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Die zweite Legende – Bruno Soriano im Porträt

Francesco Totti, Steven Gerrard, zwei Namen dürften ausreichen, schon ist klar, wovon die Rede ist. Der Status einer „Vereinslegende“ ist ein Titel, den man bei aller Klasse schwerlich erreichen kann, wenn man alle zwei Jahre den Verein wechselt.

Spieler, die mit diesem bedacht werden, bleiben in der Regel lange Jahre bei ihrem Club, halten diesem auch in schwierigen Zeiten die Treue und prägen ihn in ihrer Zeit fußballerisch und teilweise auch menschlich.

Viele Vereine haben solch bedeutende Spieler ihrer Vereinsgeschichte in oder um ihr Stadion verewigt, für gewöhnlich, indem einzelne Orte, Bereiche oder gar das ganze Stadion nach ihnen benannt wurden, wobei letzteres in Spaniern eher ehemaligen Präsidenten vorbehalten ist.

Tatsächlich sind vier der größten spanischen Stadien nach Ex-Präsidenten benannt: Bernabéu und Calderón in Madrid, Sánchez Pizjuán und Villamarín in Sevilla. Als Spieler startet man da eine Nummer kleiner, auch in Villarreal, dem Club, mit dem wir uns dieses Halbjahr etwas intensiver beschäftigen.

In Villarreal findet man am Stadion El Madrigal genau ein Eingangstor, das nicht einfach durchnummeriert ist. Die Puerta Marcos Senna ist der Clubikone gewidmet, die Elf Jahre lang Leistungsträger bei den Submarinos war.

Bruno Soriano, der Dauerbrenner

Der gebürtige Brasilianer Senna war nicht nur wichtiger Bestandteil des spanischen Europameisterteams von 2008, mit dem Villarreal CF feierte er die größten Erfolge der Clubgeschichte inklusive des Champions League-Halbfinals 2006 und der Vizemeisterschaft 2008.

Mit 363 Pflichtspieleinsätzen war er außerdem der Rekordspieler des gelben U-Boots, bis… ja bis vergangenes Wochenende. Denn der 2-1-Triumph beim baskischen Vertreter Eibar war nicht nur ein wichtiger Schritt für die Groguets in Richtung Champions League Qualifikation, sondern auch ein ganz besonderes Spiel für den neuen Rekordhalter: Bruno Soriano.

278 Partien in der Liga, 28 im Pokal, 14 in der Champions League, 43 in der Europa League und eine im Intertoto Cup (ganz wichtig), Bruno Soriano ist mit gerade mal 31 Jahren zum Rekordspieler aufgestiegen.

Dabei feierte der defensive Mittelfeldspieler seinen richtigen Durchbruch im Team erst mit Mitte zwanzig, kämpfte sich über die zweite Mannschaft und als Ergänzungsspieler des Vizemeisterteams heran, bis er seit 2009 zu den absoluten Leistungsträgern zählte.

Geboren und aufgewachsen in Artana, nur 15 Kilometer entfernt vom El Madrigal, ist Bruno dabei gar nicht mal das typische Eigengewächs.


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Bis zum Alter von 13 Jahren spielte er ausschließlich Straßenfußball, für gewöhnlich auf abschüssigen Straßen, wie er später anmerkte, Artana ist ein Bergdorf. Ein kleines Bergdorf zudem, denn dass Bruno in seiner Kindheit nie im Verein spielte lag auch daran, dass der Club in seinem Heimatdorf keine Jugendabteilung besaß.

Mit 13 begann er im Club des Nachbarorts Betxí, wo er zwei Jahre später von Scouts der Submarinos entdeckt und für deren Cantera verpflichtet wurde. Nach nur einem Jahr verließ er die Jugendakademie jedoch wieder, da ihm die harte Arbeit im Internat zu schaffen machte und er nach Hause zu seiner Familie wollte.

Dennoch schien er in diesem nur einen Jahr bleibenden Eindruck hinterlassen zu haben, denn wiederrum zwei Jahre ohne professionellen Fußball später suchte sein späterer Trainer Juan Carlos Garrido ihn in seiner damaligen Position als Jugendkoordinator erneut auf und überzeugte den damals 18-jährigen zur Rückkehr.

Tatsächlich entwickelte sich Soriano als zentraler Mittelfeldakteur bald zum Leistungsträger in der zweiten Mannschaft der Granotes, 2007 war er Kapitän des Teams, das den Aufstieg in die Segunda División B schaffte.

In der selben Saison debütierte er mit 22 Jahren auch im ersten Team. Für das kommende Jahr wurde Bruno folglich von Trainer Manuel Pellegrini fest in den A-Kader berufen.

In der Hinrunde dieser erfolgreichsten Ligasaison der Vereinsgeschichte, die mit der Vizemeisterschaft beendet wurde, kam er gleich auf einige Einsätze auf der Doppel-6 neben eben Marcos Senna, da sein Konkurrent Josico häufig verletzt ausfiel.

Im Winter wurde jedoch der Uruguayer Sebastián Eguren für ebendiese Position verpflichtet, woraufhin Soriano kaum noch eine Rolle spielte. Im Jahr darauf kam Soriano schon zu einiger Spielzeit, an Senna und Eguren war allerdings weiterhin kein Vorbeikommen.

Schlüsselmomente für Bruno Soriano

Im Sommer 2009 kam es dann allerdings zu einem für Soriano wichtigen Trainerwechsel, Ernesto Valverde übernahm von Manuel Pellegrini. Weniger Ballbesitz, mehr Umschaltspiel und eine klare Anweisung für Bruno: Er müsse körperlich zulegen und mehr Aggressivität zeigen.

Soriano zog mit, verbrachte seit damals viel Zeit im Kraftraum und Valverde belohnte ihn und lies ihn weitestgehend anstelle von Eguren neben Senna auflaufen.

Die Vorrunde verlief wenig erfolgreich und Valverde musste schon im Winter wieder seinen Hut nehmen, doch Soriano brachte diese Zeit in seinem Spiel deutlich weiter. Es übernahm in Folge mit Juan Carlos Garrido wieder ein Trainer, der mehr auf Spielkontrolle setzte.

Für Soriano jedoch wiederrum ein Glücksfall, sein ehemaliger Förderer setzte auch weiterhin auf ihn und erklärte dem inzwischen defensiv deutlich weiterentwickelten Bruno, dass er ihn künftig als Pivote, direkt vor der Abwehr sehe.

Gesagt getan, in der folgenden Saison baute Garrido das nächste Dreamteam der Submarinos zusammen und stellte dabei Soriano mit Borja Valero einen spielmachenden Achter zur Seite, so dass dieser sich mehr auf seine defensiven Aufgaben sowie das Ballverteilen aus der Tiefe konzentrieren konnte.

In veränderter Rolle blühte Soriano regelrecht auf und war ein zentraler Faktor für das Erreichen des vierten Platzes und damit der Champions League-Qualifikation. Er wurde zu einem Top-Passgeber in La Liga, spielte im Schnitt 70 Pässe pro 90 Minuten, ein Wert, der damals lediglich durch fünf Barca-Akteure übertroffen wurde.

Sorianos Leistungen machten ihn auch für die Nationalmannschaft interessant. Schon zu Beginn der Saison feierte er bei einem Freundschaftsspiel in Mexiko sein Debut.

Es folgten weitere einzelne Nominierungen, wirklich durchsetzen konnte er sich angesichts der Konkurrenz im defensiven Mittelfeld der Spanier um Sergio Busquets, Xabi Alonso und den jüngeren Javi Martinez allerdings nicht.


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Dafür lief es im Verein zunächst noch hervorragend, Platz vier in der Liga und ein Europa League-Halbfinale standen im Sommer 2011 zu Buche.

Was dann folgte war jedoch eine absolute Seuchensaison und der Abstieg für Villarreal. An Bruno ließ sich dieser jedoch nicht festmachen. Noch in der Abstiegssaison kürte das Portal whoscoared ihn sogar auf Platz fünf der notenbesten Spieler, übertroffen nur von Messi, Ronaldo und den Malagueños Toulalan und Cazorla.

Er sollte der einzige Villarreal Akteur unter den Top 50 sein. Zum dritten Mal in Folge gehörte er zu den Top-Passgebern, hatte zudem die zweitmeisten Interceptions der Liga (nach Javi Fuego), zwei Kategorien, in denen er auch in den Jahren danach stets zu den Besten gehören sollte.

Der Abstieg war für Villarreal ein Einschnitt, viele Stars verließen den Verein, nicht jedoch Bruno Soriano. Auch er hatte Angebote vorliegen, betonte jedoch schon damals, dass es sein Ziel sei, seine gesamte Karriere bei seinem Club zu verbringen.

Einen Spieler vom Status und der Klasse eines Bruno Soriano sieht man in der Segunda División wirklich nicht alle Tage, so dass nicht nur der direkte Wideraufstieg gelang, sondern um diejenigen Leistungsträger, die geblieben waren, neben Soriano vor allem Mario Gaspar und Mateo Musacchio, gleich die Mannschaft aufgebaut wurde, die eine Rückkehr zu erfolgreichen Erstligajahren gewährleisten sollte.

Tatsächlich gelang mit dem neuen Trainer Marcelino García Toral gleich in den ersten beiden Jahren nach dem Wideraufstieg die Qualifikation für die Europa League, im dritten Jahr stehen die Zeichen sogar auf Champions League.

Kapitän Soriano

Bruno, inzwischen Kapitän des Teams, ist dabei im System von Marcelino vielleicht wichtiger denn je.

Wie einst mit Valero hat er nun mit Trigueros einen spielstarken Achter an seiner Seite, in Marcelinos flachem 4-4-2 unterscheiden sich die beiden allerdings kaum in ihrer Positionierung, sondern lediglich in ihrer Interpretation der Position, sodass sich Trigueros etwas häufiger ins Angriffsspiel mit einschaltet.

Auch die Rotationsfreude Marcelinos, der in englischen Wochen gerne mal sechs bis sieben Spieler pro Partie austauscht, macht zumindest in der aktuellen Rückrunde vor Bruno halt, zu wichtig ist der Kapitän.

Trotz kleinerer Verletzungen in der Vorrunde hat Bruno diese Saison nach Innenverteidiger Ruiz die zweitmeisten Spielminuten von Marcelinos Feldspielern absolviert.

Seine offensivere Ausrichtung seiner früheren Zeit kommt ihm dabei zu Gute, denn im Gegensatz zu ihm bekommt sein Partner Trigueros häufiger auch Pausen und wird dann gewöhnlich durch Tómas Pina ersetzt, wodurch Bruno deutlich mehr Kreativarbeit übernehmen muss.

Auch das stellt für ihn jedoch, ungeachtet des Rufs als Abräumer, den er sich inzwischen erworben hat, kein Problem dar, vielmehr scheint er mit jedem neuen Trainer und jeder neuen Spielphilosophie nochmal stärker zu werden.

Im Moment ist er der verlängerte Arm des Trainers in einer Mannschaft, die auf dem besten Weg ist, erneut als eines der großen Teams der Submarinos in die Vereinsgeschichte einzugehen.

Er selbst hat sich seinen Platz dort schon gesichert, mindestens ein weiteres Eingangstor zum Madrigal dürfte ihm schon sicher sein. Und wer weiß, was Bruno noch so alles erreichen kann mit seinem Verein.

Ob er denn nicht einmal etwas Neues wagen wollte, eine andere Liga vielleicht, wird er häufig gefragt.

„Wäre schon interessant, vielleicht irgendwann einmal, jetzt jedoch noch nicht“, ist die Art von Antwort, die man dann bekommt.

Bruno scheint zufrieden zu sein, er lebt inzwischen wieder in seinem Heimatdorf, die Anreise zum Trainingsgelände nach wie vor überschaubar. Größere Extravaganzen leistet er sich kaum, lediglich sein blauer Ferrari entspricht nicht ganz den gewohnten Fortbewegungsmitteln im Bergdorf Artana.

Doch auch daran hat man sich inzwischen gewöhnt, der bekannteste Sohn des Dorfes hat sich damit einen Kindheitstraum erfüllt.

Weitere Träume für seine fußballerische Karriere, nun, da er Rekordspieler ist? „Weiter Partien mit Villarreal sammeln“, meint Soriano, er sei ja schließlich noch jung.

Thomas Moch
Seit 2014 bei Cavanis Friseur. Schreibt über den spanischen Fußball. Weil er Spanien mag. Und Fußball. Und erst recht spanischen Fußball.

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