Was schon seit längerem am Durchsickern ist, ist jetzt endlich fix: Ramón Rodríguez Verdejo, kurz Monchi, wird ab Sommer 2017 Sportdirektor bei der AS Roma sein.
Ein kluger Schachzug von Präsident James Palotta, der mit seinen Gelb-Roten endlich wieder in die Spitze des italienischen und internationalen Fußballs vordringen will.
Rom, die ewige Stadt. Das weltberühmte Kolosseum, das antike Forum Romanum und dazu der Vatikan inklusive Petersdom. Kaum eine andere Metropole hat so viele kulturelle Sehenswürdigkeiten zu bieten.
Zudem ist Rom die italienische Hauptstadt – allerdings nur geografisch und politisch gesehen. Sportlich haben die beiden Großklubs, Lazio und Roma, schon länger nichts mehr mit der Vormachtstellung im italienischen Fußball zu tun.
Das schmerzt die stolzen Römer, denn Francesco Totti alleine macht auf Dauer auch nicht glücklich. Titel sollen her und das am besten schnell. Doch so einfach ist das nicht. In der Serie A gibt es seit Jahren kein Vorbeikommen am Serienmeister Juventus.
Mittlerweile mischt auch Maurizio Sarris Napoli kräftig mit und der 2. Platz, den die Roma zum dritten Mal in den letzten vier Jahren anstrebt, ist keinesfalls sicher.
Der Trainer: Von Garcia zu Spalletti
Nachdem der Franzose Rudi Garcia die Roma aus ihrem Tiefschlaf geholt und an die Topmannschaften der Liga herangeführt hatte (zwischen 2011 und 2013 war man nie besser als Platz 6), hat im Januar 2016 Luciano Spalletti das Traineramt übernommen.
Spalletti – zuvor bei Zenit St. Petersburg in Russland tätig – wurde von den Roma-Fans mit offenen Armen empfangen. Einer der Hauptgründe dafür ist, dass die Roma unter Spalletti den letzten Titel erringen konnte.
Zudem hatte das Standing von Garcia, der am Anfang von allen Seiten gefeiert wurde, mit der Zeit gelitten. Unter dem Ex-Lille- und aktuellen Marseille-Trainer hatte man zum Teil spektakuläre Spiele gezeigt. Oft gingen diese allerdings zu Ungunsten für die Roma aus.
Unter Spalletti änderte sich das, ohne dass das schöne Spiel darunter leiden musste. Die titellose Zeit konnte aber auch der glatzköpfige Toskaner nicht beenden und auch in diesem Jahr wird es nichts mit einer Trophäe werden.
In der Meisterschaft ist der Rückstand auf die Alte Dame aus Turin zu groß und im Pokal ist man ebenfalls nicht mehr mit dabei. Dass man in der Liga derzeit nur um Platz 2 spielt, damit hat man sich abgefunden.
Das Halbfinal-Aus in der Coppa schmerzt allerdings gewaltig. Ausgerechnet gegen den verhassten Stadtrivalen Lazio musste man die Segel streichen. Mittlerweile wartet die Roma, mit neun Titel immerhin die zweiterfolgreichste italienische Pokal-Mannschaft, schon seit neun Jahren auf einen Titelgewinn.
2008 hatte man unter Spalletti den italienischen Pokal gewonnen, genauso wie im Jahr zuvor. Zu diesem Zeitpunkt war die Roma die einzige Mannschaft Italiens, der das zweimal gelungen ist (das erste Mal in den Spielzeiten 1980 und 1981). Mittlerweile hat Inter, das 2008 übrigens Finalgegner war, diesen Rekord eingestellt.
Der Sportdirektor: Von Sabatini zu Monchi
Walter Sabatini, der fünf Jahre lang Sportdirektor der Römer war, hat keinen schlechten Job gemacht. Für Klub-Eigentümer Pallotta war es aber zu wenig. Zudem gab es immer wieder Meinungsverschiedenheiten zwischen Sabatini und dem US-Amerikaner.
Deshalb ist Sabatini im Herbst aus freien Stücken zurückgetreten. Interimsmäßig hat anschließend Frederic Massara, zuvor Manager bei der Roma, den Posten übernommen. Jetzt hat Pallotta mit Monchi, der vom FC Sevilla kommt und dort seit 17 Jahren Sportdirektor ist, einen Coup gelandet.
Sabatini selbst war es, der am 28. März 2017, die Ankunft des Spaniers als fixe Sache ankündigte. Allerdings nicht, ohne vorher seine Transferaktivitäten vergangener Tage zu rühmen und lauthals zu erklären, dass die Roma unter ihm nur nie Meister geworden ist weil immer wichtige Spieler verletzt waren.
Und tatsächlich: Nüchtern betrachtet, war die Amtsperiode von Sabatini keine schlechte – auch wenn die Sache mit dem Meistertitel etwas weit hergeholt ist. Aber: Sabatini hat die Roma stabilisiert und mit Garcia einen Trainer geholt, der Ergebnisse und Spektakel zurück nach Rom brachte.
Als es mit dessen Ära zu Ende ging, hat er Spalletti aus der Arbeitslosigkeit geholt und den Verein weiter gestärkt. Sabatini, der in seiner Spielerkarriere zehnmal für die Roma aufgelaufen ist, hat eine starke Mannschaft aufgebaut und hinterlässt Monchi ein dankbares Erbe.
Traurig sind die Roma-Fans über seinen Abschied dennoch nicht. Bei ihnen hat Sabatini, auch aufgrund seiner Lazio-Vergangenheit, nie viel Kredit genossen.
Trotzdem hat der 61-Jährige der Roma ein neues Gesicht gegeben und Spieler wie Kevin Strootman, Radja Nainggolan, Edin Dzeko oder Mohamed Salah verpflichtet. Ein Wermutstropfen aber bleibt: Neuer Francesco Totti ist keiner in Sicht.
Die Jugendarbeit der Roma
Im italienischen Fußball ticken die Uhren oftmals noch ein bisschen anders. Das sieht man an den heruntergekommenen Stadien, den grässlichen Fünf-Sekunden-TV-Spots bei Spielerwechseln während Live-Übertragungen und an der mangelnden Organisation in Klubs und Verbänden.
Auch was die Förderung eigener Nachwuchsspieler angeht, haben sich die meisten italienischen Vereine zuletzt nicht mit Ruhm bekleckert. Dabei lechzen die Fans nach Identifikationsfiguren aus der eigenen Stadt und dem eigenen Verein. In Rom ist dieses Verlangen ganz besonders groß.
Eine der Hauptaufgaben für den neuen Sportdirektor Monchi wird es demnach sein, die hochtalentierten Roma-Sprösslinge aus der eigenen Jugend in den Serie-A-Kader einzubauen.
Die Nachwuchsschmiede der Giallorossi gehört zu den besten im Land, trotzdem schaffen die meisten Talente erst bei anderen Klubs den Durchbruch. Beispiele gefällig?
Lorenzo Pellegrini, Luca Mazzitelli, Matteo Politano (alle Sassuolo), Alessio Romagnoli, Andrea Bertolacci (beide Milan) oder Gianluca Caprari (Pescara) sind allesamt Produkte aus der Roma-Jugend.
Die meisten von ihnen sind mittlerweile Nationalspieler oder stehen kurz davor. Bei der Roma sind mit Daniele De Rossi, Totti und Alessandro Florenzi immerhin drei Eigengewächse im Kader.
Auch die aktuelle Primavera-Mannschaft hat einige interessante Namen zu bieten. So wird unter anderem den Angreifern Edoardo Soleri (32 Tore in 32 Spielen in dieser Saison) und Marco Tumminello (28 Tore/26 Spiele) eine Profikarriere prophezeit.
Die beiden interessantesten Spieler sind aber Defensiv-Akteure. Während Rechtsverteidiger Abullahi Nura schon ein 10-Millionen-Angebot von Barcelona vorgelegen haben soll, ist Riccardo Marchizza in seiner Altersklasse einer der talentiertesten Innenverteidiger Italiens.
Der 19-jährige Linksfuß bringt alle Voraussetzungen mit, die an einen modernen Innenverteidiger gestellt werden. Körperlich robust, technisch stark und zudem offensiv eine Waffe. In drei Primavera-Jahren hat Marchizza, der schon seit seinem achten Lebensjahr für die Roma spielt, 16 Tore erzielt – viele davon per Freistoß.
Es wird auch an Monchi und seinem zukünftigen Trainer liegen, dass solche Talente bei der Roma den Durchbruch schaffen und nicht den Umweg über Sassuolo oder Pescara nehmen müssen. Es wäre höchste Zeit.
Auch wenn Totti wohl noch ein Weilchen auf dem Feld stehen wird, die Roma-Tifosi sehnen sich nach einem neuen, jungen König.
Ein Gastbeitrag von Christian Staffler – Christian Staffler, geboren 1991 in der Südtiroler Kurstadt Meran, schreibt normalerweise für Scarico – Football Blog.
Hauptberuflich Grafiker und freier Sportjournalist, trainiert der leidenschaftliche Kaffeetrinker zudem eine U17-Mannschaft und hat zuletzt bei Greuther Fürth hospitiert. Auf Twitter findet ihr ihn hier.