Gran Canaria – In der deutschen Wahrnehmung ist diese Insel vor allem ein Sehnsuchtsort für Touristen.
Doch seit dem Wiederaufstieg der UD Las Palmas in die Primera Division findet auch die hervorragende fußballerische Arbeit, die der Hauptstadtclub seit längerem leistet, immer mehr Beachtung.
Der Kader besteht zum größten Teil aus Einheimischen. Spieler wie Tana, Jonathan Viera oder Jesé Rodríguez sind auf der Atlantikinsel geboren. Doch in der vergangenen Saison schnürte der beste canario in LaLiga seine Schuhe nicht für die amarillos.
Im 1400 Kilometer entfernten Malaga sorgte ein junger Stürmer für Furore, der 1995 in Las Palmas geboren wurde. Sein Name ist Sandro Ramírez.
Im Leben von Sandro gab es seit frühester Kindheit nichts anderes als Fußball. Schon in früher Kindheit meldete sein Vater ihn in der Jugend der UD Las Palmas an. Hier machte er schnell von sich reden und weckte das Interesse der großen Clubs vom spanischen Festland.
So schlug der Sohn eines glühenden Anhängers des FC Barcelona unteranderem ein Angebot von Real Madrid aus, bevor er im Alter von 14 Jahren seiner Heimat den Rücken kehrte und den Sprung nach la masia wagte.
In Barcelona durchlief er nun alle Jugendmannschaften, bevor er bei Barca B seine ersten Schritte im Männerbereich ging. Seine starken Leistungen blieben auch dem spanischen Verband nicht verborgen. Ab der U16 wurde Ramírez für alle Auswahlmannschaften des Landes berufen.
Die großen Vorbilder während seiner Zeit in der Jugendakademie waren Lionel Messi und David Villa. Ein Jahr nachdem Ramírez bei der U19-Europameisterschaft in Litauen durch wichtige Tore erstmals international beachtet wurde, debütierte er im August 2014 für die erste Mannschaft.
In seinem ersten Spiel im spanischen Oberhaus konnte er sich sofort in die Torschützenliste eintragen. Das weckte weitere Erwartungen – bei den Fans, aber auch bei Sandro selbst. Obwohl Luis Enrique Sandro mehrfach öffentlich lobte, konnte dieser sich in der Folgezeit nicht für längere Einsatzzeiten empfehlen.
Die Konkurrenz um Lionel Messi war einfach zu stark. Nach wenigen Spielen und noch weniger Toren, entschloss sich Ramírez dem FC Barcelona den Rücken zu kehren und wechselte im Sommer 2016 ablösefrei zum Ligakonkurrenten Málaga CF.
In seiner ersten Saison bei den Andalusiern gelangen ihm auf Anhieb 16 Tore und fünf Assists in 31 Pflichtspielen. Unteranderem auch ein besonders sehenswertes Tor gegen seinen ehemaligen Arbeitgeber Barcelona, als Málaga mit seinem 2:0 Sieg großen Einfluss auf den Ausgang der Meisterschaft nehmen konnte.
Sandro Ramirez: Stärken, Schwächen und Spielstil
In diesem Transferfenster ist Sandro einer interessantesten Spieler auf dem Markt. Seine guten Leistungen im Dress der boquerones und seine Ausstiegsklausel im Wert von sechs Millionen Euro weckten unteranderem das Interesse von Atlético Madrid, Borussia Dortmund, Everton und Sevilla.
Mit Sandro würden sie einen jungen Spieler bekommen, dessen Entwicklung noch lange nicht abgeschlossen zu sein scheint. Der U21-Nationalspieler besticht durch eine hervorragende Technik, ein gutes Passspiel und einen guten Schuss.
In der vergangenen Saison spielte er im Schnitt mehr als 20 Pässe pro Spiel, von denen rund 79% ankamen. Dazu kommt der starke Wert von durchschnittlich knapp mehr als einem Keypass pro Spiel. Damit bewegte er sich in dieser Kategorie auf Augenhöhe mit Karim Benzema und Antoine Griezmann.
Sandro ist also in der Lage aktiv am Angriffsspiel der Mannschaft teilzunehmen und leitet auch häufiger aus tieferer Rolle eigene Vorstöße ein. Besonders gerne verlagert er dabei mit hohen Bällen die Seite.
Von seinen insgesamt 92 Schüssen, gab er 49 außerhalb des Strafraums ab. Fünf Mal waren diese Versuche von Erfolg gekrönt.
Das ist nach Messi der zweitbeste Wert der Liga. Die größten Defizite hat Sandro, typisch für junge Spieler, bei der taktischen Arbeit gegen den Ball und auch im sonstigen Defensivverhalten.
Ein weiterer Nachteil ist seine fehlende Variabilität. Jeder Versuch ihn in der Vergangenheit nicht im Sturmzentrum einzusetzen, war nicht von Erfolg gekrönt.
Ramírez ist trotz seiner geringen Körpergröße in der Lage Bälle zu halten und so den Mitspielern das Nachrücken zu ermöglichen. Er wird häufig gefoult – wohl auch, weil er sich selten beim ersten Kontakt fallen lässt, ist extrem gefährlich bei direkten und indirekten Standards und spielt viele lange Bälle.
Ausblick
Dass Ramírez in dieser Transferperiode wechseln wird, wurde sogar schon von Málagas Präsident bestätigt. Wo es ihn hinzieht, könnte eine der Fragen des Sommers sein. Schon während der Saison galt Atlético als Favorit auf die Verpflichtung des Stürmers.
Diese Aussichten könnten sich nun allerdings geändert haben. Die vom CAS verhängte Meldesperre verbietet es den colchoneros Neuzugänge für die kommende Spielzeit zu nominieren.
Sandro stünde also eine Ausleihe oder ein halbes Jahr ohne Spielpraxis ins Haus. Ein weiterer Nachteil an einem Wechsel in die Hauptstadt wäre die große Konkurrenz auf seiner Position. Griezmann, Correa, Torres und Gameiro könnten Sandros Wunsch immer zu spielen im Weg stehen.
Für den Everton FC könnte der Spanier der Ersatz für den abwanderungswilligen Romelu Lukaku werden. Die Toffees hätten in Sandro einen guten und entwicklungsfähigen Ersatz.
Für Everton spricht vor allem, dass es in der englischen Liga bekanntlich viel Geld zu verdienen gibt. Andererseits muss die Mannschaft von Ronald Koeman diese Saison erst durch die Europa League-Qualifikation, womit eine Teilnahme am internationalen Fußball noch nicht fix ist.
Auch über einen Wechsel in die Bundesliga wurde in der Vergangenheit spekuliert. Eine Verpflichtung von Sandro würde zu Dortmunds jüngster Transferpolitik passen.
Die beiden Spanier Mikel Merino und Marc Bartra – mit dem er zusammen la masia durchlief – könnten die Integration erleichtern. Die Wahrscheinlichkeit dieses Transfers hängt allerdings sicher vom weiteren Verlauf der Causa Aubameyang ab.
Der vierte Interessent, der bei Gerüchten über Ramírez in der Vergangenheit häufig Erwähnung fand ist der Sevilla C.F. Nachdem die Leihverträge mit Vietto und Jovetic auslaufen, besteht im Sturm eine Vakanz.
Außerdem würde Sandro als junger Spanier mit niedriger Ausstiegsklausel perfekt ins Beuteschema der Andalusier passen. Dass Sevilla versuchen wird, ihn unter Vertrag zu nehmen, steht außer Frage.
Die Hauptargumente für einen Wechsel zu den nervionenses wären natürlich die Qualifikation zur Champions League und die ausgezeichneten Entwicklungschancen, die der Verein bietet.
Außerdem würde er weiter in LaLiga spielen und somit im Fokus des Nationaltrainers Lopetegui bleiben. Einziger Nachteil: Sevilla würde wohl das geringste Gehalt der genannten Clubs zahlen.
Möchte Sandro während seiner Karriere noch in die Weltklasse vorstoßen, sollte er bei seiner nächsten Station einschlagen. Ohne Frage ist er mit großem Talent gesegnet und kann mit genug Spielpraxis und unter den Fittichen eines guten Trainers, trotz seiner bereits guten Leistungen, noch einen großen Sprung machen.
Dazu muss er sich im taktischen Bereich verbessern und vor Allem an seinem linken Fuß arbeiten. Vergangene Saison konnte er nur eines seiner Tore mit seinem schwachen Fuß erzielen. Auf allerhöchstem Niveau ist das zu wenig.
Nichtsdestotrotz handelt es sich bei Sandro Ramírez wohl um das größte Versprechen auf der Mittelstürmerposition Spaniens. Man darf gespannt sein, ob er es auch einhalten kann.