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Wenn der Radsport Pause macht …

Ein kleines Land mit 430.000 Einwohnern zwischen den Fußballnationen Niederlanden und Belgien: Luxemburg. Doch es gibt kaum Leute die nur einen einzigen Profispieler aus Luxemburg nennen können.

Deutlich bekannter sind die Schleck-Brüder die im Radsport aktiv sind. Für das kleine Land der neue Nationalsport. Doch überraschenderweise ist doch Fußball die Nummer 1 im Land. Knapp gefolgt von Basketball und eben dem Radsport.

Rund 50% der Einwohner kommen aus dem Ausland. Viele aus Portugal oder ehemaligen Jugoslawien-Ländern.

Das ist auch einer der Gründe für den großen Fußball-Hype der letzten Jahre. Doch vor rund zehn Jahren erreichte der Fußball in Luxemburg seinen Tiefpunkt. Man verlor gegen Liechtenstein. Es war nicht bloß eine Niederlage. Es war eine Demontage. Man wurde vorgeführt. Man verlor 4:0 …

Erst vor rund 20 Jahren stieg die Einwohnerzahl Luxemburgs um 150.000. Zu diesem Zeitpunkt spielte die Nation erst mit der Idee eine Profiliga ins Leben zu rufen.

Damals hätten sich Banken auch noch dazu bereit erklärt, doch heute ist der Zug leider abgefahren. Doch heute ist die Liga Luxemburgs, oder Nationaldivisioun wie sie in Luxemburg genannt wird, eine semi-professionelle Liga.

Es gibt viele Vereine mit Spielern die bloß 8-Stunden-Jobs haben und sonst vom Fußball leben, aber es gibt auch sehr viele die Vollzeitprofis sind.

Luxemburg ist ein sehr reiches Land, jedoch merkt man das auf den ersten Blick beim Sport nicht. Die Stadien sind alt und marod, und die Infrastruktur der Vereine ist unzureichend.


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Vor kurzem wurde erst das Nationalstadion saniert und renoviert. Das neue Stadion von Differdange ist ein nettes modernes Stadion, welches alles bietet. Doch hauptsächlich wird sehr viel Geld in Bildung und Schulen gesteckt.

Durch diese Investitionen lässt es sich in Luxemburg sehr gut leben. Der Mindestlohn beträgt 1.800 Euro pro Monat. Wozu also Fußballprofi werden? Wozu einen sicheren, gut bezahlten Arbeitsplatz für einen unsicheren Beruf ohne große Zukunft opfern?

Das denken sich auch viele Einwohner und spielen sozusagen nur als Nebenverdienst. Viele spielen Fußball als eine Art Hobby, und sind hauptberuflich beim Verein oder beim Sponsor des Vereins angestellt.



Es gibt viele Profis die aus Bequemlichkeit Profi-Angebote ausschlagen um in ihrer Heimat zu bleiben, und gutes Geld zu verdienen. René Peters zum Beispiel schlug vor ein paar Jahren ein sehr gutes Angebot des Wuppertaler SV aus. Nicht unüblich in Luxemburg.

Weshalb sollte man auch ein solches Angebot annehmen? Ein junger Nationalspieler verdient in Luxemburg rund 2.000 Euro im Monat ohne jegliche Prämien, und bekommt vom Verein eine schöne Wohnung bereitgestellt.

So bequem die Spieler bei Angeboten sind, so bequem sind sich auch die Fans. Ein Fußballspiel ist nicht wie in Europa üblich ein Proletensport, bei dem bloß gebrüllt wird oder Bengalen gezündet werden, sondern wie ein Meisterschaftsspiel eines kleinen Ortes.

Man trifft sich um ein Bier zu trinken und „den Jungs beim Kicken zuzusehen“. Man genießt das Wetter und isst genüsslich seine Bratwurst. Doch natürlich gibt es auch in Luxemburg Fangruppierungen mit Bengalen und Randalierern.

Vor allem die Fangruppen von Grevenmacher und Jeunesse Esch sind sehr bekannt und wahre Stimmungsmacher. Und wer denkt, dass das nur eine paar Menschen sind täuscht sich gewaltig. Bei Spielen wie Jeunesse gegen Düdelingen oder Fola gegen Jeunesse kommen oft mehr als 1.000 Zuseher ins Stadion.

Also für so ein kleines Land wie Luxemburg eine sehr hohe Anzahl.

Wieso bringen aber nun die Belgier und die Holländer jährlich Topstars in die Welt, doch die Luxemburger haben nur eine Hand voll Profis in der Nationalmannschaft? Es kann doch nicht bloß an der Anzahl der Einwohner liegen …

Man verschlief einfach den richtigen Moment in den Sport zu investieren. Ein gutes Beispiel wäre ist der Fakt, dass es erst seit zwei Jahren die ersten Fußballschulen in Düdelingen und Racing Letzebuerg – luxemburgisch für Luxemburg – gibt.

Die bisher einzige Fußball-„Schule“ war das Centre de Formation. Ein Trainingscenter in dem sich junge Spieler täglich treffen, unter der Woche im Internat wohnen und in die Schule gehen. Der wahrscheinlich bekannteste Besucher war Miralem Pjanic der von hier den Sprung zum FC Metz schaffte.

Im Allgemeinen wechseln sehr viele Spieler zur Jugend nach Metz, doch viele scheitern und kommen wieder zurück, und versuchen es erneut in der Heimat oder müssen sich ihr Leben neu aufbauen.

Doch neben Jugendspielern wie Chris Philipps in Metz – welcher vor kurzem seinen ersten Profivertrag in der Ligue 2 unterschrieb – gibt es noch einige vielversprechende Talente im Ausland. Christopher Martins Pereira bei Olympique Lyon, Magnus Clemmensen und Eric Veiga bei Bayer Leverkusen und Dwayn Holter bei Greuther Fürth.


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Alles sehr vielversprechende Namen, auch wenn sich Martins sehr wahrscheinlich für Kap Verde entscheiden wird.

Einer der wenigen Spieler der sich im Ausland durchsetzen konnte ist Maurice Deville. Er spielte sich aus der Alemannia Aachen Jugend in die Kampfmannschaft von Saarbrücken, und spielt heute in der 3. Liga.

Also wird der Fußball in Luxemburg langsam aber doch immer internationaler. Apropos international: Auch die Vereine erlangen immer mehr internationales Ansehen. Vorigen Sommer gewann Düdelingen gegen Red Bull Salzburg in der Qualifikation der Champions League.

Es entstand ein wahrer Hype, eine richtige Euphorie. Bis heute ist dies alles natürlich schon wieder verflogen …

Bis vor kurzem Differdange in der Qualifikation der Europa League Utrecht mit 2:1 gegen die Wand spielte. Auch Jeunesse Esch konnte in der Qualifikation einen Sieg gegen Turku aus Finnland verzeichnen. Also eine sehr erfolgreiche Woche für die kleinen Luxemburger.

Einige Vereine in Luxemburg werden finanziell unterstützt. Sei es nun von den Gemeinden oder von Privatpersonen. F91 Düdelingen ist zum Beispiel im Besitz von Flavio Becca, dem Besitzer des Radteams RadioShack.

Fola Esch wird finanziell von Gerard Lopez unterstützt, einem Teilinhaber des Formel 1-Teams Lotus. Andere Vereine wie Differdingen und Rodange in der 2. Liga werden ebenfalls von sehr reichen Privatpersonen unterstützt.

Im Allgemeinen haben die Vereine in Luxemburg kaum bis keine finanziellen Probleme und sehr hohe Budgets. Manche gar im Millionenbereich. Doch diese Budgets haben Vor- und Nachteile.

Einige dieser Vereine geben viel Geld für alte Spieler aus Belgien oder Frankreich aus. Norden 02 oder Racing Letzebuerg setzen hauptsächlich nur auf Eigengewächs.

Unter anderem dank der Arbeit dieser beider Vereine werden die Jugendnationalmannschaften des Landes immer besser. Die U17 des Landes war in die EM-Endrunde eingezogen.

Viele dieser Spieler sind sehr talentiert, und werden schon bald ein wichtiger Bestandteil der ganzen Liga sein, doch viele werden sich womöglich gegen Luxemburg entscheiden, und lieber für ihr Heimatland spielen.

Nennenswerte Spieler Luxemburgs sind auf jeden Fall Jeff Strasser, Mario Mutsch und Aurélien Joachim. Jeff Strasser hat vorigen Sommer seine sehr erfolgreiche Karriere als Rekordnationalspieler im Alter von 37 Jahren bei Fola Esch beendet.

Er spielte für viele bekannte Vereine wie Borussia Mönchengladbach, Racing Straßburg, Grasshoppers Zürich, FC Metz und dem 1. FC Kaiserslautern.

Mario Mutsch ist mit 28 Jahren noch immer ein wichtiger Bestandteil des FC St. Gallen und war zuvor bei Aarau, FC Metz und Sion sehr erfolgreich. Aurélien Joachim war vorigen Sommer an Willem II verliehen, und wechselte diesen Sommer von Düdelingen zu Waalwijk.

Heute stehen bloß 6 Profis im Kader der Nationalmannschaft: Chris Philipps beim FC Metz in der Ligue 2, Maxime Chanot bei Beerschot in Belgien, Mario Mutsch beim FC St. Gallen in der Schweiz, Lars Gerson bei Norrköping in Schweden und Aurélien Joachim bei Waalwijk in Holland. Spieler die sich auf jeden Fall sehen lassen können.

Ich wünsche Luxemburg viel Glück!

Marco Stein
Co-Gründer von Cavanis Friseur und für Alles und Nichts zuständig. Ist Leeds United-Fan und weiß das immer und überall zu erwähnen.

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