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Endlich wieder Augenmerk auf la Masia – Die Hoffnung des FC Barcelona

La Masia, die weltweit bekannte Nachwuchsakademie des FC Barcelona, ist ins Stocken geraten. Aus den glorreichen Guardiola-Jahren von 2008 bis 2012, als Barça den Weltfußball mit Spielern aus dem eigenen Unterbau beherrschte, sind nur noch drei übrig geblieben: Gerard Piqué, Lionel Messi und Sergio Busquets.

Diese drei sind ebenfalls mit 33 und 32 Jahren die ältesten Spieler des Kaders. Das nächste Eigengewächs, welches noch im Kader des FC Barcelona steht, ist der 28-jährige Sergi Roberto – und dann folgt sechs Jahre nichts. Ob Adama Traoré, Alejandro Grimaldo, Munir El Haddadi, Denis Suárez, Sergi Samper, Gerard Deulofeu oder Rafinha: Keiner dieser Akteure ist noch ein Teil seines Jugendklubs, dem FC Barcelona.

Erst der 22-jährige Carles Aleñá beendet die Durststrecke im Kader. Was war in diesen 6 bzw. 10 Jahren bloß los bei Barça, dass kein Spieler in diesem Zeitraum Fuß bei der ersten Mannschaft fassen konnte? Und warum besteht Hoffnung für die Zukunft?


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Transferpolitik des FC Barcelona

Seit dem Sommer 2012 hat der FC Barcelona fast 1,4 Millarden Euro Ablöse für neue Spieler bezahlt (Quelle: transfermarkt.de). Zum Vergleich: Der FC Bayern München gab seitdem 554 Millionen aus, Erzrivale Real Madrid knapp eine Milliarde Euro.

Statt auf die eigene Jugend zu setzen, verpflichtete Barça lieber fertige Spieler. Einem Adama Traoré wurden Neymar oder Arda Turan und Aleix Vidal vorgesetzt (die beiden haben 51 Millionen gekostet!). Für Alejandro Grimaldo wurden im Jahr vor seinem Abgang als Linksverteidiger-Backups Jérémy Mathieu und mit Abstrichen Thomas Vermaelen geholt – für schlappe 39 Millionen Euro.

Und im zentralen Mittelfeld, wo Rafinha, Denis Suárez und der längst vergessene Sergi Samper spielten? Alex Song, Ivan Rakitic, André Gomes, Paulinho, Arthur oder Arturo Vidal – sie alle wurden den Talenten vorgezogen. Dazu kam natürlich, dass die etablierten Akteure wie Busquets, Messi, Piqué, Pedro, und Alba auf dem Höhepunkt ihres Schaffens waren.

>>> Lest auch: Unser Carles Aleñá Porträt von 2017 <<<
 

 

Busquets>Samper

Durch die teuren Transfers und die bewährten Stars war kein Platz für die Entwicklung eines Sergi Samper oder eines Denis Suárez. Die Konkurrenz auf ihrer Position war einfach zu gut, als dass Spielminuten für die jungen Spieler gerechtfertigt gewesen wären. Bei aller Liebe: Ich verstehe den Trainer, der Neymar vor Deulofeu aufstellt.

Dazu kam noch, dass ein Ernesto Valverde beispielsweise nicht dafür bekannt war, die jungen Spieler besonders zu fördern. Die Talente versauerten dann in Barcelona auf der Bank oder wurden zu anderen Teams verliehen. Dabei laufen und liefen die Leihgeschäfte mit mäßigem Erfolg ab.

Denis Suárez bei Arsenal, Juan Miranda bei Schalke und aktuell Jean-Clair Todibo bei Benfica: Barça gelingt es nicht, die Spieler zu Teams auszuleihen, bei denen sie konstant Spielzeit bekommen. Doch selbst bei den Leihen, bei denen die Spieler viel Spielzeit sammelten (Deulofeu bei Everton, Samper bei Granada oder El Haddadi bei Alavés), konnten sich die Spieler im Anschluss keinen Stammplatz erkämpfen.

>>> Lest auch: Unser Juan Miranda Porträt <<<
 

Es bestand ein Problem, welches viele Top-Teams haben: Damit die Spieler Spielzeit bekommen, müssen sie zu schwächeren Teams ausgeliehen werden. Diese schwächeren Teams sind in den meisten Spielen der Underdog und verbuchen eher wenig Ballbesitz.

Barça hingegen geht (oder ging) als Favorit in jedes Spiel. Die Leihspieler haben zwar bei ihrem vorherigen Team viel Spielzeit bekommen und wichtige Erfahrungen gesammelt, nur eben nicht in der Rolle, die sie bei Barcelona bekleiden sollten. Ein Sechser bei Granada hat andere Aufgaben als ein Sechser bei Barça.

Um sich also auf die Aufgabe bei den Katalanen vorzubereiten, muss der Spieler Geduld mitbringen. Doch da gibt es schon das nächste Problem.

 

Adama Traoré und Alejandro Grimaldo sind nicht Puyol oder Ansu Fati

Als ich meine Textidee mit dem geschätzten und nicht zum Populismus neigenden Kollegen Sascha Felter besprach, sprühte dieser nur vor Ideen: „Schreib doch über Aleñá, Puig und Oriol Busquets und warum die immer alle so hochgejubelt werden, aber dann in der Versenkung verschwinden!“

„In der Versenkung verschwinden“: Ziemlich harte Aussage für drei Spieler, die 22 bzw. 21 Jahre alt sind. Aleñá und Puig sind immerhin Bestandteil des Profikaders. Und Oriol Busquets verbrachte bereits eine Saison als Stammspieler in der Eredivisie.

Die Aussage zeigt aber, wie sich die Wahrnehmung von jungen Spielern in der Öffentlichkeit geändert hat. Man mag es kaum glauben, aber Carles Puyol, der von vielen als einer der besten Innenverteidiger aller Zeiten bezeichnet wird, spielte seine erste richtige Saison als Stammspieler bei Barça mit 23.

 

Spieler sollen Leistungen zeigen und nicht das Potenzial, Leistungen zu zeigen

Wenn du heute mit 23 Jahren noch kein Stammspieler bei deinem Verein bist, giltst du als gescheitert. Spieler aus der Jugend müssen sofort liefern, um auf Spielzeit zu kommen – Ansu Fati macht es vor.

Dabei stellen die Spieler selbst auch immer früher immer höhere Ansprüche. Wieso sollte ein Grimaldo auch Lust darauf haben, fünf Jahre lang hinter Jordi Alba aufgebaut zu werden, wenn er bei Benfica Lissabon Stamm spielen kann?


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Selbiges galt für Adama Traoré: Das Muskelpaket wünschte sich 2015 einen Wechsel. In Barcelona wollten sie ihn noch nicht in die erste Mannschaft hochziehen, stattdessen sollte er weiter bei Barça B entwickelt werden – die waren allerdings gerade in die dritte spanische Liga abgestiegen.

Die Katalanen haben jedoch eine eigene Art, wie mit Spielern der zweiten Mannschaft und aus dem Nachwuchs verfahren wird: Gehören sie am Spieltag zum Kader der ersten Mannschaft, dürfen nur Trikotnummern ab 26 genommen werden.

Wenn sie bei den Profis mittrainieren, ziehen sie noch in der Umkleidekabine ihrer “Stamm-Mannschaft” um, bis sie ein fester Bestandteil des Profikaders sind. Diese durchaus romantische Herangehensweise ist leider nicht für jeden Spieler gedacht.

>>> Lest auch: Unser Porträt zu Oriol Busquets <<<
 

Das galt auch für Traoré und Grimaldo, die zum Zeitpunkt ihres Wechsels viel zu gut für die zweite Mannschaft waren, aber im ersten Team keine Chancen bekamen. Warum dann also bleiben? Es beeinträchtigt ihre Entwicklung, wenn sie zu lange auf einem Niveau spielen, was sie unterfordert. Außerdem verzichten sie auf eine Menge Geld,
welches sie nun bei Wolverhampton bzw. Benfica verdienen.

 

Wie es geht – Sergi Roberto

Wie man sich als Eigengewächs bei den Katalanen beweisen kann, zeigte der bereits erwähnte Sergi Roberto. Dem spanischen Nationalspieler gelang der Durchbruch ebenfalls erst 2015, im Alter von 23 Jahren. Dafür musste der im zentralen Mittelfeld ausgebildete Roberto sein Ego zurückstellen. Mal spielte er auf seiner angestammten Position, mal als Rechtsverteidiger und im Clásico gar als Rechtsaußen.


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Mit dem Abgang von Dani Alves war sein Schicksal dann endgültig besiegelt. Roberto sollte ihn als Rechtsverteidiger ersetzen. Statt zu murren und einen Stammplatz im zentralen Mittelfeld zu fordern (was wohl utopisch gewesen wäre), nahm Roberto die Rolle an und ist seitdem halbwegs unumstrittener Stammspieler.

Damals machten die Katalanen aus der Not eine Tugend: Alves war weg, das Geld war in (die Fehleinkäufe) Turan, Aleix Vidal, André Gomes und Lucas Digne gesteckt worden und es fehlte ein Rechtsverteidiger. Da Roberto sich dort stark präsentiert hatte und es keine anderen Optionen gab, konnte er sich dort festspielen. Und genau das macht Hoffnung für die Zukunft.

 

Wie es weitergeht

Barça ist hochverschuldet. So hochverschuldet, dass der Verein vor einem Konkurs stand, wenn die Spieler nicht einem Gehaltsverzicht von 122 Millionen Euro zugestimmt hätten. Außerdem sind Messi, Busquets und Piqué, die mit Griezmann zusammen die Top-Verdiener des Klubs sind, über ihren Zenit hinaus.

Antoine Griezmanns Probleme beim FC Barcelona

Den Katalanen bleibt gar nichts anderes übrig, als auf Jugendspieler zu setzen. Ronald Koeman scheint ebenfalls gewillt zu sein, gute Leistungen zu würdigen und nicht auf die Namen der Spieler zu schauen.

Belohnt werden Spieler wie die 21-jährigen Óscar Mingueza und Ronald Araujo, die in der Innenverteidigung vor dem schwächelnden Clément Lenglet starten durften. Oder die 18-jährigen Ansu Fati und Pedri, die vor den teuren Transfers wie Griezmann und Coutinho eingesetzt werden.

Im Kader der ersten Mannschaft lauern Puig und Aleñá auf Chancen im zentralen Mittelfeld; bei Barça B scharren bereits der langverletzt gewesene Álex Collado sowie Ilaix Moriba, Oriol Busquets und der schon mit Einsatzzeiten bei den Profis bedachte Konrad de la Fuente mit den Hufen.

Dabei dürfen die Culés hoffnungsvoll sein, dass endlich die nächsten Spieler aus dem eigenen Unterbau die Alt-Stars beerben werden. Das Talent ist da, der Wille der Spieler ist da, ein risikofreudiger Trainer ist ebenfalls da. Nur das Geld, das fehlt.

Besser so.

(Titelbild: @Getty Images)

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Henri Hyna
Liebt guten Fußball und hasst jeden nicht guten Fußball. Versteht aber auch nicht genau, wie guter Fußball funktioniert

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