Kurz vor Ende der Verlängerung, nach einem charakeristischen Steilgang, lies er Torwart Schmeichel ausstiegen und war bereits einschussbereit als er im Strafraum von Abwehrspieler Jørgensen von hinten gefoult wurde.

Den fälligen Elfer verschoss Modric zwar, doch über den Umweg des Elfmeterschießens gelang Kroatien ins Viertelfinale gegen Gastgeber Russland. Dort wiederholte sich das Schicksal und erst über das Elfmeterschießen zog Kroatien ins Halbfinale ein.

Beide Male spielte Rebic durch und tat das, was er die ganze WM tut. Immer wieder läuft er an, geht mit viel Tempo steil, wechselt die Seiten und probiert Lücken und Löcher zu reisen. Er nimmt am Kombinationsspiel teil, bereitet Chancen vor und sucht den Abschluss.

 

History in the Making

Auch im Halbfinale gegen England stand Ante Rebić in der Startelf. Das Spiel startete mit einem frühen Freistoßtor der Engländer durch Trippier (5. Minute). Dieses Tor diktierte den weiteren Spielverlauf. So war England bei dieser WM bisher generell nicht als Ballbesitz-Mannschaft oder offensiv agierendes Team aufgefallen und wollte, mit diesem Tor im Rücken, den Kroaten das Spiel überlassen.

Für Rebić bedeutete das wenig Räume in der Tiefe, da die Briten am eigenen Strafraum verteidigten und mit der Kette eng aneinander standen. Dennoch versuchten die Kroaten alles um sich Chancen herauszuarbeiten. Mit viel Aufwand konnte man sich im Laufe des Spiels auch immer klarere Möglichkeiten herausspielen, während England unter Druck kaum eigene Aktionen startete.

Außer einen Chance für Kane, der aus spitzem Winkel, abseitsverdächtig zum Abschluss kam, brachten die Engländer keinen Schuss aufs Tor. Fluch und Segen des frühen Tors wirkten sich im weiteren Spielverlauf stärker aus.

Auch Rebić prüfte Pickford mit ein paar Schüssen von außerhalb des Strafraums, brenzlig wurde es jedoch nicht. Einigee Halbchancen später machte Perišić nach einer Flanke in der 68. Minute den Ausgleich und belohnte Kroatien für den hohen Aufwand.

 

Ante Rebic im Gruppenspiel gegen Argentinien bei der WM 2018. (Foto: Антон Зайцев/Wikimedia cc-by-sa3.0)
Ante Rebić im Gruppenspiel gegen Argentinien bei der WM 2018. (Foto: Антон Зайцев/Wikimedia cc-by-sa3.0)

 

Kurz darauf war es wieder Perišić, der den Pfosten traf und Rebić, der den Abpraller zu überrascht vor die Füße bekam und den Ball nicht mehr kontrolliert aus 10 Metern aufs Tor bringen konnte.

England kam einzig bei Standardsituationen in die Nähe des kroatischen Tors. Kurz vor Ende vergab Mandžukić noch eine Möglichkeit und so ging das Spiel in die Verlängerung. Doch auch hier fand England kein Umschalten mehr aus der permanenten defensiven Grundordnung und der destruktiveren Taktik.

Rebić wurde nach einer aufopferungsvollen Leistung in der 101. für Karamaric ausgewechselt und zeigte sein gewohntes Spiel mit viel Laufarbeit, Moral und Offensivdrang. Er tauchte immer wieder links wie rechts auf und bat sich als Anspielstation an.

Das durchaus verdiente 2:1 durch Mandžukić sah Rebić dann von der Bank. So darf Rebić, nach dem Pokalfinale, noch ein Finale bestreiten in diesem Jahr. Frankreichs Abwehr muss sich auf einen aggressiven, bulligen Stürmer einstellen, der mit allen fussballerischen Mitteln gewaschen ist.

Julio DaElba
Seit drei Jahrzehnten dem Sport verschrieben. Calcio-Fetischist und Kind der Bundesliga. Fussballverrückt, aber auch in anderen Sportarten zu Hause.

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