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La Rojita 2015 – zwei Goldjungs für Del Bosque

Endlich ist es so weit, die fußballlose Zeit des Sommers ist vorüber. Fußballlose Zeit? Von wegen. Diesen Sommer fand nicht nur die Copa América in Chile statt, auch zahlreiche Juniorenturniere auf Nationalmannschaftsebene wurden ausgetragen. Cavanis Friseur hat dabei für euch die spanische U19 unter die Lupe genommen, die in Griechenland den EM-Titel holte.

Insgesamt tat sich die Mannschaft in der Gruppenphase noch recht schwer. In der ebenso hochklassig wie ausgeglichen besetzten Gruppe B schlossen alle Mannschaften mit Vier Punkten ab, nur das Torverhältnis rettete La Rojita auf Rang Zwei. Im Halbfinale wurden dann die hoch gehandelten Franzosen (Drei Siege in der Vorrunde) schon recht überzeugend geschlagen, ehe im Finale Russland, das die Spanier in der Gruppenphase noch besiegen konnte, dominiert wurde und mit einem 0-2 sehr gut bedient war.

Im Turnierverlauf machten besonders zwei Top-Talente auf sich aufmerksam, auf die wir nun einen genaueren Blick werfen wollen, ehe wir uns auch noch kurz den übrigen Akteuren zuwenden.

 

Der neue Iniesta

„Der neue XY“: Ein schrecklicher Ausdruck, meiner Meinung nach. Zwischen unzählbaren „nächsten Messis“ gab es auch immer wieder junge Spieler, die als der nächste Xavi gefeiert wurden. Bestimmt auch als der nächste Totti, oder der nächste Gerrard, oder der nächste Stefan Maierhofer, wie auch immer. Am meisten stört mich dieser Vergleich, wenn mal wieder ein junger Spieler nach ein paar guten Spielen als Achter oder Zehner mit meinem Idol Iniesta verglichen wird.

Insofern ist die Adelung eigentlich nicht hoch genug einzuschätzen, wenn ich diesen Vergleich nun selber erstmals bemühe. Daniel Ceballos Fernández erinnert wirklich ausgesprochen an den Maestro von Barcelona, der auch sein erklärtes Vorbild ist.

Ob als Spielmacher aus der Tiefe oder in engen Räumen am gegnerischen Strafraum: Ceballos ist eigentlich nicht vom Ball zu trennen und hat dabei eine hervorragende Übersicht, um seine Mitspieler in Szene zu setzen. Ich bin mir nicht sicher, ob er im Turnierverlauf überhaupt einen direkten Scorerpunkt gesammelt hat. Dennoch war er immer beteiligt und derjenige, der die meisten gefährlichen Situationen eingeleitet hat.


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Scorerpunkte gesammelt hat er allerdings in der vergangenen Saison, als er bereits Stammspieler bei Zweitligameister Betis war. Ob er dort auch nächste Saison aufläuft ist jedoch fraglich. Ceballos hat nur noch ein Jahr Vertrag und Betis hätte wohl nur noch diesen Sommer die Chance auf eine Ablöse. Eine gewaltige Ablöse für den andalusischen Verein, alle spanischen Top-Vereine sowie Clubs aus England sollen interessiert sein, eine zweistellige Millionensumme ist im Gespräch.

Und dabei hätte Dani Ceballos seine Profikarriere fast beim großen Rivalen begonnen. Sieben Jahre verbrachte er in der Jugend des FC Sevilla, bevor er auf U15-Niveau aussortiert wurde – weil er die körperlichen Voraussetzungen nicht erfüllte. Darauf hin kehrte er in seine Heimatstadt, nur 30 Kilometer südlich von Sevilla, zurück und verbrachte zwei Jahr bei seinem Heimatverein CD Utrera.

Im zweiten dieser Jahre wurde er erneut vom FC Sevilla kontaktiert und ihm eine Rückkehr angeboten. Ceballos lehnte ab, beendete das Jahr bei Utrera, ehe er sich den Grünweißen anschloss. Als der Anruf von Betis kam hatte er nicht den geringsten Zweifel, das Angebot anzunehmen, über den Ausflug auf die Rot-Weiße Seite der Stadt äußerte er sich im Nachhinein hingegen wenig begeistert: „Ich bin Bético seit ich ein kleines Kind war, aber ich hatte das Pech, für Sevilla zu spielen“, so Ceballos‘ Aussage vergangenes Jahr.

Bei Betis feierte er im Alter von 17 Jahren sein Debüt in der Primera División, im Sommer 2014. Sein Durchbruch gelang ihm allerdings erst vergangene Saison, als er in Liga zwei zum Stammspieler avancierte. Fünf Tore und ebensoviele Vorlagen steuerte er zum direkten Wideraufstieg der Béticos bei, viel wichtiger jedoch waren seine Ballsicherheit und Kreativität im Mittelfeld.

Fähigkeiten, die Zweifel daran aufkommen lassen, ob er sie auch kommende Saison bei den Betis unter Beweis stellen wird. Noch ist das Transferfenster offen. Zudem hat Real Madrid diesen Sommer mit Vallejo und Asensio bereits zwei vielversprechende spanische Nachwuchskräfte unter Vertrag genommen, so dass sich die Zukunft von Ceballos zur Prestigefrage entwickeln könnte – vor allem für den FC Barcelona.

Einem Wechsel zu den Katalanen scheint auch er nicht abgeneigt zu sein, in einem Interview diesen Sommer (wohlgemerkt mit der Madrider Zeitung AS) beantwortete er jede Frage, bei der die möglich war, mit einem Barca- Akteur.

Neben Iniesta als seinem aktuellen Vorbild, benannte er Xavi als Kindheitsidol und Messi als den Prominenten, von dem er gerne ein Autogramm hätte. Gleichzeitig machte er aber auch deutlich, dass er gerne noch „einige Zeit“ bei Betis verbringen und mit den Verdiblancos in Europa spielen will. Man darf in jedem Fall gespannt sein, wo Ceballos künftig die Zuschauer verzaubern wird.

 

Marco Asensio im Porträt

Bereits gewechselt ist diesen Sommer der andere große Star des Europameister-Teams. Schon im Winter sicherte sich Real Madrid die Dienste von Marco Asensio ab diesen Sommer. Dem FC Barcelona soll angeblich die Ablösesumme zu hoch gewesen sein, Madrid bezahlte knapp vier Millionen Euro – ein Witz.

Denn nicht nur mischte auch Asensio letztes Jahr die Segunda División auf, er war auch Spieler des Turniers bei der U19-EM – und das absolut zu recht. Während er bei seinem Club Real Mallorca für gewöhnlich auf der Zehn agierte, agierte er hier als inverser und spielmachender Rechtsaußen – eine Rolle, die wie gemacht für ihn scheint.

Die Idee, einen Spieler vom Typ „Achter“ ins zentrale offensive Mittelfeld zu stellen und den „Zehner“ auf den Flügel zu schieben, hat sich de la Fuente übrigens von seinem Vorgänger Julen Lopetegui abgeschaut, der dies 2013 bei der U-21 ab dem zweiten Gruppenspiel mit Thiago und Isco anwendete – mit ebenso großem Erfolg. Und auch in Griechenland funktionierte das Zusammenspiel der beiden Stars des Teams im rechten Halbraum hervorragend.

Asensio beeindruckte dabei mit seinen Dribblingkünsten, vor allem mit seiner Ballkontrolle und Wendigkeit bei hoher Geschwindigkeit. Immer wieder lies er so seine Gegner stehen, zog nach innen und fütterte seine Mitspieler, bevorzugt die Linksaußen Pedraza oder Nahuel, mit Schnittstellenpässen. Und wenn das nicht funktionierte, machte er es eben alleine, wie im Halbfinale gegen Frankreich

Zwei Tore im Halbfinale, zwei Vorlagen im Finale: Asensio war letztlich derjenige, der den Unterschied zugunsten von La Rojita machte – ein Spieler, auf den man sich bei Madrid wirklich freuen kann.

Asensios Jugendlaufbahn verlief dabei deutlich weniger aufregend als die seiner Kollegen Ceballos. Geboren in Palma, durchlief er alle Jugendteams seines Heimatclubs RCD Mallorca und galt dort schon lange als Ausnahmetalent.

Schon mit 10 Jahren schloss er sich dem Club an, damals soll er angeblich gleich mehrmals Eckstöße direkt verwandelt haben. Laut seinem Entdecker Clemente Marín schoss er damals auch Zwei bis Drei Tore pro Spiel, gegen Gegner, die ebenso viele Jahre älter waren als er. Mit 17 debütierte er für die erste Mannschaft und erspielte sich Ende der vorletzten Saison bereits einen Platz im Team, seinen Durchbruch erlangte er allerdings auch erst vergangene Saison.

Asensio war über weite Strecken der beste Spieler einer nicht gerade erfolgreichen Mannschaft des RCD Mallorca, die letztlich nur Siebzehnter wurde, wohingegen Asensio im Oktober sogar zum Spieler des Monats in der Liga Adelante gekürt wurde.

Der Abgang war folglich eine logische Konsequenz. Ob er allerdings diese Saison bereits für Madrid auflaufen wird oder eine Leihe zu einem Erstligaverein ansteht, ist noch offen. So oder so steht im eine große Zukunft bevor. (Ok, als der Großteil des Artikels geschrieben wurde, war es offen, in der Zwischenzeit wurde er an Espanyol Barcelona verliehen).

Selbstverständlich besteht eine erfolgreiche Mannschaft aus mehr als ihren Top-Stars. Auch andere Akteure dieses Teams gelten als große Talente und haben bereits das Interesse großer Vereine auf sich gezogen. Auch sie sollen hier noch kurz vorgestellt werden.

 

Kapitän von Berufs wegen und ein Hauch von Brasilien

Jesús Vallejo ist der Kapitän dieser Auswahl. Des Weiteren ist er Kapitän des Zweitligisten Real Zaragoza. Mit 18 Jahren. Das bleibt er wohl auch noch ein Jahr, wenn auch nur leihweise, denn Madrid hat vor im August fünf Millionen Euro für den jungen Abwehrchef bezahlt.

Für gewöhnlich werden ja etwas erfahrenere Spieler als Kapitäne bevorzugt. In Zaragoza sah man das vergangene Saison anders, warum, lässt sich nur spekulieren. Auf jeden Fall ist Vallejo mit 18 Jahren schon sehr weit und gilt als große spanische Nachwuchshoffnung auf der Position des Innenverteidigers. Bei der EM konnte er sich allerdings nicht größer in Szene setzen.

Die Abwehr stand gerade in der Gruppenphase nicht sonderlich sicher und dabei wirkte auch Vallejo bisweilen überfordert. Allerdings ist er wie gesagt erst 18 und hat außerdem bei Zaragoza sicherlich auch schon deutlich mehr geleistet, als er diesen Sommer zeigen konnte.

Brasilien spielt gewöhnlich nicht mit bei einer Europameisterschaft, auch nicht auf U19-Ebene. Auch in diesem Fall waren die Brasilianer nicht in Griechenland zu Gast, wurden allerdings würdig vertreten. Denn Linksverteidiger Aaron Caricol scheint als Vorbilder Dani Alves und Marcelo zu haben.

Mit hervorragender Technik und ausgesprochen dribbelstark setzte er sich immer wieder offensiv in Szene und sorgte für viel Gefahr. Mit circa einem wirlich haarsträuben Fehlpass pro Spiel leitete er allerdings auch jedes Mal eine hervorragende Torchance für den Gegner ein und sorgte auch damit für viel Gefahr. Solche Pässe lassen sich, da völlig ohne unter Druck zu stehen gespielt, eigentlich nur durch Lässigkeit erklären. Das ist natürlich ein Albtraum für jeden Trainer und trübt seine ansonsten wirklich starke Leistung. Allerdings, seine „Vorbilder“ haben ja auch nicht die schlechtesten Karrieren hingelegt.

 

Ein Baske, die U-Boot-Crew und ein Tiefflieger

Der weitere Weg von Mikel Merino ist eigentlich festgelegt. Er ist jung, erfolgreich und Baske. Athletic Bilbao ist folglich ausgesprochen interessiert, zwei Millionen soll der Mann aus Pamplona ihnen Wert sein. Bei der EM war er vor allem im ersten Gruppenspiel einer der besten Akteure. Mit der Sicherheit seines frühen Tores schaltete er sich immer wieder nach vorne ein. Im weiteren Turnierverlauf erledigte er seine Aufgaben zunehmend unauffällig und überließ seinen offensiven Kollegen das Glänzen. Nichts desto trotz dürfte man ihn bald in der ersten Liga bestaunen dürfen.

Zugegeben, es ist ein wenig unfair, Borja Mayoral auf seine Aktion im ersten Gruppenspiel gegen Deutschland zu reduzieren (musste aber für die Überschrift einfach sein). Eine recht dreiste Schwalbe, ein Schiedsrichter, der darauf hereinfällt, das 2-0. Man könnte jetzt noch erwähnen, dass er den Elfmeter selbst ganz frech in die Mitte schob, oder auch, dass er zuvor schon einmal elfmeterwürdig zu Fall gebracht worden war.

Oder man betrachtet die restlichen Spiele, in denen Mayoral seine fußballerischen Qualitäten durchaus gezeigt hat. Der Madrilene ist ein absoluter Torjäger, der nur wenige Chancen benötigt und darüber hinaus über eine gute Technik verfügt.

Probleme hat er noch im direkten Zweikampf, wobei die Abwehrspieler häufig körperlich einfach etwas weiter sind, das von Mittelstürmern häufig geforderte „Bälle festmachen“ ist folglich nicht sein Spezialgebiet. Ob es für die erste Mannschaft von Real Madrid reicht, ist fraglich, wenn, dann wohl nur über Leihen. Diverse Tore für einen Club der ersten Liga sind Mayoral aber auf jeden Fall zuzutrauen.

Nicht ein einziger Spieler vom FC Barcelona stand im Aufgebot von Luis de la Fuente für besagte EM. Der Verein, der die meisten Spieler stellte, war auch nicht Madrid, nein, der FC Villarreal schickte gleich drei Spieler nach Griechenland.

Rodrigo Hernández und Alfonso Pedraza waren dabei sogar Stammspieler, wobei sie eher als Arbeiter denn als große Stars einzuordnen sind. Das größte Potenzial würde ich hier tatsächlich Matías Nahuel attestieren. Der junge Spanier mit argentinischen Wurzeln wurde jedes Spiel eingewechselt, meistens für seinen Teamkollegen Pedraza und hatte dann auch die gleiche Aufgabe wie dieser: Läufe in die Spitze, um seinen Kollegen und damit in erster Linie Asensio Pässe wie diese zu ermöglichen:



Ich bin mir nicht sicher, ob es die Taktik de la Fuentes war, den technisch beschlageneren Nahuel zu bringen, wenn der unermüdliche Pedraza die Gegner bereits müde gelaufen hatte. Falls ja, hat sie funktioniert. Zwei Jokertore stehen für Nahuel zu Buche, der auch schon einige Liga Einsätze hinter sich hat. Zumindest bei ihm und Pedraza kann man erwarten, dass sie nächste Saison auch eine Rolle im ersten Team des gelben U-Boots spielen.

 

Nach Saisonbeginn

Der Artikel lag aufgrund der zeitlichen Priorität der Saisonvorschau schon einige Wochen auf Lager, Wochen, in denen sich auf für die Jungprofis einiges getan hat. Matías Nahuel und Dani Ceballos kamen an den ersten drei Spieltagen von La Liga zum Einsatz, während Marco Asensio an Espanyol verliehen wurde und sich dort wohl erst noch akklimatisieren muss.

Auch die Länderspielpause brachte einige Erkenntnisse, Drei der frischgebackenen U19-Europameister wurden für die U21 nominiert. Während Ceballos im EM-Qualifikationsspiel gegen Estland gleich in der Startelf stand, saßen Asensio und Vallejo lediglich auf der Bank.

Die Zeit Vallejos wird allerdings definitiv bald kommen, denn nicht nur sind 18 Jahre sehr jung für einen Innenverteidiger auf U21-Niveau, er war auch noch quasi der einzige gelernte Innenverteidiger im Kader. Genau genommen trifft dies auch auf Rubén Duarte zu, jedoch läuft dieser im Verein auch eher als Linksverteidiger auf. Sein Partner in besagtem Spiel, Jonny Castro, ist erst recht ein Außenverteidiger.

Die Alternativen auf dieser Position sind nicht riesig und Spanien könnte nach dem Ende der Ära Ramos/Pique hier ein echtes Problem bevorstehen. Kein Wunder also, dass auf dem 18 jährigen Vallejo gewaltige Hoffnungen liegen.

Thomas Moch
Seit 2014 bei Cavanis Friseur. Schreibt über den spanischen Fußball. Weil er Spanien mag. Und Fußball. Und erst recht spanischen Fußball.

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4 comments

  1. Mayoral ist für mich der talentierteste Nachwuchsspieler von Real Madrid seit langer Zeit. Körperlich, wie von dir erwähnt, fehlen ihm sicher noch einige Prozente gegenüber anderen Spielern im selben Alter. Dass er dennoch zur jungen “Weltspitze” gehört, ist ein Zeichen seiner fussballerischen Qualität.
    Asensio empfand ich lange (insbesondere Gruppenphase) als ziemlich schlecht eingebunden, denn er wurde als stumpfer Breitengeber missbraucht. Im Laufe des Turniers rückte er stärker ein, optimal war es allerdings immernoch nicht. Insofern fand ich seine Leistungen auch nicht so gut, wie sie hätten sein können.
    Vallejo habe ich hingegen positiver gesehen, manchmal mit Unkonzentriertheiten im Passspiel, aber grundsätzlich darin sehr gut und überlegt. Seine aufrückenden Läufe mit Ball am Fuss fand ich spitze, seine Anschlussbewegungen an diese Aktionen waren auch sehr geil. Sicherlich ist er potentiell ein kompletter Verteidiger.
    Von Caricol war ich auch sehr positiv überrascht, hat mir sehr, sehr gut gefallen, ist öfters auch eingerückt und hat dadurch den breiten und eher linearen Pedraza sehr gut ergänzt. Aber auch hier hätte er nach meinem Geschmack viel konsequenter und häufiger einrücken sollen und stärker spielmachend zur Geltung kommen.

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