Seit die Katarische Sport Investment Authority hunderte Millionen Euro in den Hauptstadtverein PSG investiert hat wird im Ausland deutlich mehr über den Französischen Fußball berichtet.
Die internationale Berichterstattung begrenzt sich dabei jedoch oft auf die teuren Transfers, bei denen die Katarer offenbar überhaupt keine Grenzen kennen. Dies ist aber nur eine Seite der Investitionen aus dem Golfstaat.
Weitere Millionen kamen vom Fernsehsender Al-Jazeera, um die Übertragungsrechte der Ligue1 zu erwerben. Auch diese Investition brachte die traditionelle Fußballszene in Erregung.
Die Fußballmedien im Jahre Null
Seit den Achtzigern hat sich in den französischen Sportmedien nicht viel getan. 1984 fing die PayTV-Gruppe Canal+ damit an, die beste Partie des Spieltages am Sonntagabend auszustrahlen (die erste Partie war übrigens Nantes-Monaco).
Damit startete die regelmäßige Live-Übertragung der Ligue 1 (damals „Première Division“) und Jahrzehnte lang hat sich dieses bewährte Konzept vom Samstagnachtspiel durchgezogen. Zur selben Zeit startete der Gratis-Privatsender Tf1 die Übertragung der Länderspiele, mit einem Kommentatoren-Duo, das 20 Jahre lang hielt (Thierry Roland und Jean-Michel Larqué).
Dies soll verbildlichen, wie konservativ der Umgang der Medien mit dem Fussballwar: kaum Konkurrenz, keine Neuerungen, bescheidene Übertragungsrechte… Hinzu kommt noch eine einzige Sport-Tageszeitung namens „L’Equipe“, derer Redaktion auch nicht besonders jung und wild ist.
Einmal nur hat Canal+ sein Monopol auf die Ligue 1 richtig verteidigen müssen. 2008 meldete sich ganz überraschend die Telekom-Gruppe Orange im Vergabeverfahren und machte ein Angebot für Prime-Time Spiele am Samstagabend und den Rest der Spiele, die Canal+ nicht ausstrahlen wollte.
Mit 8 von 10 Spielen am Spieltag war Orange sehr gut ausgestattet; doch es währte nicht lange. Zum einen war das Angebot konkurrenzrechtlich ein Problemfall (Orange wollte die Spiele eigentlich nur seinen Telekom-Kunden ausstrahlen), zum anderen fehlten bald die Millionen aus den TV-Rechten dem eigentlichen Kernbereich der Gruppe, der es nicht so gut ging.
Und dann kamen die Scheiche
Mit dem geplanten Ausscheiden von Orange sah es so aus, als wären die Verhandlungen zu den Übertragungsrechten 2012-2016 relativ einfach für Canal+. Doch in 2011 kaufte sich der Emir von Katar bei PSG ein und Al-Jazeera, Hofsender des Emirs, meldete sich zu Wort.
Entsetzen kam bei der französischen Presse auf, denn mit einem No-Limit Budget konnte theoretisch die ganze Produktpalette der Ligue1 zum katarischen Sender wechseln. Al Jazeera begnügte sich aber mit einem Angebot, das den Umfang des Orange-Angebots hatte (also acht von zehn Spielen).
Darüber kann man rätseln: Warum hat die Al-Jazeera Filiale Beinsport nicht gleich alle Rechte gekauft, wenn man doch angeblich mehr auf dem Konto hatte? War es, um den langjährigen Ligue1-Partner Canal+ nicht komplett zu zerstören (eine Art Nichtangriffspakt, um nicht dem Fegefeuer der französischen Medien ausgesetzt zu sein)?
War es auch wirtschaftlichem Kalkül, weil diese acht Spiele gut genug waren um den neuen Sender profitabel zu führen? Eine klare Antwort seitens Al-Jazeera (und seiner französischen Filiale Beinsport) gibt es dazu nicht. Die Strategie der Katarer im Mediensektor ist weiterhin nicht offengelegt.
Die ganze Investmentpolitik ist vor allem eine Public-Relations-Angelegenheit für den Golfstaat, also möchte man vor allem keine Kritik am Projekt hören und keinen Image-Schaden erleiden. Man kann rein rechnerisch davon ausgehen, dass Katar ganz alleine die Übertragung der Ligue1 übernehmen könnte, aber das Wegdrängen von Canal+ wäre ein Casus Belli gegenüber der ganzen französischen Medienwelt.
Denn Canal+ braucht unbedingt seine wöchentlichen Prime-Time Spiele, um ein attraktives Fernsehprodukt zu gestalten ; ohne Fussball wäre dieser Sender in höchste Not, denn schließlich hat man seit 1984 mit der Ligue1-Übertragung die Treue derStammkunden aufgebaut.
Fällt Canal+ in Schwierigkeiten, hätte es schwerwiegende Folgen für die französische Kinoproduktion: Canal+ ist spezialisiert in der Erstaufführung von Filmen und investiert selber sehr viel Geld in die Kinoproduktion.
Kino ist jedoch in Frankreich quasi ein nationales Heiligtum, kaum ein anderer Wirtschaftssektor in Frankreich ist so beschützt und intim mit der Politiksphäre verbunden. Hier gibt es also eine lange Kette an zusammenhängenden Faktoren, die erklären, warum sich Katar und Al-Jazeera bei den Investitionen im TV-Sektor beschränkt haben, um die Konkurrenz nicht völlig wegzudrängen.
Auf der anderen Seite hat Katar durchaus Gründe, Unsummen in den Übertragungsrechten zu investieren. Den eigenen Fernsehsender zu haben, ermöglicht Katar sein „PSG-Produkt“ wunschmäßig attraktiver darzustellen.
Im Inland, aber auch im Ausland, denn Al Jazeera hat auch Übertragungsrechte für das Ausland gekauft. Kein Platz für Zufall also: man hat schwer investiert und möchte es wissen lassen. Das kann man wirtschaftlich natürlich nachvollziehen, denn mit einer attraktiven Berichterstattung gewinnt das PSG-Unternehmen an Wert.
Es macht auch deswegen Sinn, weil die Übertragungsrechte in Frankreich ziemlich ungleichmäßig verteilt werden und PSG den grössten Teil davon wieder einnimmt: die Vereine kriegen einen Anteil der TV-Rechte, der durch dem Tabellenplatz bestimmt wird aber auch von der Frequenz der Fernsehauftritte.
PSG hat als Meister und durch die Anzahl seiner Prime-Time Spiele natürlich einen Löwenanteil daran. Und wie neulich die FIFA-Untersuchungen zum Finanz-Fairplay gezeigt haben: PSG muss unbedingt „natürliche“ Geldquellen finden, um gegenüber den Instanzen ein Vermögen aufzuweisen, dass nicht alleine von der Hand der Katarer stammt.
TV-Rechte sind auf dem französischen Markt, der eher geringe Marketingeinnahmen aufweist, dafür unentbehrlich. Die Katarer haben also zwei gute Gründe, um die Fernsehgelder in die Höhe zu treiben.
Kann Canal+ nun weiter die schöne, heile Welt spielen?
Für die nächsten Jahre besteht ein Equilibrium, denn die Übertragungsrechte sind nun bis 2020 vergeben. Doch die Luft wird dünner: das Businessmodel von Canal+ im Filmbetrieb, wie alle andere PayTV Sender, wird demnächst von Netflix in Frage gestellt.
Die Zahl der Abonnenten schwindet schon, natürlich auch weil mehr und mehr Kunden eher zum Netz greifen und sich die neuesten Filme lieber gratis herunterladen. Selbst bei der Live-Übertragung von Spielen gibt es zahlreiche kostenlose (wenn auch illegale) Alternativen durch ausländische Streamingdienste.
Diese finden vor allem bei jugendlichen Zuschauer Zuspruch; Populär sind heute Webseiten wie Sportdub und Kikast, die jedem Einzelnen ermöglichen, live Spiele zu kommentieren und den entsprechenden Ton zu finden, der anstelle des Originaltons des Streamingdienstes (der ja bekanntlich eher auf portugiesisch, rumänisch oder chinesisch rüberkommt) übergespielt wird.
In diesem Umfeld tummeln sich junge Twitter-Kommentatoren, die für einen Teil der Fußballfans tatsächlich lustiger und treffender sind als die alteingesessenen Canal-Journalisten. Damit hat Canal+ in den nächsten Jahren zu kämpfen, wenn es den Zuschauerschwund tilgen will.
Dagegen macht sich BeinSport vergleichsweise weniger sorgen, den Aktionären kommt es sowieso nicht auf die Abonnenten an. Wenn es in 5 Jahren zum erneuten Duell um die TV-Rechte kommt, könnte es also sein, dass keiner sich mehr fragen muss, ob Canal+ überhaupt noch mitmachen kann.
Was würde dann passieren? Beinsport kann die Übertragungsrechte sehr wohl weiter in die Höhe treiben, um die Ligue1 auf Augenhöhe mit den anderen europäischen Meisterschaften zu platzieren (und dadurch den hauseigenen Verein PSG mit frischem Geld zu füttern, in einer Weise, die vom Finanz-Fairplay genehmigt wird).
Der französische Fußballverband hätte bestimmt nichts dagegen einzuwenden.Die Konkurrenz zwischen Beinsport und Canal+ hat die Preise von 600 Millionen Euro pro Jahr auf 750 Millionen Euro steigen lassen (für die Zeitspanne 2016-2020, die eben vergeben worden ist).
Bei den Preisen für die Übertragung im Ausland, wo Beinsport quasi alleine konkurriert, ist ein Aufstieg von aktuell 30 Millionen Euro auf 80 Millionen Euro pro Jahr geplant.
Damit ist die Ligue 1 noch lange nicht auf dem Niveau der ganz Großen: die Italiener verdienen 800 Millionen Euro (+120 Millionen Euro Auslandsrechte) pro Jahr, die Spanier 600 Millionen Euro (+135 Millionen im Ausland), geschweige denn von den Engländern, die 1200 Millionen Euro + 500 weitere Millionen im Ausland verdienen.
Einzig die Bundesliga wäre unter den angegebenen Zahlen, doch die Rechte nach 2016 sind noch nicht ausgehandelt worden. Es gibt also noch viel Entwicklungspotenzial für die Ausgaben von Beinsport, solange keiner nachfragt ob diese Summe für eine sehr mittelmäßige Ligue1 gerechtfertigt ist.
Mittlerweile fragt sich aber kein Mensch, ob es rechtlich gesehen nicht problematisch ist, dass ein Verein und ein Sender denselben Besitzer haben; Canal+ hat dies vor Gericht angefochten, was durchaus ironisch ist: Canal+ war selbst Besitzer des PSG in den neunziger Jahren.
Damals wollte man durch Stareinkäufe die Ligue1 attraktiver machen, um die Einschaltquote zu steigern; quasi das Gegenteil der heutigen Situation. Der Hauptsender der Ligue1 hat eine große Macht auf die Spieltagsgestaltung.
Er kann wählen, welcher Klub in den Vordergrund gestellt wird (durch das Prime-Time Spiel am Sonntag). Oder auch welcher Klub die blödesten Termine hat: Marseille und Montpellier durften letzte Saison im August am frühen Nachmittag spielen, bei nicht gerade fußballfreundlichen Temperaturen. Insofern liegen die mediale Ausstrahlung und die Geldeinnahmen der Klubs in der Hand des Senders. Da ist der Interessenkonflikt sehr nahe…
[…] per anno und scheint damit den Konkurrenten Nike aus dem Feld zu schlagen (businessweek.com). CavanisFriseure analysieren die Situationen im französischen Fußball – AlJazeera hält dort ebenso wie […]