Anders als man vermuten könnte, wurden die meisten Spieler im uruguayischen Kader nicht in den Akademien der ewigen Rivalen Penarol und Nacional ausgebildet. Gleich sieben Akteure aus der Auswahl von Oscar Tabarez haben bei Defensor Sporting ihre fußballerische Heimat. Ein Verein, dessen größte Erfolge schon weit zurück liegen. Einer von ihnen ist Diego Laxalt, der vor der Nominierung noch zittern musste überhaupt dabei zu sein, aber nach seiner großartigen Performance gegen Portugal einer der Shooting-Stars des Turniers werden könnte.
Laxalt kann man mit gutem Gewissen als Spätzünder bezeichnen. Zwar wechselte er schnell nach seinem Profidebüt in der heimischen Liga und mit einer starken U-20-Weltmeisterschaft im Rücken zu Inter, konnte sich dort aber nicht durchsetzen. Hatte er sich bei seiner Ankunft in Italien noch vollmundig mit seinem Landsmann und der Klublegende Alvaro Recoba verglichen, galt er nach seinen ersten zwei Jahren schon als gescheitert.
Selbst Leihgeschäfte zu Bologna und Empoli konnten dem exzentrischen Mittelfeldspieler nicht zu großen Einsatzzeiten verhelfen. Erst während einer weiteren Leihstation bei Genoa wurden seine Fähigkeiten wirklich sichtbar und er konnte sich für einen festen Transfer zu den grifoni empfehlen.
In Genua wurde der ehemalige Flügelstürmer zum Linksverteidiger umgeschult. Eine Position auf der seine Fähigkeiten deutlich besser für die Mannschaft genutzt werden können. Laxalt macht wenige Fehler und zeichnet sich durch eine hohe Konzentration aus. Durch seinen tollen ersten Kontakt gerät er selten unter Druck und verliert fast nie in gefährlicher Nähe zum eigenen Tor den Ball. Offensiv ist Laxalt vor allem für seine Dribblings und hervorragende Flanken bekannt.
Um auf höchsten Niveau auf dem Flügel zu spielen fehlt Laxalt allerdings das Tempo. Außerdem hat er Schwierigkeiten Bälle für nachrückende Mitspieler fest zu machen. Für die Mittelfeldzentrale ist sein Passspiel nicht genau genug. Dass er auf der Außen- oder Flügelverteidigerposition am besten aufgehoben ist, begründet sich auch durch seinen Charakter.
Er ist ein schier unermüdlicher Kämpfer und Läufer, der seinen Gegenspielern an guten Tagen die letzten Nerven raubt, weil er Zweikämpfe gewinnt und ihnen nicht von der Seite weicht. Alles in allem ist Laxalt ein solider Spieler für die linke Außenbahn, dem durchaus noch ein Wechsel zu einem größeren Club als Genua zuzutrauen ist. Vor Allem weil er als linker Mittelfeldspieler im 3-4-3 oder 3-5-2 oder als Linksverteidiger in einer Vierer- oder Fünferkette vielseitig einsetzbar ist.
Mit seiner, vor Allem auf Instagram, offen zelebrierten Liebe zu Low Cars und seinen Cornrows wirkt Laxalt nicht gerade wie ein typischer Profi. Im Gegensatz zu vieler seiner mediengeschulten Kollegen fällt er auch gerne durch selbstbewusste Interviews auf. Vor dem Spiel gegen Portugal verkündete er: „Die Partie gegen Portugal ist wie ein Endspiel. Und Endspiele werden nicht gespielt, sie werden gewonnen.“
Ein Satz der mehr war als überhebliches Gerede. Nachdem er sich gegen alle Widerstände in der Serie A durchgesetzt hatte, musste der 25-Jährige auch in der Celeste lange um seinen Platz kämpfen. Erst kurz vor der Weltmeisterschaft kehrte Laxalt nach anderthalbjähriger Pause zurück in den Kader und schaffte im letzten Moment den Sprung nach Russland.
Nachdem er im schwachen ersten Spiel seiner Mannschaft gegen Ägypten noch 90 Minuten zugucken musste, wurde er in der zweiten Partie gegen Saudi-Arabien eingewechselt. Zusammen mit seinem Kollegen Lucas Torreira konnte er dabei das Spiel der Mannschaft merklich beleben. Mit dieser Leistung verdiente er sich dann im Gruppenfinale gegen Russland ein Platz in der Startformation.
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Laxalt begann links in der Viererkette und hatte mit seiner Defensivleistung einen großen Anteil daran, dass Uruguay weiter ohne Gegentor blieb. Auch im Spiel nach vorne setzte er einige Akzente, besonders als Cherychev in der 23. Minute einen Schuss von Laxalt unhaltbar zum 2:0 für die Südamerikaner abfälschte.
Nach den überzeugenden Spielen in der Gruppenphase hatte er das Vertrauen seines Trainers endgültig erlangt. Gegen den favorisierten Europameister aus Portugal durfte Laxalt erneut von Beginn an spielen und löste seine Aufgabe mit Bravour. Zwar gelang es ihm nicht sich ins Angriffspiel der Celeste einzuschalten, angesichts zweier Führungen waren seine Qualitäten dabei allerdings auch nicht wirklich gefragt.
In das Abwehrbollwerk von Tabarez Mannschaft fügte er sich jedoch nahtlos ein und half mit sechs Tacklings, drei abgefangenen Pässen und drei geklärten Bällen die Portugiesen um Weltfußballer Cristiano Ronaldo in den Wahnsinn zu treiben.
Nach diesem Auftritt schien er prädestiniert dafür im Viertelfinale gegen Frankreich das Duell mit Kylian Mbappe aufzunehmen. Nachdem der Teenager die Argentinier mit seiner fantastischen Leistung aus dem Turnier geworfen hatte, schickte er sich an gegen Uruguay weiter für Furore zu sorgen. Da hatte er die Rechnung aber ohne Laxalt gemacht, der mit der nächsten starken Abwehrleistung weiter überzeugen konnte.
Lange wich er Mbappe nicht von der Seite und half dadurch den Youngster nahezu komplett abzumelden. Heute, als er im Spiel nach vorne mehr gefragt war, reichte es leider nicht zu entscheidenden Aktionen. Zwar spielte er zwei gute Flanken in den Strafraum, gegen Frankreichs hervorragende Innenverteidigung und ohne Edinson Cavani fehlten ihm dabei aber die Abnehmer.
Erneut konnte er mit vier sauberen Tacklings auf sich aufmerksam machen und seine Passgenauigkeit war mit 68% besser als gegen Russland und auch besser als der Teamdurchschnitt. Am Ende war das zu wenig um entscheidenden Einfluss auf die 0:2 Niederlage zu nehmen.
Mit Frankreich fand das Spiel einen verdienten Sieger, Diego Laxalt gehört allerdings trotzdem zu den Gewinnern dieses Turniers. Er erspielte sich großes Vertrauen bei seinem Trainer und seine Leistung gegen Portugal hat viele auf ihm Aufmerksam gemacht. Vielleicht ist das ein Sprungbrett zu einem größeren Verein.
[…] Das Team verfügt über eine exzellente Mischung aus erfahrenen Weltklassespielern wie Edinson Cavani, Luis Suárez und Diego Godín einerseits und jungen Talenten andererseits. Dazu kommen Routiniers im besten Fußballer-Alter wie Innenverteidiger José María Giménez, Mittelfeld-Zerstörer Matías Vecino oder WM-Sensation Diego Laxalt. […]