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Wie Punktabzüge den Abstiegskampf der Championship entscheiden könnten

Die weltweite Corona-Pandemie hat in den meisten Ligen zu chaotischen Zuständen geführt. Während die Ligen in Frankreich, den Niederlanden oder Schottland – teils in Begleitung von heftigen juristischen Auseinandersetzungen – vorzeitig beendet wurden, wird die Saison in Ligen wie Deutschland, Italien oder Spanien weiter ausgespielt.

Nach Wochen der Ungewissheit wurden in England alle Ligen unterhalb der zweitklassigen Championship abgebrochen und die Abschlusstabelle per Punkteschnitt ermittelt. Mittlerweile rollt der Ball wieder in der Championship und die Endplatzierungen können ausgespielt werden.

Das Chaos ist dadurch jedoch noch nicht vorbei, denn es drohen mehreren Klubs Punktabzüge. Besonders Sheffield Wednesday ist davon betroffen.

 

Punktabzüge in der Championship: Die Rolle des FFP

Die English Football League (EFL), die den Spielbetrieb der Championship, League One und League Two organisiert, führte zur Saison 2012/13 ein eigenes „Financial Fair Play“-System (FFP) ein, das die Ausgaben der Klubs kontrollieren und eine wirtschaftlich nachhaltigere Vereinsführung gewährleisten soll.

Das System wurde 2016 durch die „profitability and sustainability“-Regeln (P&S) ersetzt, deren Kernelement die Begrenzung der Vereinsverluste ist. Innerhalb einer fortlaufenden Dreijahres-Spanne darf ein Verein einen maximalen Verlust von 39 Millionen Pfund haben.


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Die Premier League, die am Ende der Saison mit ihren endlos wirkenden Geldreserven warten könnte, ist für viele Besitzer und Klubbosse Grund genug, um alles auf eine Karte zu setzen und dabei den finanziellen Ruin des eigenen Klubs in Kauf zu nehmen.

Die Schulden, die in der Championship angehäuft werden, sollen mit den höheren Einnahmen in der Premier League wieder abbezahlt werden. In einer Liga mit nur drei Aufstiegsplätzen und 24 Mannschaften, von denen regelmäßig ca. 18 Teams Aufstiegsambitionen hegen, gibt es unweigerlich jede Saison viele Klubs, die ihr Saisonziel verpassen.

Seit 2012 gab es schon einige Klubs, die gegen das FFP verstoßen haben und entsprechend bestraft wurden. Allerdings gab es auch Vereine, die durch den Aufstieg in die Premier League, einer Bestrafung zumindest teilweise entgehen konnten.

Dazu zählt beispielsweise Leicester City, das in seiner Aufstiegssaison 2013/2014 deutlich gegen das FFP verstoßen hatte und nur zwei Jahre später überraschend die Premier League gewann. Man einigte sich Anfang 2018 auf eine Zahlung von ca. 3 Millionen Pfund, die den Rechtsstreit beendete.

 

Das Schlupfloch des Stadionverkaufs

2017 war Derby County der erste Klub, der eine Grauzone in den neuen P&S-Regeln entdeckte und ausnutzte. Rams-Besitzer Mel Morris kaufte das vereinseigene Stadion Pride Park, um einen einmaligen Gewinn in den Jahresabschlüssen zu verbuchen und vermietete es an den Verein zurück.

Dadurch entging Derby zunächst einer Bestrafung. Das Schlupfloch des Stadionverkaufs wurde ebenso von Aston Villa und Reading genutzt, um eine negative Bilanz auszugleichen.

Sheffield Wednesday versuchte einen ähnlichen Weg einzuschlagen. Der Verein hielt in seinem Jahresabschlussbericht für die Saison 2017/2018 den Verkauf des Hillsborough Stadions an ein neugegründetes Unternehmen – „Sheffield 3 Ltd“ – des Owls-Besitzers Dejphon Chansiri für 60 Millionen Pfund fest.


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Diese Firma wurde jedoch erst etwa ein Jahr nach dem angegeben Verkaufsdatum und damit nach Abschluss des betreffenden Finanzjahres gegründet. Ein Mietpreis, der für die Schätzung des Verkaufswertes wichtig wäre, wurde nicht genannt.

Ohne den Stadionverkauf hätte Wednesday im Zeitraum von 2016 bis 2018 einen Verlust von 57 Millionen Pfund generiert und das erlaubte Maximum somit um 18 Millionen Pfund überschritten. Die EFL beschuldigte den Verein daher im Dezember 2019 gegen die P&S-Regeln verstoßen und die Liga absichtlich getäuscht zu haben.

Die Anschuldigungen betreffen hauptsächlich den Zeitpunkt und Art & Weise des Stadionverkaufs sowie dessen Verkaufspreis.

Nachdem Birmingham City in der letzten Saison das Verlustlimit um zehn Millionen Pfund überschritten hatte, wurde den Blues neun Punkte abgezogen. Die EFL hatte danach angekündigt, Verletzungen der P&S-Regeln mit steigenden Punktabzügen zu bestrafen.

Ab einem Verlust von 15 Millionen Pfund über dem erlaubten Maximum würden dem jeweiligen Verein demnach zwölf Punkte abgezogen werden.

Zusätzliche neun Punkte können abgezogen werden, falls die EFL absichtlich getäuscht wurde oder die Vereine bei der Aufklärung nicht kooperieren. Wednesday wurde kein direkter Regelbruch vorgeworfen, sondern eine Umgehung der Regularien, weshalb im schlimmsten Fall eine Strafe von 21 Minuspunkten ausgesprochen werden könnte.

 

Wednesday kämpft gegen die Beschuldigungen an

Sheffield Wednesday kündigte an, die eigene Position vehement verteidigen zu wollen und nannte die Klage rechtswidrig. Der Klub habe die EFL im Voraus darüber informiert, dass man gegen die P&S-Regeln verstoßen werde und dies mit dem Hillsborough-Verkauf ausgleichen wolle.

Man gab an, dass der Verkaufspreis und auch der Zeitpunkt mit der EFL abgestimmt wworden sei und diesen zugestimmt wurde.

Die Owls erzielten zumindest einen Teilerfolg, als Besitzer Dejphon Chansiri, Finanzdirektor John Redgate und die damalige Geschäftsführerin Katrien Meire von einem persönlichen Fehlverhalten freigesprochen wurden. Das Problem des Stadionverkaufs besteht jedoch weiterhin und wurde vor eine unabhängige Kommission gebracht.


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Der Rechtsstreit zieht sich mittlerweile über Monate hin, ohne dass ein endgültiges Urteil gesprochen wurde. Durch die Coronakrise hat die EFL nun genug Zeit, noch in dieser Saison zu einem Urteil zu kommen.

Andere Championship-Klubs fordern die Höchststrafe von 21 Minuspunkten und haben bereits eine Klage angekündigt, falls der Punktabzug erst in der nächsten Saison erteilt werde.

The Athletic berichtete, dass die EFL zwar durch die Blockade-Taktiken Wednesdays zunehmend frustriert, der neue Geschäftsführer Rick Parry jedoch gewillt sei, den Rechtsstreit noch vor Ende der aktuellen Saison zu beenden.

Die Unruhe neben dem Platz hat sich währenddessen auf die Mannschaft von Garry Monk übertragen. Während man kurz vor Weihnachten noch auf den dritten Platz kletterte, folgten in den nächsten 19 Spielen nur drei Siege und vier Unentschieden . Wednesday trennen zwei Spieltage vor dem Saisonende noch 11 Punkte von einemAbstiegsplatz. Ein Punkteverlust könnte somit den Abstieg bedeuten.

 

Auch andere Vereine sind von Punktabzügen bedroht

Während die oberen zwölf Teams noch um den Aufstieg oder die Play Off-Teilnahme kämpfen, befinden sich die unteren neun Mannschaften im Abstiegskampf.

Mit dabei sind mit Middlesbrough, Huddersfield Town und Stoke drei Mannschaften, die noch vor kurzer Zeit Premier League gespielt haben.

Mit Charlton Athletic, Barnsley und Luton Town haben die drei League One-Aufsteiger nach der Corona-Unterbrechung wieder etwas an Form gewonnen und können sich noch realistische Hoffnungen auf den Klassenerhalt machen.


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Sheffield Wednesday ist jedoch nicht der einzige abstiegsbedrohte Verein, der mit einer Punktstrafe belegt werden könnte.

Derby County könnte ebenfalls noch auf Grund seines Stadionverkaufes bestraft werden, da die EFL Pride Park auf einen deutlich niedrigeren Wert einschätzt, als von Besitzer Mel Morris gezahlt wurde.

Nach einem Lauf mit nur zwei Niederlage in den letzten sieben Spielen, haben sich die Rams jedoch ein gesundes Polster auf die Abstiegsplätze erspielt.

Recht sicher ist dagegen der Punktabzug für Wigan Athletic. Der Verein stellte am 2. Juli einen Insolvenzantrag, nachdem die Latics nur vier Wochen zuvor unter dubiosen Umständen den Besitzer gewechselt hatten.

Ein Insolvenzverfahren innerhalb einer Saison muss – laut EFL-Regelwerk – mit einem Punktabzug von zwölf Punkten bestraft werden.

Wigan kann jedoch hoffen, trotz des drohenden Punktabzugs, noch die Klasse zu halten, da man mit nur einer Niederlage in den letzten 13 Spielen und zuletzt einem 8:0-Heimsieg gegen Hull zu den formstärksten Mannschaften der Liga gehört.


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Zahlreiche englische Vereine sind durch die Coronakrise in ihrer Existenz bedroht.

Spätestens falls die Einnahmen durch Dauerkartenverkäufe für die neue Saison ausbleiben, werden einige Vereine erhebliche Cashflow-Probleme bekommen. Die Insolvenz ist dann der letzte Ausweg.

In der Championship, in der viele Vereine weit über ihren Verhältnissen leben, könnten deshalb schon bald andere Vereine Wigans Beispiel folgen.

Hull City fährt bereits einen extremen Sparkurs, so wurden im Winter mit Jarrod Bowen und Kamil Grosicki zwei Leistungsträger verkauft.

Mit Kapitän Eric Lichaj, Vize-Kapitän Jackson Irvine und anderen Spielern mit auslaufenden Arbeitspapieren konnte man sich nicht auf eine Verlängerung einigen, nachdem man eine Verlängerung für die ausstehenden Spiele – de facto ohne Gehalt – vorgeschlagen hatte.


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Birmingham City, das bereits in der letzten Saison wegen des Verstoßes gegen das P&S-System mit neun Punkten Abzug bestraft wurde, entging im März einer erneuten Bestrafung.

Die EFL kann gegen dieses Urteil jedoch noch Revision einlegen. Der Verein ist durch seinen enormen Personalverschleiß hoch verschuldet und steht gefährlich nahe vor einer Insolvenz.

Durch den Verkauf von Supertalent Jude Bellingham an Borussia Dortmund soll eine große Menge Geld in die leeren Kassen gespült werden.

Sheffield Wednesday trifft am letzten Spieltag auf den direkten Konkurrenten Middlesbrough. den man unbedingt schlagen sollte, falls man nicht auf einen Sieg im Gerichtssaal gegen die EFL angewiesen sein will.

Der Abstiegskampf in der Championship ist dementsprechend so spannend wie lange nicht mehr. Das Chaos durch die möglichen Punktabzüge befeuert diesen nur noch weiter.


Dies war ein Gastbeitrag von Johannes Robertz


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Johannes Robertz
Kreisliga C-Legende. Fußballbegeistert in jeglicher Hinsicht, besonders der englische Fußball hat es ihm angetan. Ist irgendwann in seinem Leben Wolves-Fan geworden. Warum, weiß keiner.

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