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Als der FC Porto 2004 die Champions League gewann

Die Champions League hat im Laufe der Jahre einige Wunder gesehen: Den FC Liverpool, der im Finale 2004/05 aus einem 0:3 noch ein 4:3 machte, Dortmunds spektakuläres Comeback gegen Málaga oder „La Remontada“.

Und auch wenn der Champions-League-Titel des FC Porto in der Saison 2003/2004 im ersten Moment in diese Reihe zu passen scheint, ist er etwas Anderes:

Eine unwahrscheinliche Kumulation von Spielen, in denen Porto immer wieder Rückschläge wegsteckt, europäische Giganten wie Real Madrid ins Straucheln bringt, ein “Wunder” an das Nächste reiht – und mit dem überraschenden Triumph in Europas wichtigstem Vereinswettbewerb etwas seitdem Unerreichtes schafft.


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Schwieriger Auftakt

16. September 2003, Stadion Partizana. An diesem Abend startet der FC Porto als amtierender portugiesischer Meister, nationaler Pokal- sowie UEFA-Cup-Sieger gegen Partizan Belgrad in die Champions-League-Saison.

Ein Sieg ist Pflicht – der serbische Traditionsklub ist der nominell schwächste Gruppengegner Portos, denn man trifft neben Partizan noch auf Real Madrid und Olympique Marseille.

Doch der Auftakt misslingt: Zwar bringt der Sechser Costinha den FC Porto nach einer Deco-Ecke früh in Führung, aber Belgrads Delibasic gelingt kurz nach der Pause der Ausgleich.

Nach einer 1:3-Niederlage gegen Real Madrid steht Porto im dritten Spiel gegen Marseille gehörig unter Druck: Ein Sieg muss her, eine Niederlage würde Portos Ausscheiden fast schon besiegeln.

Im Vélodrom entwickelt sich ein rassiges, nervenzerreibendes Spiel, aus dem der FC Porto am Ende mit 3:2 und 6 gelben Karten als dreckiger Sieger hervorgeht.

Diesen frühen Wendepunkt in Portos Champions-League-Saison macht dabei vor allem eines besonders: Es ist das einzige CL-Spiel, in dem José Mourinho auf ein 4-2-3-1 setzt.

 

Das 4-4-2 des FC Porto: Nicht innovativ, aber effektiv

Geprägt ist die gesamte Schaffenszeit von „The Special One“ bei Porto nämlich eigentlich von einem 4-4-2 System (Raute). Taktisch ist Mourinhos Ansatz weniger innovativ, dafür aber effektiv:

Vor der Viererkette um Ricardo Carvalho und Jorge Costa setzt Mourinho auf Costinha, einen Abräumer mit umfassenden Defensivqualitäten, der gleichzeitig nach Standards mit seiner Wucht und Physis eine Waffe ist. Drei Tore gelingen dem Portugiesen in der CL-Saison 2003/2004.

Die beiden Box-to-Box-Achter Maniche und Pedro Mendes sorgen gemeinsam mit Deco, dem Zehner und Spielmacher der Mannschaft, gegen jeden Gegner für eine Überzahl Portos im zentralen Mittelfeld.


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Die zwei Außenverteidiger Nuno Valente und Paulo Ferreira beackern unermüdlich die Flügel und sorgen in Ballbesitzphasen auch für Unterstützung für Portos Stürmer Derlei und Benni McCarthy.

Mourinhos Stärken liegen sicherlich nicht im Feinschliff taktischer Komplexitäten, aber er ist wie kein zweiter Trainer ein Motivator.

Er verfügt über einzigartige Fähigkeiten im kommunikativem Aufgabenfeld eines Trainers, impft seinen Spielern den Glauben an sich selbst und einen unbändigen Erfolgswillen ein – und programmiert damit den Champions-League-Triumph vor.

 

Nach 90 Minuten ausgeschieden – nach 91 im Viertelfinale

In den verbleibenden Gruppenspielen gewinnt Porto zu Hause gegen Marseille und Partizan und erkämpft sich auch im Bernabeu gegen Los Galacticos um Zidane, Ronaldo, Roberto Carlos und Luís Figo einen Punkt.

Als Gruppenzweiter qualifiziert sich der Klub aus der Hafenstadt am Douro für das Achtelfinale – und trifft dort auf Manchester United.

Selbst nach einem 2:1-Sieg im Estádio do Dragão traut niemand dem FC Porto den großen Coup zu. Im heimischen Old Trafford geht United im Rückspiel nach 32 Minuten durch Paul Scholes in Führung.

Bis in die Nachspielzeit tut sich nicht viel – ein zweites Tor von Scholes wird wegen vermeintlichem Abseits aberkannt, aber auch das 1:0 reicht Manchester United zum Weiterkommen.

Aber ein letzter Freistoß, getreten von Benni McCarty in Minute 90+1., stellt Spielverlauf und Machtverhältnisse auf den Kopf: Howard wehrt zu zentral ab – und Costinha köpft den Ball zum Ausgleich in die Maschen.

David besiegt Goliath und mit einem an der Seitenlinie entlang sprintenden José Mourinho entstehen Bilder für die Ewigkeit.

 

Deco – Superstar und Spielmacher

Im Viertelfinale trifft Porto auf den französischen Serienmeister Olympique Lyon, unter anderem mit Giovane Elber und Michael Essien.

Und über 180 Minuten wird vor allem eines deutlich: Portos Abhängigkeit von Decos Geistesblitzen, Steckpässen und Standards. Von 20 Toren, die der FCP im Turnierverlauf erzielt, ist der Zehner an 11 (!) direkt beteiligt und holt zudem 2 Elfmeter heraus.

Das Hinspiel gegen Lyon steht für den FC Porto dabei unter schlechten Vorzeichen: Abwehrchef und Kapitän Jorge Costa, Pedro Mendes und Derlei fehlen José Mourinho.



 

Doch dank eines wie so oft überragenden Deco, der ein Tor selbst erzielt und das andere auflegt, gewinnen Os Dragões das Spiel. Auch Ricardo Carvalho hat seinen Anteil an dem 2:0-Erfolg – mit einer souveränen Defensivleistung und einem Kopfballtor.

Im Rückspiel brennt dem FC Porto in Lyon nicht viel an: Maniche bringt Porto zwei Mal in Führung, zwei Mal gleicht OL aus – das 2:2 reicht aber für den Halbfinaleinzug. Deco legt beide Tore Maniches auf, mit seinen Turniervorlagen acht und neun im zehnten Spiel.

 

Der Weg ins Finale

Unter den vier Mannschaften, die sich in der Saison 2003/2004 für das Halbfinale der Champions League qualifizieren, ist der FC Chelsea sicherlich der große Favorit: Neben den Blues und Os Dragões stehen die AS Monaco (nach einem Sieg gegen Real Madrid) und Portos-Halbfinalgegner Deportivo La Coruña im Halbfinale.

Das Hinspiel gegen den spanischen Vertreter ist allerdings alles andere als ein fußballerischer Leckerbissen. Einzig die glattrote Karte für Deportivos Innenverteidiger Jorge Andrade bleibt von der Nullnummer in Erinnerung.

Zwar gelingt es Porto zum ersten Mal in der KO-Runde nicht, das Heimspiel zu gewinnen – auf der anderen Seite verhindert das Team aber auch ein Auswärtstor für La Coruña.


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Somit fällt die Entscheidung im Rückspiel im Estadio Riazor in Nordspanien – jenem Ort, an dem Deportivo im Viertelfinale eines dieser Champions-League-Wunder gelungen war:

Nach einer 1:4-Auswärtsniederlage im San Siro gegen den amtierenden Titelträger AC Milan hatten die Spanier das Rückspiel im eigenen Stadion mit 4:0 gewonnen. Doch Mourinho lässt sich nicht einschüchtern und glaubt fest an die Stärke seines eigenen Teams.

Bereits in den ersten Minuten des Rückspiels wird vielen Fußballfans klar, worauf es hinausläuft: Der erste Treffer ist potenziell der letzte und entscheidende.

Nach einer guten Stunde wird Deco im gegnerischen Strafraum von den Beinen geholt, den fälligen Elfmeter versenkt Derlei sicher.

Nun erweist sich das 0:0 aus dem Hinspiel als gutes Ergebnis für Porto: Dank der Auswärtstorregel benötigt Deportivo nun 2 Tore für das Weiterkommen. Portos robuste Defensive mit Torhüter Vítor Baía hält allerdings sogar bis zum Ende die Null, der Finaleinzug ist perfekt.

 

Das Endspiel der Außenseiter

Einen Tag später macht die AS Monaco das Finale der Underdogs komplett: Nach einem 3:1-Erfolg im Hinspiel gelingt es den Monegassen, an der Stamford Bridge dem FC Chelsea Paroli zu bieten und sich mit einem 2:2 für das Endspiel zu qualifizieren. Monaco gegen Porto – das Finale zwischen zwei Mannschaften, die niemand dort erwartet hätte.

Mourinho vertraut für dieses besondere Spiel auf seine Stammelf im 4-4-2: Der junge Brasilianer Carlos Alberto, später auch für Werder Bremen in der Bundesliga aktiv, steht statt Benni McCarthy in der Startelf.

Für die von Didier Deschamps trainierte AS Monaco starten neben Topstar Ludovic Giuly unter anderem Patrice Evra und Fernando Morientes.

Die Anfangsphase der Partie läuft nicht nach Plan für den FC Porto: Ludovic Giuly scheitert in der dritten Minute an Portos Vítor Baía, eine weitere Großchance für Monaco beim Stand von 0:0 wird zu Unrecht wegen Abseits abgepfiffen.


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Doch das Angriffspiel Monacos erlahmt, wird ausrechenbarer und ungefährlicher, als Ludovic Giuly schon nach 22 Minuten verletzungsbedingt ausgewechselt werden muss.

Porto kontrolliert das Spiel immer besser und geht kurz vor der Pause in Führung: Eine Halbfeldflanke von der rechten Seite bekommt Monaco nicht geklärt, Carlos Alberto trifft zum 1:0.

Nach der Pause überlässt der FC Porto dem Team von Didier Deschamps immer mehr das Spielgerät, der Mannschaft aus dem Fürstentum gelingt es aber nicht, die robuste Defensive der Portuenser in Verlegenheit zu bringen.

Nach 70 Minuten spielt Porto eine Drei-gegen-Drei-Situation ordentlich aus, Deco verläd Monacos Keeper Flavio Roma und erzielt das 2:0. Nur fünf Minuten später stellt der eingewechselte Russe Dmitri Alenichev nach einem weiteren Konter auf 3:0 – und bringt Portos Champions-League-Triumph damit endgültig unter Dach und Fach.

 

Ein einmaliger Erfolg

Der Sieg Portos 2004 in Europs wichtigstem Vereinswettbewerb ist inzwischen 16 Jahre her – seitdem ist es keinem anderen Team außerhalb von Europas Top-5-Ligen mehr gelungen, die Champions League zu gewinnen.

Seit der Reformierung dieser aus dem Europapokal der Landesmeister 1992 gelang das außer Porto nur Ajax Amsterdam.

Allerdings war Amsterdams Team von 1995 gespickt mit (späteren) Weltklasse-Spielern wie Frank De Boer, Frank Rijkaard, Clarence Seedorf, Marc Overmars oder Patrick Kluivert. Aus Portos Siegermannschaft sind nur Ricardo Carvalho und Deco dieser Kategorie zuzurechnen.

José Mourinho baute in seiner kurzen Ära in Porto mit bescheidenen Mitteln eine Mannschaft zusammen, die diesen Namen auch verdiente.

Ein überragender Kampf- und Teamgeist zeichneten den FC Porto genauso aus wie die gnadenlose Effizienz und Ökonomie auf dem Platz: Jedes Mittel war recht, solange es zum Erfolg führte – Halbfeldflanken, Decos wunderschöne Steckpässe, Standards, übertriebene Härte oder Zeitspiel.

Nach zwei Meisterschaften sowie dem Gewinn von UEFA-Cup und Champions League war das Kapitel Porto für Mourinho beendet.

Eine neue Herausforderung musste her, nachdem der aufstrebende und ehrgeizige Trainer aus einem kriselnden portugiesischen Verein in zwei Jahren das beste Team Europas geformt hatte.


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Simon
Wenn mich der Journalist bei Fußball Manager früher gefragt hat, von welcher Sportart sich der Fußball etwas abschauen kann, war meine Antwort stets: "Ich bin generell ein sehr sportbegeisterter Mensch."

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