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Von allen Sorgen befreit: Yohan Cabaye im Porträt

Als Crystal Palace am 10. Juli 2015 den Transfer von Yohan Cabaye verkündete, staunte manch ein Premier League-Fan oder -Experte nicht schlecht. Dass der Franzose nach seinem missglückten Aufenthalt in Paris nach England zurückkehren würde, galt als wahrscheinlich – die „Eagles“ als Abnehmer aber eher weniger. Was hat der teuerste Transfer der Vereinsgeschichte den Londonern bisher gebracht? Eine Zwischenbilanz.

„Ich kenne den Trainer, seine Bemühungen, mich in diesem Sommer zu holen, waren groß und ausschlaggebend“, erklärte der 14 Millionen-Mann bei seiner Ankunft. Mit Alan Pardew coacht ihn nämlich der Mann, der in einst bei Newcastle United zu einer großen Nummer machte.

Von 2011 bis Anfang 2014 kickte er für die „Magpies“ und reifte zu einem elitären Mittefeldspieler auf der Insel. Als Spielgestalter, Mann für die ruhenden Bälle, aber auch Abfangjäger machte Cabaye auf sich aufmerksam.

Der Sprung zu einem größeren Klub war eigentlich nur eine Frage der Zeit. Arsenal buhlte heftig um die wechselwillige Braut, doch Newcastle blieb hartnäckig. In der Wintertransferperiode wanderte allerdings ein Koffer voller Geld aus Frankreich gen Nordosten Großbritanniens und PSG bekam für satte 25 Millionen Euro den kreativen Kopf.


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An seine teils herausragenden Leistungen konnte er in Paris nicht weiter anknüpfen. Stärkere Mitspieler, fehlende Einsatzzeiten und der Druck, sich ständig beweisen zu müssen, verhinderten die Evolution zur Stammkraft.

Alleine die nackten Zahlen zeigen das mangelnde Vertrauen von Ex-Trainer Laurent Blanc: In der Rückrunde der Saison 2013/14 kam er auf 818 Minuten bei 15 Einsätzen (neunmal Startelf, sechsmal eingewechselt , viermal ausgewechselt), 2014/15 brachte er es bei 24 Einsätzen lediglich auf 965 Minuten – nur einmal spielte er über die volle Distanz.

 

Neues Kapitel

Zugegeben, sein Ruf war durch seines Stopps beim Scheich-Verein angekratzt, sodass ein Transfer zu einem anderen Topklub mit Zweifeln behaftet gewesen wäre. Eine Stufe darunter, also bei der Garde um Liverpool oder Tottenham, kursierte der Name des 1,75 Meter großen Scharfschützen durchaus durch die Gazetten.

Dass er aber beim Zehnten der vermeintlich besten Liga der Welt anheuern würde – Respekt! Diese Entscheidung beweist, dass Cabayes Selbstvertrauen arg gelitten hatte. „Ich kannte den Klub zwar nicht, aber dafür den Manager, seine Philosophie und seine Methoden. Durch ihn habe ich meinen Rhythmus schnell wieder gefunden“, legt er seine Beweggründe dar.

Meistens agiert der 29-Jährige, der nach der Jahreswende die 30 vollmacht, als Stratege vor der Abwehr. Seine rechte Hand ist James McArthur. Der Schotte ergänzt Cabaye insofern perfekt, dass er seine Stärken in der Defensive besitzt. Das französische Leichtgewicht ist aufgrund seiner körperlichen Voraussetzungen nicht der galligste und zweikampfstärkste Spieler, dafür weiß Pardew aber, die Zügel in die Hände seines zentralen Mannes zulegen, sodass er in Kombination mit McArthur hervorragend funktioniert und auch harmoniert.

„Ich habe mir viele Videos von ihm bei PSG angeschaut“, räumt McArthur ein. „Wenn du neben ihm spielst und dich an seine Spielweise gewöhnt hast, kannst du davon nur profitieren. Jeder weiß, dass ich mehr der Ballgewinner bin und es liebe, die Kugel an Bolasie, Zaha oder Puncheon zu geben. Mit Yohan haben wir einen weiteren klasse Spieler, dem du ebenfalls blind den Ball geben kannst und der das Spiel beeinflussen wird.“ Die schlichte Analyse des 28-Jährigen beschreibt das Aufgabenfeld der Doppelsechs nahezu perfekt.

 

Yohan Cabayes Spielweise

Cabaye allerdings nur auf seine offensiven Vorzüge zu reduzieren, würde dem Franzosen nicht gerecht werden. Er besitzt ein gutes Gespür dafür, schlampige und zu kurz geratene Abspiele zu antizipieren. Mit 3,9 Balleroberungen ist aktuell nur Leicesters N’Golo Kanté ein gefährlicherer Abfangjäger (4,3). Anschließend versucht er Konter einzuleiten und das Tempo hochzuhalten. Das spiegelt sich auch in seiner Passbilanz wieder: Vorzugsweise sucht er den Ball nach vorne, insbesondere lange Zuspiele zählen zu seinem Repertoire. Die Durchschnittslänge liegt bei 21 Metern.

Mit einer Genauigkeit von 84 Prozent führt er auf 14 Spiele hochgerechnet – die Anzahl der Partien, die er zu diesem Zeitpunkt bestritten hat – die interne Rangliste von Palace an. Davon profitiert die Abteilung Attacke: Mit Yannick Bolasie, Jason Puncheon oder Wilfried Zaha agieren vorwiegend flinke und technisch versierte Stürmer auf dem Flügel, die mit den präzisen long balls umgehen können.

Ferner ist interessant, dass 29 Prozent des Ballbesitzes der Schützlinge von Pardew in der gegnerischen Hälfte stattfinden; ligaweit ist das der sechsthöchste Wert – nur Spitzenmannschaften stehen mit der Kugel höher. Bei einem Verteiler wie Cabaye, der offensiv denkt, verwundert diese Zahl eigentlich nicht wirklich. Zwar bereitete er zu diesem Zeitpunkt der Saison erst einen Treffer vor, dafür ist er bei den meisten plays der Initiator.

Neben seinen 40 Pässen sucht er auch 2,3-mal pro Begegnung den Abschluss – niemand schießt öfters! Das liegt vor allem an seiner herausragenden Schusstechnik. Gewährt die Defensive Cabaye während des Dribblings zu viel Raum oder lässt ihm am Sechzehner sträflich frei, weiß er das konsequent auszunutzen. Beweis gefällig?

Auch bei Standards beweist er die nötige Kaltschnäuzigkeit. Drei seiner vier Saisontore – er ist der bisher erfolgreichste Bomber von Palace – erzielte er vom Punkt. Zusätzlich ist YC7 für alle ruhenden Bälle verantwortlich. Ob Eckball oder Freistoß, Cabaye entscheidet, wer schießt, wenn er nicht selbst anläuft.

Aufgrund seiner Konstitution gibt es aber auch Situationen, die er nicht mag. Das physische Game bereitet ihm zwar wenige Probleme, es sei denn, er wird hart attackiert. Das ist in der Regel aber selten der Fall. Schmerzhafter wird es für das Team aus dem Selhurst Park, wenn der Kontrahent die direkten Räume um ihn herum zustellt. Dann fehlen – logischerweise – die offenen Passwege, sodass sich der ein oder andere Lapsus hin und wieder mal einschleicht.

 

Zum Anführer gereift

Mittlerweile ist der in Tourcoing geborene Franzose im besten Fußballalter angekommen. Er führt Crystal Palace als DER Mann an, und das liegt nicht nur alleine am Vertrauen von Alan Pardew. Der Trainer war nach dem missglückten Paris-Erlebnis der benötigte sichere Hafen, aber viel wichtiger sind seine überdurchschnittlichen Leistungen.

Als zentraler Baustein des aktuellen Siebten steht und fällt mit ihm der Erfolg. Werden zu den absoluten Statistiken die Wichtigkeit des Spielers für den Klub sowie die generelle Performance auf dem Platz dazugezählt, ist seine Relevanz zu diesem Zeitpunkt der Runde höher einzustufen, als die von Sergio Agüero, Wayne Rooney oder Harry Kane. Das Lob seines Trainers ist daher nur eine logische Konsequenz: „Yohan ist unglaublich. Er dirigiert das Spiel wie ein Orchester.“

Für Yohan Cabaye war beziehungsweise ist der Schritt zurück auf die Insel auch persönlich von enormer Bedeutung: „Ich bin wieder sorgenfrei, spontan. Ich hatte das in Paris verloren, weil ich mit meinen Leistungen nicht zufrieden war.“ Das Zusammenspiel und –leben mit seinen Teamkollegen macht es ihm aber auch leicht, wie er verrät: „Wir lachen sehr viel, und ich werde alles dafür tun, um das in mich gesetzte Vertrauen zurückzuzahlen. Ich bin sehr glücklich und werde weiter vorangehen.“

Der letzte Satz beschreibt die momentane Gefühlslage des Feingeistes eigentlich am besten. Er genießt den Rückhalt seines Vereins, nimmt eine wichtige Rolle ein und kann unbekümmert auflaufen – ENDLICH! Zudem, da schließt sich der Kreis, hat er mit bisher 1190 Einsatzminuten mehr gespielt, als in der kompletten letzten Saison in Paris.

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