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Trainerwechsel in Monaco – Ist Henry der Heilsbringer?

In den vergangenen beiden Jahren war der AS Monaco eines der spannendsten Projekte im Weltfußball. Man scoutete und verkaufte Talente am Fließband und hielt zugleich Schritt mit PSG. Federführend dabei war Leonardo Jardim, den man vor vier Jahren ins Fürstentum holte. Nun musste der Sohn portugiesischer Auswanderer seinen Posten räumen. Der AS Monaco steht nach neun Partien auf dem 18. Rang mit gerade einmal zehn Punkten.

Die aktuelle Saison begann wie die letzten drei Spielzeiten. Man verkaufte einige Leistungsträger mit einer enormen Marge und ersetzte diese durch talentierte Kicker. So strich man für Fabinho und Thomas Lemar knapp 100 Mio. Euro ein.

Zwei sehr gute, aber keinesfalls herausragende Spieler. Generell verkaufte Monaco nie „fertige“ Spieler. Selbst bei Mbappé gab es nach seinem Wechsel zu Paris St. Germain noch Luft nach oben.

Diesen jungen Kader ergänzte man immer wieder mit erfahrenen Spielern wie Kamil Glik, Danjiel Subasic, Radamel Falcao und Joao Moutinho. Letzteren verkaufte man ebenfalls im Sommer. Stattdessen kamen unter anderem WM-Shootingstar Aleksandr Golovin oder Benjamin Henrichs nach Monaco.

Das alles war Teil des Umbruchs, in dem man sich immer wieder befindet und man glaubte, in Jardim den richtigen Trainer dafür zu haben. Oberstes Ziel war die Qualifikation für die Champions League, ohne die man junge Talente nicht anlocken kann.

Zu viel Rotation?

In dieser Saison ist der AS Monaco stark auf der Suche nach seiner Konstanz. In den ersten beiden Monaten kamen laut transfermarkt.de bisher 22 Spieler zum Einsatz, die über 150 Einsatzminuten verbuchen konnten. Sicherlich ist eine gezielte Rotation unabdingbar, wenn man als Topteam in Liga und der Champions League bestehen will.

Normalerweise bildet sich ein Stamm heraus und um diesen werden dann vereinzelt rotiert. Bisher wirkte es, als ob Jardim viel probierte, in der Hoffnung, dass irgendwas davon funktioniert. Es fehlte zuletzt an einem klaren Konzept, sowohl in personeller als auch spielerischer Hinsicht.

Die Monegassen zeichneten sich unter Jardim dadurch aus, dass sie aus ihrem kompakten 4-4-2 heraus den Ball im Mittelfeld gewannen und die Außenverteidiger kraftvoll nachschoben, um flache Flanken in den Strafraum zu schlagen. Dies war in dieser Ligue-1-Saison kaum zu sehen. Es fehlte Monaco häufig der letzte Punch, um die gegnerischen Ketten zu attackieren.

Lest dazu auch unseren Text zu Monaco Besitzer Dimitry Rybolovlev. Hier zu lesen

Aufgrund dieser offensiven Findungskrise stand auch die Defensive stark im Fokus. Frei nach dem Motto „Wenn wir keine Tore schießen, dürfen wir keines kassieren“. Allerdings scheinen auch die Mechanismen im Pressing nicht mehr so ausgereift zu sein wie noch in der Vergangenheit.

Die Stürmer agieren nicht eng genug an der Mittelfeldkette, wodurch Löcher vor den Sechsern entstehen. Insbesondere, wenn der Meister von 2017 ins hohe Pressing geht.

Weiterhin ist man im letzten Drittel stark mannorientiert. Gegner wie LOSC Lille nutzten dies in dieser Saison aus, indem sie gezielt die Verteidiger aus der Kette zogen, um mit einem dritten Spieler in das entstandene Loch starteten.

Henry auf Jardim und viele offene Fragen

Allzu tief will ich jetzt aber nicht in die taktische Problemanalyse gehen. Einer der Hauptgründe für die derzeitige Situation ist die Transferstrategie. Als Monaco im Sommer erneut die größten Talente Europas jagte und dabei stattliche Summen für die beiden Teenager Pietro Pellegri und Willem Geubbels zahlte, war auch ich skeptisch. Schließlich läuft man immer Gefahr, dass mit einer solchen Transferstrategie „schlechte“ Jahre vorkommen, in denen sich die Spieler erst an das höhere Level gewöhnen müssen.

Ein Stück weit haben sich die Monegassen auch zu sehr darauf versteift, Footballmanager im Realen nachzuspielen und dafür ihren Status als Spitzenverein der Ligue 1 aufgegeben haben.

Das alles ist anscheinend nicht ausschlaggebend genug gewesen, um Jardim weiterhin im Amt zu halten. Der Portugiese konnte das Team seit 2014/15 konstant weiterentwickeln und ließ insbesondere in den vergangenen beiden Jahren attraktiven Angriffsfußball spielen. All das unter der Prämisse, dass nach der jeweiligen Saison Leistungsträger den Verein verließen.

In diesem Sommer war Moutinho der vielleicht bitterste Abgang, da er auf dem Feld Stratege und Ruhepol für die jungen Teamkollegen war. Einen solchen Leader vermisst man aktuell. Spieler wie Youri Tielemans oder Golovin haben mehr damit zu tun, sich überhaupt für die erste Elf zu empfehlen.

Lest dazu auch unser Porträt zu Thierry Henry. Hier zu lesen

Für meine Begriffe ist die Entlassung einerseits zu früh in der Saison und andererseits wird es der Arbeit Jardims nicht gerecht. Er schaffte es Jahr für Jahr eine schlagfertige Truppe auf den Platz zu bringen, den angesprochenen äußeren Umständen zum Trotz.

Nun soll Club-Legende Thierry Henry beim AS Monaco das Ruder wieder herumreißen. Außer seiner Arbeit als Fernseh-Experte und als Co-Trainer Belgiens hat er keinerlei Erfahrung in diesem Gebiet. Wenngleich ich Belgiens Cheftrainer Roberto Martinez sehr schätze und glaube, dass Henry viel unter ihm lernen konnte, bin ich skeptisch.

Zum einen, weil der Ex-Weltmeister mitten in der Saison einen Club in der Krise übernimmt und eben komplett unerfahren ist. Immerhin ist Monaco nach wie vor ein Topverein in der Ligue 1 und wird die vordersten drei Plätze im Visier haben. Der Kader ist aktuell ein großes Sammelsurium an Talenten, die ihr Potenzial (noch) nicht entfalten können.


Auf der anderen Seite ist Henry eine Legende im Weltfußball und gerade junge Spieler schauen zu ihm auf. Weiterhin gilt er als aufmerksamer Beobachter und Fußballbesessener. Beispielhaft ist die Anekdote mit Romelu Lukaku, in der sich die beiden über Aufstellungen und Taktiken von Fortuna Düsseldorf austauschten.

Seine analytischen Fähigkeiten dürften neben seinen Erfahrungen, die er an junge Spieler weitergeben kann, am wertvollsten für den Club sein. Über seine Trainingsarbeit und seine Rolle als Führungspersönlichkeit ist indes wenig bekannt, wobei Letzteres stark von seinem Ansehen im Weltfußball profitieren dürfte.

Insofern hat Henry durchaus das Potenzial seinen Kritikern Lügen zu strafen. Ein französischer Fußballheld übernimmt mitten in der Saison bei einem angeschlagenen Top-Club, ohne Erfahrungen auf diesem Gebiet zu haben. Kennt man irgendwoher. Monaco oder Madrid – Hauptsache Cheftrainer.

Sascha
Hat genauso eine Daseinsberechtigung wie Torrichter während der Champions League Spiele. Passionierter Schachtelsatzschreiber. Gilt intern nicht umsonst als L’Akquisiteur – wenn nicht da, dann zumindest bei sich selbst. Man soll sich immerhin treu bleiben wie Javier Pinola den Überresten seiner Haare. Glaubt noch immer, dass in Enes Ünal ein Weltklassestürmer schlummert, den aber nicht einmal Houdini hervorzaubern könnte. Einziges Vorbild von Max Dettmer.

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