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Niklas Dorsch: Der zweite Thiago für die Bundesliga

Geht man nach den Statistiken, ist Thiago Alcantara der beste zentrale Mittelfeldspieler in der Bundesliga. Mit Niklas Dorsch eifert beim FC Heidenheim ein junger Deutscher dem Spanier nach.

Denn der 22-Jährige notiert in vielen Attributen ähnliche Werte wie das große Vorbild bei dem Verein seiner Jugend. In seiner Analyse erklärt Gastautor Ilja Degenhardt, warum Niklas Dorsch Thiago so ähnlich ist.


Dies ist ein Gastbeitrag von Ilja Degenhardt. Screenshots sowie Daten stammen whoscored.com, WyScout und xG Lab bot (telegram).

In beinahe jedem für seine Position wichtigen Spielattribut ist Thiago besser als 95% der Kollegen aus der Bundesliga.

. Je näher die Balken zu den 100% sind, desto besser ist Thiago im Ligavergleich und andersrum.

Wenige Spieler seiner Position sind so vielseitig begabt.

Niklas Dorsch und Thiago – similar Players

Letzten Sommer hat Betis auf einer Scouting-Konferenz ihre neue Methodik im Bereich Data-Scouting präsentiert.

Nach dem Verkauf von Fabian Ruiz hat man für die Position einen Spieler mit ähnlicher Verteilung der Schwächen und Stärken gesucht, der möglichst auf gleichem Niveau mit Ruiz spielt.

Als Ergebnis wurde Giovani Lo Celso verpflichtet. Er kompensierte Ruiz’ Abgang und wurde anschließend mit Gewinn an die Spurs verkauft. Legt man diesen statistischen Ansatz zugrunde, ergeben sich zwischen Dorsch und Thiago verblüffende Parallelen.

Denn wenn man auf der Basis von Thiagos Profil in der zweiten Bundesliga nach einem ähnlichen Spieler suchen würde, wäre das denkbar beste Ergebnis Niklas Dorsch. Er hat in fast jeder Statistik ähnliche Werte wie der spanische Nationalspieler.

Mit diesen Diagrammen vergleicht Betis Spielerprofile mit möglichen Transferzielen Dorsch passt in Thiagos Profil.

Mit seinen 22 ragt Dorsch als Ballverteiler in der 2. Bundesliga heraus. Seine Statistiken muss man natürlich unter Kontext betrachten – es ist die zweite Liga.

Womöglich wird er die Werte nicht direkt in die erste Saison als Erstligist übertragen können, wahrscheinlich sich aber nach einer Adaptationsperiode den Zahlen wieder nähern.

In der zweiten Liga ist Dorsch der beste Ballverteiler.

Wenn man Kandidaten aus der 2.Liga für die nächsten zwei Transferperioden betrachten soll, muss Dorsch in der Short-List zwingend auftauchen. Auf seiner Position ist er im Ligavergleich definitv der beste Spieler.


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Niklas Dorsch im Passspiel

Wie viele Spieler aus Top-Clubs Akademien, sticht auch Niklas Dorsch technisch hervor, hat aber zudem auch eine hohe Spielintelligenz. Diese Kombination macht sein Passspiel überragend.

Dorschs Passprofil wird bei FC Heidenheim eher auf Vorbereitungspässe beschränkt.

In Zonen für den letzten Pass taucht er beinahe nicht auf, weil er das Tempo aus der Tiefe reguliert und danach einen möglichen Konter absichert bzw. sich für einen Neuaufbau des Angriffs hinter dem Ball anbietet.

Oben – saisonübergreifend die Anzahl der Pässe aus der jeweiligen Zone.

Meistens spielt Dorsch bei Ballbesitz als Sechser, der oft zwischen die zwei Innenverteidiger fällt und nur sehr beschränkt vorrutscht.

Seine wichtigste Aufgabe ist es, die Situation für den letzten Pass durch Vorwärtspässe aus der tiefe vorzubereiten, indem er das gegnerische Mittelfeld überspielt. So leitet er die meisten Angriffe des FCH ein.

Ein Instrument ist hierbei das intelligente Bespielen der Außenbahn. Möglichst sollen Pässe zu einem Eintritt in den letzten Drittel führen, wo die Kombination zu Ende gebracht wird.

Eine beliebte Kette bei Heidenheim – Dorsch passt zum Außenverteidiger, dann Flanke und Abschluss. In verschiedenen Spielsituationen findet er Lücken, um den Ball in höhere Zonen – möglichst in Freiräume – fortzubewegen.

Nicht selten macht er das durch akkurate Schnittpässe auf die Außenbahn, dabei überspielt er häufig einen Flügelspieler und kreiert eine 2vs1-Situation auf dem Flügel, was das Verschieben der Abwehrkette provoziert.

Dabei bekommt der Außenverteidiger mehrere Möglichkeiten – direkt ohne Druck zu flanken oder den Gegenspieler anzudribbeln. Im Beispiel unten entscheidet er sich für das erste, die Flanke wird dann indirekt mit einem Tor beendet.

Häufig bespielt Dorsch die Außenverteidiger mit Richtungswechsel durch lange Bälle, die sein womöglich bester Spielattribut sind. Dabei hat der Außenverteidiger auf der gegenüberliegenden Außenbahn meist viel Freiraum vor sich, weil der Gegner kompakt verteidigt und nicht immer schnell genug verschieben kann.

Noch vor der Ballannahme scannt Dorsch das Spielfeld um sich herum.

Wenn er nicht gerade von einem Gegenspieler attackiert wird und eine Sekunde Zeit hat, legt er sich den Ball mit der ersten Berührung vor und hebt dann seinen Kopf, um mögliche Anspielstationen zu bewerten.

Vor allem dadurch, dass er versucht, direkt vor dem Abspielen nochmal auf die genaue Position des Empfängers zu schauen, sind seine Pässe so präzise und leicht für eine Direktmitnahme in den Lauf. Dorsch spielt meistens in den „langen Fuß“, was das Spieltempo stark erhöht.

Dank guter Passtechnik kommen auch Diagonalbälle meistens nicht auf die Brust, was schwer einer schnellen Ballannahme dient, sondern auf den Fuß.


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Manchmal gelingt es auch, Flügelspieler in einer hohen Position vor dem Strafraum direkt anzuspielen, wenn es aus der Spielsituation so entsteht. Nach Möglichkeit spielt Dorsch auch präzise Bälle zwischen die Linien, gefährliche Angriffe werden aber meistens über die Flügel vorbereitet.

Die Flügelspieler schieben in den Halbraum und Außenverteidiger können sich dann breit anbieten, was sie auch gut ausnutzen.

Dribbling und Ballkontrolle helfen gegen das Pressing

Was Dorsch ebenso hervorhebt wie Vergleiche mit Thiago noch stärker aufdrängt, ist sein Dribbling.

Unter den zentralen Mittelfeldspielern macht nur Stuttgarts Mangala mehr erfolgreiche Dribblings, dabei hat Dorsch für diese Menge an Versuchen eine sehr gute Erfolgsrate – 82.8% (besser als 93% der Liga).

Dorsch ist ein schneller und sehr gut koordinierter Spieler, der vor allem durch schnelle Richtungswechsel, das Drehen um die eigene Achse und enge Ballführung Gegenspieler in verschieden Situationen überspielt und sich aus dem Pressing löst.

Auf dem Beispiel unten wird er unter Druck vom Torwart angespielt, legt sich mit der ersten Berührung den Ball nach links vor und weicht seitlich aus. Mit der zweiten hat er sich dann um 180 ° gedreht und kann das Spiel aufbauen.

Dorsch dribbelt sein Team häufig aus dem Pressing im Spielaufbau.Er kann Gegner sowie mit dem Rücken zum Tor, als auch im klassischen 1vs1 überspielen. Noch nicht optimal sind die progressive runs – Dorsch macht nur 1.1 pro 90 Minuten. Selten nutzt er Situationen aus, um einen Freiraum in der Mitte anzulaufen und Gegenspieler anzudribbeln.

Er passt zu früh auf die Außen in Situationen, in denen er ruhig noch 10-15 Meter im Sprint durch die Mitte hätte laufen und sich dem Tor nähern können. Wenn er es doch versucht, fehlt die Effizienz: bremst zu früh ab oder lässt sich zu leicht aus der geplanten Laufbahn verdrängen lassen.

Im Beispiel unten hätte er dem Gegner den Laufweg durch einen rechtzeitigen Zug in die Mitte abschneiden können, bremst dann aber und lässt sich einholen.

Verbesserungsbedarf bei Niklas Dorsch: Abwehr

Dorsch macht viele Balleroberungsversuche und ist aggressiv gegen den Ball, versucht den Gegner schon bei der Ballannahme zu stören.

Obwohl er mehr Tacklingversuche als 93% der Spieler seiner Position in der Liga unternimmt, ist er bei der Effizienz nur knapp über dem Durchschnitt, nämlich mit 64.4% erfolgreichen Tackles besser als 68% DM/ZM der 2.Liga.

An sich kein schlechter Wert, wird sich aber in der ersten Bundesliga bei gleichbleibendem Level negativ bemerkbar machen – gegen stärkere Gegner wird die Statistik wohl schlechter.


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Im Gegensatz zu vielen defensiven Mittelfeldspielern, die den Gegner öfter durch Körpereinsatz verdrängen und fair aus dem Gleichgewicht bringen, ist Dorsch auf „feine“ Tacklings ausgerichtet.

Bei der Mehrheit an Zweikämpfen versucht er durch einen schnellen Sprint die Distanz zum Gegner abzudecken und wirft einen Fuß Richtung Ball vor. Wenn der Gegner zu langsam ist, schafft er es nicht, den Ball noch seitlich vorbeizubekommen.

Wenn es dem 22-jährigem aber nicht gelingt, den Fuß schon im Moment der Ballannahme reinzustellen, wird es um Einiges schwieriger. Vor allem gegen halbwegs qualifizierte Dribbler. Dorsch blickt auf den Ball und versucht dem Richtungswechsel noch zu folgen.

Obwohl Dorsch aber ein schneller Spieler mit guter Koordination ist, kann man innerhalb von knapp einer halben Sekunde nur sehr schwer reagieren, um den Fuß noch in die Dribblingbahn reinzustellen. Wenn der Gegner den Ball seitlich vorbeilegt oder durch die Beine schiebt, muss sich ein guter DM schnell drehen können und den Laufweg des Stürmers mit seinem Körper abdecken.

Wenn es nicht gelingt, durch Körpereinsatz als erster an den Ball zu kommen, muss man sich wenigstens rechtzeitig um die eigene Achse gedreht und dem Gegner gefolgt haben, um erneut zu tacklen.

Dorsch hat keinen Plan B – beim 1vs1 wirft er seinen ganzen Körper dermaßen Richtung Ball vor, dass er auf dem Stützbein für zu lange kleben bleibt, ehe er die nächste Bewegung macht. Manchmal macht er dann gar nicht die Drehung, andernfalls – zu spät.

Fazit: Ist Niklas Dorsch bereit für die Bundesliga?

Dorsch ist ein technisch, physisch und mental sehr entwickelter Spieler, dessen Stärken vor allem im Spielaufbau liegen.

Er kontrolliert den Ball gut unter Druck, kann dribbeln und zeigt ein durchdachtes Passspiel auf. Mit seinen 22 ist er der definitiv beste Ballverteiler der 2.Bundesliga.

Dabei spielt er intensiv und hat eine große Laufbereitschaft, macht viele Sprints im Gegenpressing und gegen den Ball allgemein. Unter anderem habe ich erwähnt, was er in seinem Spiel noch verbessern kann.

Dabei sind seine Zweikämpfe und das Ballschleppen vornherein gar nicht schlecht, sogar über dem Liga-Mittelmaß, aber noch deutlich mit Luft nach oben bei einem derart schlauen und körperlich entwickelten Spieler.

Die Verbesserung dieser Spielattribute könnte Dorsch sogar zu Clubs in der Champions League-Zone der Bundesliga führen. Wie Beispielsweise Kerim Demirbay oder Florian Neuhaus zu Bayer 04 oder Borussia Mönchengladbach.


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1 comment

  1. […] Niklas Dorsch: Der zweite Thiago für die Bundesliga | Cavanis FriseurDorsch oder nix? Jeder Ballbesitzverein der Welt leckt sich alle zehn Finger nach einem Spieler mit dem Profil von Thiago, pressingresistent in der Offensive und eine Pressingmaschine in der Defensive. Für den Fall das der Spanier die Säbener Straße tatsächlich verlassen wird, hat Hasan Salihamidzic die “Ähnliche Spieler Suche” bei StatsBomb oder SmarterScout sicher schon angeworfen. Ilja Degenhardt hat in seinem Artikel für Cavanis Friseur bereits einen Spieler mit einem sehr ähnlichen Profil gefunden, dessen Name Salihamidzic sicher geläufig ist. Als Zugabe liefert Ilja auch noch einen statistischen Vergleich von Niklas Dorsch mit seinem ehemaligen Mittelfeldpartner in München. Im Gegensatz zu Dorsch wird Adrian Fein voraussichtlich bereits zur neuen Saison zurück in den Verantwortungsbereich von Salihamidzic wechseln. | Dennis […]

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