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Kommentar: Mangelhafte Umsetzung der verbandsrechtlichen Reglements

Es sei „kein guter Tag für den Fußball“ gewesen – so kommentierte Jürgen Klopp die weitgehende Aufhebung der Europapokal-Sperre gegen Manchester City durch den CAS.

Pep Guardiola sah dagegen seinen Klub reingewaschen, was in Anbetracht der jüngst veröffentlichen Urteilsbegründung zynisch anmutet.

Die Vorwürfe gegen den Scheichklub (Verschleierung von Eigenkapitalfinanzierung) ließen sich schlichtweg nicht beweisen, auch und gerade da letztendlich entlastende Zeugenaussagen von leitenden Angestellten des Klubs sowie ein Brief von Scheich Mansour der UEFA im ersten Prozess nicht vorgelegt wurden.

 
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Wie sich die UEFA vorführen lässt

Nach dem Gericht war die angefochtene Entscheidung daher „nicht per se falsch, sondern, zumindest bis zu einem gewissen Grad, eine Folge der Entscheidung von Manchester City, die relevantesten Beweise, die dem Verein zur Verfügung stehen, erst im vorliegenden Berufungsverfahren vor dem CAS vorzulegen“.

Kurzum: der Verein konnte die UEFA genüsslich in aller Öffentlichkeit vorführen und zugleich dem viel kritisierten Financial Fair Play wohl den endgültigen Todesstoß verpassen. Kein Wunder, dass Pep Guardiola stets an die eigene „Unschuld“ glaubte.

Moralisch muss das opportunistische Verhalten von Manchester City zweifellos hinterfragt werden, jedoch dominieren im heutigen Fußball-Business längst die wirtschaftlichen und rechtlichen Belange.

Letztere stellen sich (mal wieder) als das große Problem heraus.

Die verbandsrechtlichen Reglements sind vielfach intransparent, unvollständig, stehen rechtlich auf wackligen Beinen (dies gilt auch für die deutsche 50+1 Regel) und bleiben insoweit ein stumpfes Schwert gegen Wettbewerbsverzerrungen.

So eröffnet es Raum für potente Akteure wie Manchester City, sich Vorteile gegenüber ihren Konkurrenten zu verschaffen, indem sie das Financial Fair Play umgehen oder sich durch Mehrfachbeteiligungen an weiteren Vereinen ein Netzwerk an Satellitenklubs aufbauen.

Andere Profivereine äußern infolgedessen vielfach Kritik, da sie sich unterlegen und benachteiligt sehen.

 

Fehlende Ausbildungsentschädigungen

Indes muss dabei in Anbetracht eines weiteren Beispiels der unzureichenden Durchsetzung verbandsrechtlicher Bestimmungen die Frage aufgeworfen werden, ob derartige Beschwerden nicht von einer gewissen Doppelmoral geprägt sind.

Konkret geht es um von der FIFA veröffentliche Daten zur Zahlung von Ausbildungsentschädigungen und Solidaritätsbeiträgen.

Geregelt sind diese in den Art. 20 und 21 des FIFA-Reglements bezüglich Status und Transfer von Spielern.

Sinn und Zweck der Vorschriften ist es, dass frühere Vereine, die zur Ausbildung eines transferierten Spielers beigetragen haben, anteilig am Wechsel beteiligt werden.

Meist kommt das Geld insofern Amateurvereinen zugute. Nach den Berechnungen des Weltverbandes hätten im Jahr 2018 hierfür 351,5 Millionen US-Dollar fließen müssen.

 


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Gezahlt wurde hingegen nur rund ein Viertel, sodass ein Defizit von 261,1 Millionen US-Dollar (!) verbleibt, die vor allem Amateurvereinen entgangen sind.

Was das im Einzelnen bedeuten kann, wurde von fussball.de einmal anhand des 38 Millionen Euro schweren Transfers von Antonio Rüdiger von der AS Rom zum FC Chelsea aufgeschlüsselt.

Seine Jugendvereine Hertha 03 Zehlendorf (195.000 Euro), NSF Gropiusstadt (95.000 Euro) sowie SV Tasmania (95.000 Euro), bei denen Rüdiger seit dem 12. Lebensjahr spielte, partizipierten jeweils in einer Höhe, die einen Amateurverein vollständig sanieren und den Betrieb über Jahre hinweg sichern kann.


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Jene Solidarität wird angesichts der obenstehenden Zahlen allerdings nur auf dem Papier vorgelebt.

Das Fußballgeschäft ist schließlich hart umkämpft – und Manchester City ist bei weitem nicht das einzige schwarze Schaf.

Eine Lösung der Problematik scheint aus derzeitiger Sicht nicht in Aussicht.

Einerseits liegt die Ursache der fehlenden Anspruchsverfolgung schon darin begründet, dass viele Amateurvereine ihre Ansprüche nicht einmal kennen und diese nach 24 Monaten verjähren.

 

Solidarität nur auf dem Papier

Zwar steht der DFB kleinen Vereinen als Anlaufstelle zur Verfügung, um diese bei der Geltendmachung ihrer Rechte zu beraten und zu unterstützen.

Nur nützt dies nichts, wenn es schon an der Kenntnis von den entstandenen Forderungen mangelt.

Aktive Informationskampagnen von den Verbänden oder noch besser, eine aktive Aufklärungspflicht der beteiligten Klubs gegenüber früheren Jugendvereinen im Rahmen von Spielertransfers, vor deren Erfüllung die angesprochene Verjährungsfrist nicht beginnt, wären hier angemessen.

Des Weiteren sollte allerdings auch eine Regelung getroffen werden, die bei Differenzen zwischen Anspruchsberechtigten und Anspruchsgegner zum Schutz der Amateurvereine vermittelt.


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Denn diesen fehlen regelmäßig sowohl finanzielle und zeitliche Ressourcen als auch das erforderliche Know-How, um einen Rechtsstreit gegen einen Profiverein zu führen.

Die Situation ist vergleichbar mit einem unerfahrenen Verbraucher, der einen Anspruch gegen ein professionell aufgestelltes Unternehmen durchsetzen will – ohne schützende Mechanismen wären diese wie Amateurvereine völlig hilflos.

Die FIFA arbeitet derzeit an einer Transferreform, in welcher die Thematik eine zentrale Rolle spielen soll.

Ob es dem Verband ausnahmsweise gelingt, ein Reglement zu schaffen, das hinreichend transparent, effektiv und sicher ist, oder ob am Ende wieder mal lediglich ein zahnloser Papiertiger verkündet wird, bleibt gleichwohl abzuwarten.

 
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Max Dettmer
Prosaisch irgendwo zwischen Ronaldo und Zidane, bei taktischem Faible wohl eher in der Premier League Saison 1995/1996 oder wie Dettmar Cramer sagen würde: „Der springende Punkt ist der Ball.“ Weiß Romantik zu schätzen, in der Kommerzialisierungsdebatte aber unpolitisch. Definiere „Konzepte“ als Idee einer Identität unter homogener Realisierung durch Trainer und Management. Verliebt in Jürgen Klopp. Weltmeister-Abiturient. Fockendorfer Falter. #itscominghome2022

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