Sevillas Jules Koundé: Der “Box-to-Box”-Verteidiger

Jules Koundé startet in seiner eigenen Hälfte und trägt das Spielgerät am Fuß. Mit dem Ball am Fuß marschiert der Innenverteidiger immer weiter auf das Tor des FC Barcelona zu.

Ein kurzes Zusammenspiel mit einem Mitspieler, dann setzt der 22-Jährige zum Dribbling gegen die gegnerischen Verteidiger an.

Erst an einem, dann am zweiten Gegenspieler vorbei, danach wird Samuel Umtiti getunnelt und schon taucht Koundé vor dem Tor von Schlussmann Marc-André ter Stegen auf. Der Rechtsfuß schließt ab und trifft – zum 1:0 im Halbfinal-Hinspiel der diesjährigen Copa del Rey.

Der Franzose legte so den Grundstein für den späteren 2:0-Erfolg, im Rückspiel aber sollte der FC Sevilla trotzdem den Kürzeren ziehen und gegen die “Blaugrana” noch ausscheiden.

Dieses Solo von Koundé hat Wellen geschlagen und wahrscheinlich auch den einen oder anderen Verantwortlichen eines Spitzenklubs in seiner Meinung bestätigt. Andere schnalzten schlicht mit der Zunge.

Für den früheren Nationalspieler Bernd Schuster war dieses Tor kein “Golazo”, sondern ein “Churro”. Churro ist ein besonders in Spanien beliebtes wie auch leckeres Gebäck. Der “SPIEGEL” nannte den Verteidiger nach seinem Treffer den “Maradona der Abwehr”.

Der Vergleich ist natürlich übertrieben, wenn auch ein Funken Wahrheit in dieser Aussage steckt. Schließlich erzielte der Defensivspieler den Treffer in Manier eines Angreifers. Koundé verkörpert als Abwehrmann Qualitäten, die viele Kollegen auf seiner Position nicht mitbringen.


 

Sportdirektor Monchi hat diese Qualitäten schon früh entdeckt und dafür tief in die Tasche gegriffen: Im Sommer 2019 hat der FC Sevilla stolze 25 Millionen Euro für den damals 20-Jährigen bezahlt, der zu dem Zeitpunkt etwa eineinhalb Jahre Erfahrung in Frankreichs Eliteklasse gesammelt hatte.

Aufgrund der Bonuszahlungen ist es der bis dato teuerste Transfer in der Vereinsgeschichte der Andalusier.

 

Innenverteidiger Jules Koundé: Von “Box-to-Box”

Koundé ist ein moderner Innenverteidiger, der nicht nur wegen seinen Fähigkeiten in der Defensive heraussticht, sondern auch mit dem Ball gut umgehen kann.

Auf den ersten Blick nichts Ungewöhnliches, bringen heutzutage doch sehr viele Abwehrspieler diese Kombination mit. Besonders Frankreich besticht durch eine breite Masse an solchen Hinterleuten.

Blickt man nun aber auf die Art und Weise, wie Koundé seine Rolle interpretiert, dann gibt es dabei durchaus etwas neuartiges, was ihn von der Masse abhebt. Der Rechtsfuß bricht gerne aus seiner Linie heraus und in die Spitze, mit einem hohen Zug zum Tor und einer gewaltigen Dynamik.

Auch aufrückende Innenverteidiger sind an sich keine Neuheit, schließlich hat man das beispielsweise bei Sergio Ramos in der Vergangenheit schon häufiger gesehen, der sich auch gerne mal ins Offensivspiel eingeschaltet und den Weg zum Tor gesucht hat.

Koundé führt diese Läufe in die Spitze jedoch mit einer hohen Frequenz aus und wird dazu für die gegnerische Hintermannschaft zu einer ernsthaften Gefahr.

Zwar ist der Ertrag noch eher gering, eine Vorlage steht nicht auf dem Konto des Franzosen und das angesprochene Tor gegen Barça war wettbewerbsübergreifend erst sein drittes in der gesamten Saison.

Trotzdem ist es etwas, das ihn so besonders macht und eine Fähigkeit, in der definitiv noch Potenzial schlummert.


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Zumindest sorgen seine Läufe vor allem für eines: Unordnung. Die defensiven Strukturen des Gegners werden aufgebrochen, die Gegenspieler müssen sich neu orientieren – und dann tun sich Möglichkeiten für den FC Sevilla oder eben für Koundé selbst auf.

Aufgrund seiner Spielweise kam das Portal “elsevillista.net” auf die Bezeichnung “Box-to-Box”-Verteidiger.

Bereits in der vergangenen Saison hatte der Abwehrmann im Vergleich zu anderen Verteidigern aus La Liga durchschnittlich die meisten Ballkontakte im gegnerischen Strafraum.

Aufgrund seiner vermeintlichen Nebenrolle als Offensivakteur könnte man glatt vergessen, dass seine Hauptaufgabe immer noch das Verteidigen ist.

Koundé und Innenverteidiger-Partner Diego Carlos bilden zumindest in La Liga wohl das beste Abwehr-Duo. Nur die Abwehrreihe von Atlético Madrid stand bislang besser als die von “Los Nervionenses”.

Während man Carlos wegen seiner Physis und Athletik eher als den Prototyp eines Innenverteidigers ansehen würde, kommt Koundé so gar nicht wie die klassische Abwehr-Kante daher.




 

Der gebürtige Pariser ist lediglich 1,78 Meter groß und etwa 70 Kilogramm schwer. Dennoch verhält sich der Franzose auf dem Rasen durchaus wie die klassische Abwehr-Kante.

Das Statistik-Portal “FBref.com” vergleicht Koundé daher unter anderem mit Spielern wie Sergio Ramos und Harry Maguire.

Den Vergleich zu Ramos zog zuletzt auch Pablo Blanco (Sevillas Direktor der Jugendabteilung) kürzlich im Gespräch mit der Tageszeitung “El País”: “Koundés Entwicklung erinnert mich an die von Sergio. Er hat ein unglaubliches Potenzial. Jules ist technisch stark und er bringt viele Qualitäten mit. Er ist eindrucksvoll in der Luft, wie auch Sergi.”

Trotz seiner Größe gewinnt Koundé die viertmeisten Luftduelle aller Verteidiger in der spanischen Liga. 69 waren es an der Zahl, die Erfolgsquote liegt bei rund 59 Prozent.

Koundé ist oft eng am Gegenspieler und lässt diesem nur selten Raum zur Entfaltung. Durch sein kluges Timing ist er häufig im richtigen Moment zur Stelle und bleibt im Zweikampf äußerst fair.

Erst zwei Gelbe Karten sammelte der Franzose in den bisherigen 21 Liga-Einsätzen, zudem sprechen 17 begangene Fouls ebenfalls Bände. Der Ligahöchstwert für Fouls liegt bei den Innenverteidigern bei 35.

 

Interesse von Spitzenklubs an Jules Koundé

Die steile Entwicklung des Verteidigers ist auch den Schwergewichten in Europa aufgefallen, die Koundé genauestens im Blick haben.

Sowohl Real Madrid als auch der FC Barcelona sollen Medienberichten zufolge schon längst ein Auge auf den 22-Jährigen geworfen haben.

Im vergangenen Sommer zeigte bereits Manchester City ein ernstes Interesse und bot ganze 55 Millionen Euro.


Der FC Sevilla lehnte ab, der Klub hätte bereits nach nur einem Jahr Zusammenarbeit mit Koundé einen beachtlichen Profit einfahren können.

Das werden “Los Nervionenses” in der Zukunft höchstwahrscheinlich trotzdem noch, glaubt man Sportdirektor Monchi: “Womöglich war das Angebot nah an dem, was Jules zu dem Zeitpunkt wert war, aber wir müssen daran denken, was er wert sein könnte.”

Die im Vertrag festgeschriebene Ausstiegsklausel beträgt 90 Millionen Euro. Jüngst kamen Gerüchte von einem Interesse Manchester Uniteds an dem begehrten Defensivspieler auf.

Wegen der festgeschriebenen Ausstiegsklausel im Vertrag und der andauernden Corona-Krise bleibt abzuwarten, ob bereits im kommenden Sommer neue Versuche unternommen werden, den “Box-to-Box”-Verteidiger aus dem Süden Spaniens zu locken.

(Titelbild: © Getty Images)

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Pascal Martin
Ein Hamburger Junge, der es im Regen nicht ganz so gerne aushält und sich lieber nach der Sonne sehnt. Während eines mehrmonatigen Auslandsaufenthaltes in Sevilla nicht nur das Wetter genossen, sondern auch zwei spannende Vereine besucht.

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