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Lyons Messi: Nabil Fekir im Portät

Im Rôhne-Derby vor wenigen Tagen jubelte Nabil Fekir nach seinem Treffer zum 0:5, wie zurzeit gefühlt jeder Fußballer jubelt: Er zog sich sein Trikot aus und hielt es mit dem Schriftzug in Richtung Heimkurve, wo die Fans des Erzrivalen standen.

Das Ergebnis waren wütende Reaktionen der Fans des AS Saint-Étienne. Unabhängig davon, wie provokant dieser Jubel war, ist Nabil Fekir in diesem Jahr einer der aufregendsten Fußballer Europas, der nicht nur mit Jubelposen auf sich aufmerksam macht.

Nabil Fekir: Der Letzte an der Bar

Im Sommer musste Olympique Lyon abermals einen personellen Aderlass hinnehmen: Alexandre Lacazette wechselte nach langem hin und her zu Arsenal, Corentin Tolisso verließ den Verein ebenso wie der langjährige Kapitän Maxime Gonalons.

Es war mal wieder ein Umbruch den OL bewerkstelligen musste. Dass sie nicht auch noch Fekir abgaben, lag wahrscheinlich daran, dass es in den letzten beiden Jahren ruhiger um den Franzosen geworden ist.

In der Spielzeit 2014/15 machte er erstmals mit 15 Treffern und 13 Vorlagen auf sich aufmerksam. Lacazette heimste damals schon die meisten Lorbeeren ein, doch in Lyon war man sich sicher, dass Fekir in seine Fußstapfen treten könne. Mit entsprechend hohen Erwartungen ging der damals 22-Jährige in die Spielzeit 2015/16.

Sie sollte sich zu einer wahren Horrorsaison entwickeln. Fekir riss sich Ende August das Kreuzband und bestritt nur neun Spiele. Ausgerechnet im EM-Jahr. Denn obwohl die französische Nationalmannschaft über enorm viele herausragende Spieler verfügt, hat sie keinen Spielertypen wie Fekir.

Wurde er zu Beginn seiner Profi-Karriere noch auf allen Offensivpositionen flexibel eingesetzt, zog es ihn in den letzten Jahren verstärkt ins Zentrum. Hier kann er seine kreative Ader ausleben und das Spiel besser gestalten.


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Als er noch verstärkt am Flügel zu finden war, zog er als Linksfuß sehr oft von rechts in die Mitte, um von dort aus Steckbälle in die Tiefe zu spielen und kurze Kombinationen mit Lacazette zu suchen.

Mitunter war er in diesen Szenen zu sehr auf die Vorlage an sich bedacht und zeigte sich nicht zielstrebig genug, wenn er den Ball im zweiten Drittel durch den Halbraum trug. Er verpasste phasenweise das Abspiel und dribbelte noch einen Gegenspieler aus, ehe der finale Pass folgte.

Im letzten Drittel war der Franzose mit algerischen Wurzeln teils zu sehr auf den letzten Ball bedacht. Er wirkte schlicht zu ungeduldig und wollte gefährliche Situationen erzwingen.

Seit seinem Kreuzbandriss hat Fekir jedoch etwas an Dynamik eingebüßt. Oder besser gesagt: Man sieht seine Dynamik nun seltener, weil seine Spielweise reifer geworden ist. Aufgrund dieses Umstandes ist er nun im Zentrum zu finden, wodurch seine schnellen Dribblings am Flügel kaum noch zu sehen sind.

Er ist mittlerweile durchgängig im zweiten Drittel zu finden, um das Tempo zu diktieren und beim Übergang ins letzte Drittel zu helfen. Diese Spielweise brachten ihm in der vergangenen Saison in 49 Spielen 14 Tore und 12 Assists ein. Der Offensiv-Allrounder war sowohl Initiator als auch Vollstrecker.

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Fekirs Leistungen über die letzten Jahre. (Anm. d. Red.: Saison 2015/16 aufgrund eines Kreuzbandrisses nicht inkludiert)

Die Binde im Herzen

Der angesprochene personelle Umbruch brachte auch für Fekir viele Veränderungen mit sich: Trainer Bruno Génésio ernannte ihn zum neuen Kapitän des Teams. Hier hat sich der Franzose klar zum Positiven entwickelt, galten Les Gones („Die Jungen“) stets als undiszipliniert.

Er selbst soll hier oftmals negativ aufgefallen sein. Auf dem Feld hat das zur Folge, dass der 24-Jähirge nun noch mehr Verantwortung übernimmt und die Abgänge quasi im Alleingang kompensieren will.

Fekir positioniert sich als Achter in einem der beiden Halbräume, schleppt zahlreiche Bälle vors Tor und sucht selber den Abschluss. In Zahlen ausgedrückt kommt er bislang in 15 Partien auf 12 Tore und drei Vorlagen. Seine Spielweise hat sich erneut verändert.

Ohne Lacazette hat Olympique nun nicht mehr den absoluten Top-Stürmer, der 20 Tore pro Saison garantiert. Stattdessen hat man mit Mariano Díaz, Memphis Depay und Bertrand Traoré drei Offensivspieler in den eigenen Reihen, die allesamt Chancen kreieren und verwerten können. Zusammen erzielten sie bislang wettbewerbsübergreifend 35 Treffer.

Insbesondere das Zusammenspiel mit Díaz funktioniert bislang hervorragend; Fekir bedient den Neuzugang vielfach mit ansehnlichen Pässen in die Tiefe und Lupfern über die gegnerische Defensive.

Das Zusammenspiel mit Traoré ist mehr auf das dynamische Überladen des rechten Halbraums bedacht. Der Mann aus Burkina Faso rückt häufig ein, um kleinräumig mit Fekir zu kombinieren.

Manchmal tauschen sie gerade in höheren Zonen die Positionen. Traoré startet dann aus dem Halbraum häufig Tiefensprints, die Fekir prinzipiell zwei Möglichkeiten eröffnen: Entweder zieht er direkt in die Mitte und hat damit freie Bahn, weil Traoré seine(n) Gegenspieler mitzieht.

Oder der Gegner verfolgt den 22-Jährigen nicht und Fekir kann ihn mit einem gezielten Pass über das Standbein hinweg in Szene setzen.

Das Zusammenspiel mit Depay ist ähnlich wie jenes mit Díaz. Nur lässt sich Depay lieber am Flügel in den Fuß anspielen, um das Dribbling zu suchen. Meistens sucht Depay jedoch druckvoll den Weg zum Tor, wodurch Fekir an dieser Stelle nur die Rolle des Zuarbeiters bleibt.

Dass er diese Rolle prinzipiell ausfüllen kann, zeigen seine vielen Assists aus den vorherigen Jahren. In diesem Jahr scheint der Linksfuß aber noch mehr darauf bedacht zu sein, selbst den Ball ins Tor zu befördern.

Statistisch gesehen gibt er in der Liga aktuell 3,32 Schüsse pro 90 Minuten ab – persönlicher Höchstwert. Toreschießen ist Chefsache. Und Chef ist schließlich wie Genie: kannst du nicht lernen.

Sein sportlicher und auch ideeller Wert für den Verein ist in diesem Jahr so hoch wie noch nie. Fekir zerreißt sich für den Verein, den er bereits seit Kindheitstagen unterstützt.

Mit 12 Jahren stieß er zum Verein, wurde er als zu schmächtig empfunden und hatte mit Knieproblemen zu kämpfen. Als man ihn mit nur 14 Jahren wieder freistellte, kickte er auf dürftigen Plätzen in Lyon.

Hier blitzte sein Talent gegenüber den durchschnittlichen Spielern heraus und so wurden Scouts auf ihn aufmerksam. Sogar jene von AS Saint-Étienne. Für diesen Verein wollte Fekir aber nicht Spielen.

Er wollte nur zu dem Verein für den er immer spielen wollte: Olympique Lyon. Womit sich der Kreis wieder schließt. Er trägt die Kapitänsbinde in diesem Jahr nicht nur am Arm, sondern im Herzen.

Er trägt Bälle nach vorn, diktiert das Tempo der Lyonnais und ist Vollstrecker vor dem Tor. Zinedine Zidane sagte vor zwei Jahren über ihn, dass er ein unglaublicher Spieler sei, der ihn technisch beeindruckt habe.

Fekir erwiderte zum damaligen Zeitpunkt sein Lob mit der Aussage, dass er bei einem Anruf Zidanes sofort zu ihm wechseln würde. Das hat sich mittlerweile geändert. Nicht nur, weil er Barcelona bevorzugt, sondern, weil er sein Engagement bei seinem Heimatclub als Herzensangelegenheit ansieht.

Aus diesem Grund ist Nabil Fekir vielleicht kein Lionel Messi, dafür aber Lyons Messi.

Sascha
Hat genauso eine Daseinsberechtigung wie Torrichter während der Champions League Spiele. Passionierter Schachtelsatzschreiber. Gilt intern nicht umsonst als L’Akquisiteur – wenn nicht da, dann zumindest bei sich selbst. Man soll sich immerhin treu bleiben wie Javier Pinola den Überresten seiner Haare. Glaubt noch immer, dass in Enes Ünal ein Weltklassestürmer schlummert, den aber nicht einmal Houdini hervorzaubern könnte. Einziges Vorbild von Max Dettmer.

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