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Wie umweltfreundlich ist der Fußball? – Fans, Vereine & Umweltschutz

Neun Millionen. So viele Einwegbecher werden in einer einzigen Saison in den Stadien der beiden höchsten deutschen Spielklassen ausgegeben, benutzt und dann weggeschmissen – eine gigantische Masse an Müll, die in etwa so viel wie zehn ausgewachsene Elefanten wiegt.

Wenn man all diese Becher aneinander legen würde, entstünde eine Strecke von über 1.200 Kilometern – ungefähr die Entfernung von Berlin nach Rom. Wir stellen uns daher die Frage: Wie umweltfreundlich ist der Fußball?

 

Müllvermeidung – lästig, aber notwendig

Dabei wäre genau das eine der einfachsten Stellschrauben überhaupt, Plastikmüll im Fußball zu reduzieren. So ist ein Mehrwegbecher schon nach fünfmaliger Nutzung nachhaltiger als ein Einwegbecher.

Und selbst die besonders beliebten, bedruckten Exemplare gehen im Fußballstadion rund acht bis zwölf mal in den Ausschank, bevor sie von Fans aus dem Kreislauf genommen, zu Hause weiterbenutzt und gesammelt werden.

Unbedruckte Becher gehen im Schnitt sogar 41 mal über die Theke – weniger Müll, mehr Nachhaltigkeit. Auch beim FC Bayern und im Dortmunder Westfalenstadion werden inzwischen (zumindest teilweise) Mehrwegbecher benutzt.

Meist ist eine Umstellung aber die harte Arbeit von Faninitiativen, die Vereine selbst behandeln das Thema eher stiefmütterlich.


So geschehen auch in Dortmund:  Die Petition eines Fans in Zusammenarbeit mit der Deutschen Umwelthilfe erhielt über 100.000 Unterschriften, im Anschluss wurde in einem Teil des Stadions ein Mehrwegsystem eingeführt.

Das in Gästebereich und Südtribüne weiterhin Einwegbecher verwendet werden, begründet der Verein folgendermaßen: Dies sei “Wunsch und Anraten der Sicherheitsbehörden” gewesen.

Dabei wurde längst ungefährliche Mehrwegbecher entwickelt, die in Sachen Sicherheit bei Sportveranstaltungen den Einwegbechern in nichts nachstehen. Eine sehr fadenscheinige Ausrede also – frei nach dem Motto “eigentlich ist es uns eh egal”.

 

Schalke: ein absolutes Negativbeispiel

Die Dortmunder sind in dieser Hinsicht (traurigerweise) trotzdem noch besser als der FC Schalke, wo im gesamten Stadion weiterhin Einwegbecher gefüllt werden. Anstatt Mehrwegbecher einzuführen, werden die Einwegbecher dort lediglich gesammelt, z. B. in eigens dafür aufgestellten Sammelröhren.

So sollen in der laufenden Saison “bis zu 40%” des entstehenden Mülls ordentlich recycelt werden. Die größte Frechheit folgt allerdings noch: Der Verein wirbt auf seiner Website damit, dieses System “schone die Umwelt und sei nachhaltig”.

Wenn “bis zu 40%” der Abfälle recycelt werden, kann man sich leicht ausrechnen, dass mindestens 60% der Becher auf Schalke als Müll und in der Verbrennung enden – der einzige nachhaltige Effekt ist für die Umwelt katastrophal und das Werben mit Klimaschutz nur Wunschdenken.


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Neben den beiden großen Clubs aus NRW nutzten auch 12 weitere der 36 Vereine in den beiden obersten deutschen Ligen Einwegbecher bei ihren Heimspielen 2018/2019.

In den meisten Fällen wird das Thema gar nicht erst zu einem solchen gemacht, ignoriert und totgeschwiegen. Zudem gibt es auch viele gängige und falsche Vorurteile gegenüber den Mehrwegbechern.

So gibt es in 6 Stadien zum Beispiel Einwegbecher aus Polymilchsäure (PLA), die biologisch abbaubar sind, auf Mais-Basis hergestellt werden und als angeblich genauso umweltfreundlich wie Mehrweg angepriesen werden.

Bei der Herstellung werden zwar gegenüber normalen Einwegbechern fossile Rohstoffe eingespart, jedoch wird beim Maisanbau die Umwelt stark belastet – durch Pestizide, Düngemittel und Co. Eine Ökobilanzstudie kam letztlich zu dem Ergebnis, dass keine ökologischen Vorteile gegenüber herkömmlichen Plastikbechern bestehen.

 

Choreos – klimapolitisch fragwürdig

Leider sind Einwegbecher aber nicht das einzige Umwelt-Problem des Fußballs. Um eine effiziente Verwendung von Ressourcen geht es aber auch bei den riesigen Choreographien, die Woche für Woche in den Stadien der Bundesliga zu sehen sind.

Ein paar bekannte Beispiele: Eine der aufwändigsten Choreos der letzten Jahre war zweifelsohne die 35 mal 350 Meter große Blockfahne der Dynamo-Dresden-Fans. Rund 13 000 Quadratmeter Stoff und zweieinhalb Jahre Arbeit für eine Choreo, die im Stadion am Ende für einige Minuten zu sehen war.

Diese Dynamo-Blockfahne wurde wohl nicht nach dem Spiel entsorgt – allerdings wird sie auch keineswegs bei jedem Heimspiel gezeigt.

Choreos werden generell immer größer und aufwändiger: Ein weiteres Beispiel ist die Choreographie der Eintracht-Fans vor dem EL-Halbfinale 2018/2019: Es wurde eine riesige Blockfahne gezeigt, auf der über 100 kleine Motive zu sehen waren.

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Das Material dafür soll ungefähr 1,4 Tonnen gewogen haben – für ein paar Minuten vor einem Spiel. Effiziente und wirklich sinnvolle Ressourcenverwertung sieht ganz sicher anders aus.

Auch die traditionellen Choreographien aus tausenden kleinigen Pappen und Kartons werden häufig nach dem Spiel nicht wieder eingesammelt, sondern entsorgt und mit nach Hause genommen.


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Dabei bestünde hier sogar die Möglichkeit, das Material wiederzuverwenden. Choreos in Fußballstadien sorgen mit Sicherheit für Gänsehautmomente und sind echte Highlights für jeden Fußball-Fan.

Trotzdem sollten sich auch in diesem Bereich Gedanken über Nachhaltigkeit und sinnvolle Ressourcennutzung gemacht werden – so wie aktuell gehandhabt ist eine Choreo ökologisch gesehen eine Katastrophe.

 

Weitgefächerte und ungenutzte Verbesserungsmöglichkeiten

Aus Klimaschutz-Sicht ist auch die An- und Abreise vor Fußballspielen ein von Woche zu Woche wiederkehrendes Fiasko. Jede Woche fliegen zahlreiche Bundesliga-Teams innerhalb des Landes zu ihren Auswärtsspielen.

Das ist zweifelsohne bequemer als andere Transportmittel – mit dem Bus würde man von München nach Hamburg einfach länger brauchen. Und da Geld die (Fußball-)Welt regiert und eine lange Anreise bei den meisten Bundesligisten unter “suboptimale Spielvorbereitung” fällt, steigt man in den Flieger.

Auch die Fan-Anreise produziert Massen an CO2, fährt ein Großteil der Fans immer noch mit dem eigenen Auto zu den Spielen des Lieblingsvereins. Hier wäre die Nutzung des Fahrrads und/oder des ÖPNV die naheliegendste Alternativen.

In einigen Fällen ist das Bahn-Ticket auch schon in der Eintrittskarte enthalten: Diese ist dann rund um das Spiel auch als Fahrkarte gültig.

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Doch auch das ist nicht der letzte Punkt, an dem Handlungs- und Verbesserungsbedarf besteht: Auch beim Thema Stadionwurst, in Sachen Energiewende und bei der Transparenz besteht Verbesserungsbedarf.

So könnten durchaus in mehr Stadien fleischlose Essens-Alternativen angeboten werden. Auch die Installation von Solaranlagen auf den Dächern aller Stadien in der Bundesliga wäre eigentlich unproblematisch.

Hier wäre ein populäres Beispiel das Bremer Weserstadion – mit den dort vorhandenen Photovoltaik-Einrichtungen können nach eigenen Angaben des Vereins rund 300 Haushalte mit Strom versorgt werden.

Zusätzlich sollten auch die C02-Bilanzen der Klubs im Stadionheft abgedruckt werden – im Sinne der Transparenz. Diesen Gedanken äußerte Vincent Lohmann, „Fridays For Future“-Aktivist in einem Interview mit der Sport BILD.

Ebenso regte er eine Umstellung von Papier- auf elektronische Tickets an. Das zeigt einmal mehr, an wie vielen Stellen im Fußballbusiness ökologisch vernünftige und nachhaltige Schritte möglich sind.

 

Und nun?

Wichtig ist letztlich, dass sich wirklich etwas verändert, dass ein Bewusstsein für Umwelt und Klima geschaffen wird.

Durch Vereine, die sich engagieren (wie die TSG 1899 Hoffenheim, die in dieser Saison all ihre Emissionen durch die Finanzierung eines WWF-Projektes ausgleichen möchte), und durch Fans, die sich Gehör verschaffen und ihre Ideen einbringen (wie bei der Einführung der Mehrwegbecher in Dortmund).

Vielleicht braucht die Fußballwelt aber auch in dieser Hinsicht eine Galionsfigur – einen zweiten “Non-Flying Dutchman” aka Dennis Bergkamp sozusagen. Der müsste dann natürlich aus Umweltbewusstsein nicht fliegen und nicht aus Flugangst.

Und im Idealfall eine Debatte anstoßen, die auch wirklich zu etwas führt. Wenn die Klimakrise abgeschwächt werden soll, wenn ernsthafte Bestrebungen existieren, die Ziele des Pariser Klimaabkommens zu erreichen – dann kann auch der Fußball nicht weiter wegschauen. Und seine Fans erst recht nicht.

Simon
Wenn mich der Journalist bei Fußball Manager früher gefragt hat, von welcher Sportart sich der Fußball etwas abschauen kann, war meine Antwort stets: "Ich bin generell ein sehr sportbegeisterter Mensch."

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2 comments

  1. am Besten wir hören mit dem Fußball ganz auf. Durch sie Aktivität der Spieler atmen die auch schneller und verbrauchen so mehr Sauerstoff und atmen Kohlendioxid aus. Das ist ebenfalls schädlich.

    • Auch das Absenden deines Kommentars verbraucht Strom, am besten hört man gleich mit dem Kommentieren auf … man kann alles übertreiben! Es ging lediglich darum aufzuzeigen, wie umweltunfreundlich der Fußball ist und dass man hier mit einfachen Mitteln und Wegen ohne Qualitätsverlust einen großen Beitrag leisten könnte. Dass Millionen von Becher weggeworfen werden, muss nicht sein. Und der Stadionbesuch wäre nun wirklich nicht schlimmer, wenn es halt ein Mehrwegbecher wäre.

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