WM 2018: Harry Kane im Porträt

Stets galten die „Three Lions“ als einer der heimlichen Titelkandidaten bei Weltmeisterschaften – verständlich bei klanghaften Namen wie David Beckham, Steven Gerrard, Michael Owen oder aus älteren Generation Paul Gascoigne und Gary Lineker.

Dieses Mal treten die Engländer mit einer Mannschaft an, die zwar auf den ersten Blick nicht mehr mit großen Weltstars wie einst gespickt ist, dennoch in Russland jedoch zu den Top-Teams zählen könnte.

Einer der Gründe dafür könnte die gefürchtete Stürmerspitze der Briten sein: Harry Kane. Der Engländer galt anfangs als Eintagsfliege, wie es schon einige vor ihm gab. Nachdem der Hype vergangen war, realisierten aber selbst Fußballfans und Experte außerhalb des Königsreichs, dass es sich beim Tottenham-Stürmer um einen Top-Spieler handelt.

Dabei war sein Anfang ein sehr holpriger. Zwar galt Harry Kane stets als Talent und überzeugte in den U-Auswahlen der „Three Lions“ stets mit Toren, konnte auf Vereinsebene jedoch nur selten auf sich aufmerksam machen.

Im Alter von 18 Jahren wurde der junge Engländer an Leicester City in die Championship verliehen. Dort versuchte der großgewachsene Offensivspieler sich selbst zu finden und wurde teils sogar am Flügel aufgestellt. Nach nur zwei Toren in 13 Zweitligaspielen endete der Leihvertrag des Engländers und Harry Kane musste zurück in die Reserve von Tottenham.

Nach tollen Leistungen in der zweiten Mannschaft profitierte der Stürmer vor allem von zwei Dingen: der Torflaute von Roberto Soldado sowie seinem damaligen Trainer Tim Sherwood, der immer wieder jungen Spieler eine Chance gab. Nachdem auch Jermaine Defoe nicht überzeugen konnte und Emmanuel Adebayor die erste Saisonhälfte angeschlagen und verletzt ausfiel, wurde Harry Kane aus der Not heraus geboren.

Als „One-Hit-Wonder“ bezeichnet galt Harry Kane in England einige Zeit nur als Übergangslösung der Spurs. Mit seiner Physis, seiner Schnelligkeit und seinem beachtlichen Abschluss entwickelte sich der mittlerweile 24-Jährige binnen kürzester Zeit zu einem der besten der Welt und überholte sogar Lionel Messi und Cristiano Ronaldo – so in der Saison 2016/17 als er wettbewerbsübergreifend mit 56 Treffern in 52 Spielen öfter traf als der Argentinier (54) oder der Portugiese (53).


Kann Harry Kane die Three Lions zum Erfolg schießen? (Foto: enviro warrior/Wikimedia cc-by-sa3.0)

Der Engländer ist jedoch noch viel mehr. Im offensiven ballbesitzorientierten Spiel von Mauricio Pochettino öffnet der Angreifer immer wieder Räume für die Flügelstürmer. Dadurch hilft er jedoch nicht nur seinen Kollegen, sondern auch sich selbst. Harry Kane weicht im Spiel der Spurs immer wieder auf die Flügel aus und versucht hinter die Abwehr zu kommen. Und dies gelingt dem Engländer mit seiner Physis und seinem Antritt, kombiniert mit dem starken Passspiel seiner Teamkollegen, sehr oft.

Ist der 24-Jährige erst mal vor dem Tor, ist er kaum noch zu stoppen. Zwei Mal in Folge wurde der Londoner bereits Torschützenkönig, dieses Jahr scheiterte er trotz seiner 30 Tore lediglich an Mohammed Salahs unmenschlicher Saison.

Mit 108 Toren in 153 Spielen ist der Tottenham-Stürmer erst einer von 28 Spielern, denen es gelang in ihrer Karriere mehr als 100 Premier League-Tore zu erzielen – dabei hat er auch die beste „Tore pro Spiel“-Ratio inne. Mit 0,71 Treffern pro Match kommen einzig Thierry Henry (0,68) und Sergio Agüero (0,69) an den 1,88m großen Stürmer ran.

Unvorstellbar, dass dieser Ausnahmespieler 21 Jahre und sieben Monate alt werden musste, ehe er für die „Three Lions“ sein Debüt geben durfte. Erst vor rund drei Jahren durfte Harry Kane erstmals für die A-Nationalmannschaft Englands auflaufen. Es dauerte nicht lange. Exakt zwei Minuten, um genauer zu sein. Im EM-Quali-Spiel gegen Litauen wurde der Spurs-Goalgetter in der 71. Minute für Wayne Rooney eingewechselt, nicht mal 120 Sekunden später musste Giedrius Arlauskis, Tormann der Litauer, den Ball bereits aus dem Netz fischen.

Aufgrund einiger Verletzungen verpasste der Stürmer jedoch einige WM-Quali-Matches sowie Freundschaftsspiele. So kommt es, dass der „Three Lions“-Kapitän bei erst 25 Spielen für die Nationalmannschaft hält – in diesen erzielte er immerhin 15 Tore. Nur einem einzigen Engländer gelangen in seinen ersten 25 Matches mehr Treffer: Gary Lineker gelangen unvorstellbare 20.


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Zwei der 15 Tore fielen im WM-Auftakt gegen Tunesien. Beim Last-Minute-Sieg gegen die Afrikaner traten die “Three Lions” in einem 3-5-2 auf – ganz vorne dabei: Harry Kane und Raheem Sterling.

Vor allem in der ersten Halbzeit überzeugte die Mannschaft von Gareth Southgate mit einem schönem Aufbau von hinten raus, wobei vor allem Harry Maguire und Kieran Trippier eine sehr gute Figur machten. Kane positionierte sich indes zwischen den Linien und lauerte dort auf Pässe seiner blitzschnellen Kollegen, insbesondere Sterling.

Bereits nach wenigen Minuten kamen die Briten so zu vielen Chancen und konnten nach der ersten Halbzeit einen beeindruckenden xG (Expected Goals) von 2,91 vorweisen – nur die Spanier hatten im bisherigen Turnier in einer Halbzeit einen noch höheren xG-Wert. Tore wollten trotzdem keine gelingen. Zumindest fast keine. Es musste erst Harrys Birne herhalten.

Der Tottenham-Stürmer überzeugte wie bereits oft mit seiner Antizipation, seinem Instinkt und seiner Positionierung. Dank dieser bewegte sich der Engländer genau richtig und konnte den (herausragend) parierten Kopfball von Stones im zweiten Versuch im Tor versenken.

Es folgten viele weitere Großchancen der Engländer. Ungenaue Hereingaben, Pech und die Stange verhinderten jedoch eine höhere Führung. Im Gegenzug bekamen die Tunesier kurz vor der Halbzeitpause einen strittigen Elfmeter, den Ferjani Sassi verwandelte. Ein Schock für die Engländer, der sie völlig aus der Bahn warf.

In Halbzeit schalteten die “Three Lions” einige Gänge hoch und taten sich dabei jedoch keinen Gefallen. Dadurch standen die Tunesier kompakter und tiefer, womit weniger Räume für die Briten blieben. Diese versuchten lieber mit schnellen Seitenwechseln oder Pässen auf den Flügel über eine schnelle Hereingabe ein Tor zu erzielen – was nicht gelingen wollte. Erst in der Nachspielzeit erzielte die Mannschaft von Gareth Southgate abermals durch Harry Kane die erneute Führung.

Der Stürmer wurde völlig alleine gelassen und konnte ungehindert den Ball perfekt aufs kurze Eck setzen. Damit wurde Harry Kane der erste Spieler seit Diego Forlan im Jahr 2010, der zwei Tore gegen zwei unterschiedliche Tormänner im gleichen WM-Spiel erzielen konnte.

Kane stellte im Spiel gegen Tunesien abermals seine Effektivität und sein geniales Positionsspiel unter Beweis und brachte so den Engländern den ersten Auftaktsieg seit der WM 2006 ein.


 
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Marco Stein
Co-Gründer von Cavanis Friseur und für Alles und Nichts zuständig. Ist Leeds United-Fan und weiß das immer und überall zu erwähnen.

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