Nationalspieler, viertbester Torschütze der Premier League mit 7 Toren (Stand: 12.12.2014) und bester Torschützes seines Vereins – und das mit gerademal 21 Jahren. Man könnte meinen, dass Saido Berahinos Leben ein hervorragendes ist.
Und tatsächlich, derzeit läuft alles mehr als nach Plan für den jungen Stürmer, der bei West Bromwich unter Vertrag steht. Schon lange galt er als Talent, doch erst jetzt kam seine Karriere so richtig in Fahrt.
Doch dem war nicht immer so: Berahino wurde 1993 in Bujumbura, der Hauptstadt Burundis, geboren. Das kleine Land in Zentralafrika, irgendwo zwischen Ruanda, der DR Kongo und Tansania, ist eines der ärmsten Länder der Welt.
Im Human Development Index, dem Wohlstandsindikator einer Nation, liegt Burundi auf Platz 180 von 187.
Saido Berahino: Flucht nache England
Wie viele spätere afrikanische Stars lernte er das Spielen auf den Straßen seiner Heimat. Zwischen Armut und Gewalt fand Berahino eine Möglichkeit dem Alltag zu entfliehen. Doch selbst für einen Ball reichte das Geld nicht.
Oft wurden Bälle aus alten Plastiksäcken oder Stofffetzen geschustert. Bilder wie man sie sonst nur aus UNICEF-Werbungen kennt. Als würde das nicht reichen, kam es auch immer wieder zu Kriegen zwischen Volksstämmen.
Getrennt von der Familie hatte er das Glück als einer von wenigen das Land zu lassen. Er reiste mit einem Freund der Familie nach Tansania. Später ging die Reise über Kenia nach Europa weiter.
Seine Mutter erhielt 2003 Asyl in England. Doch selbst nach 2-jähriger Trennung von seiner Familie war unklar ob der 10-jährige Saido im Land bleiben dürfe.
Zuerst musste er einen DNA-Test über sich ergehen lassen, der beweisen sollte, dass er tatsächlich zu dieser Familie gehöre und somit bei ihr bleiben dürfe. Auch sowas ist natürlich nicht in wenigen Stunden geklärt.
Die Hölle für jedes Kind. Nach Wochen des Wartens war es endlich soweit. Mutter und Sohn wurden in der Polizeistation für eine Stunde wiedervereint, doch da noch einiges zu klären war, musste Saido zurück ins Heim, letztlich gab es aber ein Happy End und die Familie wurde wiedervereint und zog nach Birmingham.
Er war zehn Jahre alt als er in die große, englische Welt geschickt wurde, ohne Freunde, ohne Vater, ohne ein einziges Wort Englisch. Der junge Saido war bloß dem Französischem mächtig.
Verständlich, dass er sich unwohl fühlte. Nicht so auf dem Fußballplatz. Während die anderen Kinder mit ihren coolen Nike-Schuhen begeisterten, verzauberte Berahino alle mit seinem Können.
Bereits nach kurzer Zeit fand er einen Verein und spielte jeden Sonntag auf den Bolzplätzen Birminghams. Als er von Scouts von West Brom entdeckt wurde, war das Berahino ziemlich egal, denn er kannte den Verein gar nicht. „Ich wusste gar nichts über England. Ich kannte sie nicht, denn ich kannte keine anderen englischen Teams, abgesehen von den großen Vier.“
Saido Berahino – Von West Brom gescoutet
Vielleicht war es ja sogar von Vorteil für den jungen Berahino, dass er nicht wusste, was auf ihn zukam. Beim Probetraining der Baggies angekommen, war der Stürmer begeistert.
„Einfach alles war besser. Es hatte alles was man wollte. Viel besser als der Verein, bei dem ich davor war.“ Also legte sich der junge Stürmer ins Zeug und bewies sein Können. Die Familie hatte es geschafft. Alle Strapazen, all die Armut, all die Gewalt.
Alles hinter sich gelassen. Man hat Freude am Leben, die Familie untrennbar. Selbst wenn Arsenal auf Manchester United trifft, gibt es im Hause Berahino keine Streitereien, obwohl Mama Liliane ist Arsenal-Fan, während der Sohnemann lieber den Red Devils die Daumen drückt. Daher wird so oft es geht gemeinsam an Wochenenden Fußball geschaut. „Sie ist Arsenal-Fan und ich United-Fan. Wenn die beiden gegeneinander spielen, gibt es so einige lustige Momente bei uns zu Hause. Wir sind beide Fußball-Verrückte.“
Über Jahre hinweg zählte „Defoe“, wie ihn die Fans heute gerne nennen, zu den besten Stürmern der Akademie, so kam es auch wenig überraschend, dass der damals 15-jährige für die U16-Nationalmannschaft Englands einberufen wurde. Er kam zu vier Einsätzen und erzielte drei Tore, doch für die U17-Europameisterschaft 2010 reichte es leider nicht. Aber Wochen später wurde Berahino im Schlaf geweckt. Sein Handy läutete.
Ein Stürmer fiel verletzt aus und der Trainer hatte ihn nachberufen. Der 16-Jährige war außer sich: „A dreamcometrue“, wie der Stürmer sagte. Und erneut wusste Berahino zu überzeugen und erbrachte gute Leistungen.
Selbst im Finale gegen die Spanier, die immerhin mit Spielern wie Deulofeu oder Paco Alcácer antraten, brachte Berahino eine hervorragende Leistung und verhalf Wickham, dem späteren Spieler des Turniers, mit einigen guten Dribblings zu zwei Toren. Am Ende gewann England in Vaduz mit 2:1 und wurde U17-Europameister.
Spätestens da wussten die Verantwortlichen von West Brom, dass es dieses Talent zu halten gilt. Doch der heute 21-Jährige hatte auch keinen Grund zu gehen. Die Jugendakademie der Baggies gilt als eine der besten Landes.
Doch wer denkt, dass er wie andere mit 18 oder 19 Jahren sein Debüt für seinen Heimatverein gab, der irrt. Über Jahre hinweg wurde der Stürmer an verschiedenste Vereine verliehen (an Northampton – 4. Liga, 14 Spiele, 6 Tore; Brentford – 3. Liga, 8 Spiele, 4 Tore; Peterborough – 2. Liga, 10 Spiele, 2 Tore).
Erst am 1. September 2013 feierte der gerade erst 20-Gewordene sein Premier League-Debüt für die Baggies, aber schon rund vier Wochen später erzielte der Stürmer sein erstes Tor in der höchsten Liga Englands.
Er schoss den 2:1-Siegtreffer für West Brom, diesen sogar ausgerechnet gegen seinen Lieblingsverein, die Red Devils. Ab da war auch Trainer Steve Clarke klar, dass er diesen Mann nicht auf der Bank sitzen lassen kann.
In den nächsten fünf Spielen kam „Defoe“ zum Einsatz. Nur zwei Monate nach seinem Debüt-Tor gegen Manchester United, wurde der Vertrag des Stürmers bis 2017 verlängert. Statt 1.075 Euro pro Woche gibt es nun etwas mehr als 25.000 Euro pro Woche.
Am Ende seiner Debütsaison kam Berahino auf 32 Einsätze und fünf Tore in der Premier League, dazu zu zwei Einsätzen im League Cup in denen er vier Tore erzielte.
Der Schutzengel ist immer mit dabei
Für viele gilt er als Riesentalent, er selbst spricht aber nur von der Unterstützung eines Engels. Als Saido vier Jahre alt war, kam sein Vater im Bürgerkrieg ums Leben. Zum Wohle seiner Mutter fragte er sie nie über dessen Tod. Er wolle sie nicht an die furchtbaren Erlebnisse von damals erinnern.
„Ich weiß, dass er vom Himmel aus zusieht. Er wird begeistert sein. Mein Vater ist einer der Engel, die glücklich sind und lachen“, ist sich der Stürmer sicher, dass ein Engel ihn seelisch unterstütze.
Zusammen mit dem Rest seiner Familie ist somit die Familie Berahino jedes Wochenende im Stadion wiedervereint. Fußball ist für den Stürmer also mehr als nur eine Leidenschaft, es gleicht einem Familientreffen, bei dem all die schwierigen Zeiten von damals vergessen scheinen.
Auch diese Saison läuft es hervorragend für den 21-Jährigen. Bereits im ersten Spiel der Saison traf der Offensiv-Allrounder gleich zweimal für seinen Verein. In weiteren elf Spielen folgten fünf weitere Tore, zudem ein Assist.
Sergio Agüero, Diego Costa, Alexis Sánchez und dann folgt auch schon Saido Berahino, so derzeit die Reihenfolge der vier besten Torschützen der Premier League.
Wer hätte sich gedacht, dass sich der junge Stürmer so weit vorne einreiht, nur wenige Tore von den Starstürmern der Welt entfernt. Das entgeht sogar Roy Hodgson nicht.
So wurde der Stürmer für die Spiele gegen Slowenien (EM-Qualifikationsspiel) und Schottland (Freundschaftsspiel) einberufen, doch leider kam er an Welbeck und Rooney nicht vorbei, und saß somit beide Spiele auf der Bank.
Berahino ist trotz allem noch ein junger Mensch und macht nun mal Fehler. Nicht nur sportlich. Er gilt zwar für viele als der nächste große Stürmer, dennoch ist er ein Kind von der Straße.
So unterlief ihm beispielsweise ein grober Fehler in den letzten Sekunden des Spiels gegen Cardiff, der zum 3:3-Ausgleich führte. Er weigerte sich sich bei seinen Kollegen zu entschuldigen, so kam es zu einer Schlägerei zwischen ihm und James Morrison. Erst Tage später entschuldigte sich Berahino via Twitter bei den Fans für den Vorfall.
Aber auch abseits des Platzes bzw. der Kabinen fiel der junge Stürmer schon öfter auf. Nur wenige Wochen nach der Schlägerei wurde ein Video verbreitet, dass Berahino beim Einatmen von „Lachgas“ zeigt – nur wenige Stunden, nachdem West Brom Manchester United mit 3:0 schlug. Zwar keine illegale Droge, dennoch eine tödliche, zudem fuhr er später im berauschten Zustand nach Hause.
Vor wenigen Tagen der nächste Skandal: Saido Berahino wurde dabei erwischt, wie er betrunken mit 170 Kilometern pro Stunde fuhr. Wird er für schuldig befunden, so erwarten ihn eine Strafe von 5.000 Pfund, ein einjähriges Fahrverbot sowie eine Haftstrafe von 6 Monaten.
Trotz allem ist seine Leistung nicht zu schmälern. Mit 21 Jahren ließ er nicht nur 10-Millionen-Euro-Einkauf Brown Ideye hinter sich, sondern gehört derzeit auch zu den vier besten Stürmern der Liga.
Lange blieb er den Baggies treu, aber es gibt bereits viele Interessenten für den jungen Engländer. So sollen bereits Liverpool und Tottenham konkretes Interesse gezeigt haben. Wer sich den Starstürmer der Baggies holen will, muss jedoch tief in die Tasche greifen. Aber egal wo Saido Berahino am Ende spielen wird, sein Engel wird ihn weiterhin unterstützen wann immer er den Rasen betritt.
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