“Es geht weder um Intensität noch um präzise Ausführung”

Wir hatten die Möglichkeit Sascha Marth, seines Zeichens Torwart-Koordinator der Red Bull Salzburg Akademie, zu interviewen. Dabei gewährte er uns interessante Einblicke in seinen Arbeitsalltag und tauschte sich mit uns über Trainingsmethodik und Prinzipien aus. 

 
Für einen Torwart-Trainer bist du noch sehr jung. Wie kam es zu deinem Engagement in der Red Bull Fußball Akademie?

Dazu kam es relativ unerwartet. Zur Erklärung muss ich deswegen etwas ausholen.

Nach meiner Zeit als Spieler in der Akademie von FK Austria Wien wechselte ich in das österreichische Unterhaus, wo ich anfing, nebenbei für die Torhüter der U9–U16 Trainingseinheiten zu geben. Hinzu kam eine ehrenamtliche Tätigkeit als Torwart-Trainer der Frauen beim SC/ESV Parndorf in der zweiten Frauen-Bundesliga.

Schnell realisierte ich, dass ich meinen Traum vom Profifußballer nicht verwirklichen kann, und fing daher an, mich neu zu orientieren. Ich begann ein Studium für Trainingswissenschaften und Sportmanagement, zusätzlich absolvierte ich alle Trainerausbildungen. Durch meine ehrenamtliche Tätigkeit bei den Damen lernte ich den damaligen Torfrauen-Trainer der U17 kennen.

Dieser gab mir die Möglichkeit, seine Trainingseinheiten in der Akademie von Admira Wacker zu übernehmen, wenn er selbst auf Reisen mit dem Nationalteam war. So wurde der damalige Koordinator in Salzburg, Stefan Loch, auf mich aufmerksam und kontaktierte mich. Es war eine große Überraschung, und ich freute mich riesig auf die neue Aufgabe. Mittlerweile bin ich in meiner vierten Saison in der Akademie und seit Mai Torwart-Koordinator.

 
Vergangene Saison erlangtest du unter anderem das UEFA-A-Level-Diplom für Torwart-Training. Inwieweit spielt persönliche Weiterbildung für dich eine Rolle, und auf welche Weise bildest du dich fort?

Für mich spielt Fortbildung eine wichtige Rolle. Allerdings finde ich, dass nicht die Lizenzen einen am meisten weiterbringen, sondern die vielen Dinge, die man abseits zusätzlich tun kann. Dazu zählen unter anderem Konferenzen oder auch Hospitationen. Ich – für meinen Teil – versuche, in meinem 3-wöchigen Urlaub im Sommer mindestens eine Woche für Hospitationen zu nutzen. So kam es, dass ich bereits bei FC Valencia, Southampton FC, Hannover 96, VfL Wolfsburg, Eintracht Braunschweig, RB Leipzig und vielen anderen zu Gast sein durfte.

Ich finde, die beste Fortbildung ist der Austausch mit Kollegen. Daher bin ich mit einem engeren Kreis an Torwart-Trainern ständig im Austausch. Wir diskutieren dabei verschiedene Übungsformen und Ideen.

Falls sich also wer von den Lesern findet: Ich bin für jeglichen Austausch dankbar!

 
Salzburg ist dafür bekannt, seinen Mannschaften eine Spielphilosophie an die Hand zu geben, die sich durch den kompletten Verein zieht. Habt ihr als Torwart-Trainer eine ähnliche Vorgabe, nach der ihr eure Keeper trainiert? Besteht ein größerer Plan, nach dem trainiert wird?

Klar gibt es einen Plan! Wir arbeiten nach „Die Kunst des Torwartspiels oder die sieben Prinzipien der Meister“ von Hans Leitert. Es ist ein tolles Konzept und verkörpert meiner Meinung nach alles, was das Tormannspiel hergibt. Ich finde, dass so ein Plan sehr wichtig für die Ausbildung von jungen Torhütern ist, da er Rücksicht auf die individuelle Ausrichtung und die Bedürfnisse der Jungs nimmt.

 
Ab welchem Alter beginnt ihr mit spezifischem Torwart-Training?

Wir beginnen ab der U12 mit dem spezifischen Torwart-Training. Davor haben wir auch keinen fixen Torhüter in den Mannschaften. Es darf jede Woche jemand anderes ins Tor.

Fotocredit: red bull / gepa pictures

 
Ich persönlich handhabe es so, dass ich meine Torhüter in jeder Einheit ganzheitlich trainiere, was vorrangig daran liegt, dass wir nur einmal pro Woche trainieren. Wie handhabt ihr das? Wie oft trainiert ihr? Setzt ihr pro Einheit verschiedene Schwerpunkte?

Wir haben 6 x die Woche Training mit den Torhütern der Akademie, dazu zählen jene der U15, U16 und U18. Wir Torwart-Trainer sind jedes Mal dabei und stimmen uns mit den Cheftrainern über die Trainingsinhalte und Trainingszeiten ab. Am Beginn des Halbjahres erstellen wir ein individuelles Profil von jedem Torhüter und setzen so unsere Schwerpunkte. Dieses Profil wird dann zu Beginn des zweiten Halbjahres aktualisiert.

 
Wie sieht deine Beziehung zum Torwart-Trainer des FC Red Bull Salzburg, Herbert Ilsanker, aus? Tauscht ihr euch regelmäßig über Trends, Spieler und Übungen aus?
Wie bereits erwähnt tauschen wir Torwart-Trainer uns regelmäßig aus. Herbert kommt dazu sehr häufig in der Akademie vorbei. Auch wir können jederzeit bei Herbert am Trainingsgelände des FC Red Bull Salzburg vorbeischauen. Ich würde sagen, dass der Austausch hervorragend funktioniert.

 
Wie stehst du zu den modernen Trainingsmethoden, nach denen viele Trainer ihre Keeper mit kognitiven Übungen zunächst im Kopf fit machen wollen und danach erst die physische Komponente trainieren?

Wir sollten die Trennung von Körper und Geist seit der Antike überwunden haben.
Spaß beiseite! Ich bin davon überzeugt, dass wir leider noch sehr wenig über das Gehirn und dessen Verwendung im Training wissen. Ich versuche, meine Trainingseinheiten immer so wettkampfnah wie möglich zu gestalten – von kleinen zu großen Formen. So ist es essenziell, auch kognitive Schwerpunkte ins Training einzubauen.

Welche Art von Torwart-Trainer bist du: Eher weniger Intensität und dafür mehr Präzision oder eher mehr Belastung bei unsauberer Ausführung? Warum?

Weder noch! Ich würde sagen, dass es im Tormann-Training weder um Intensität noch um präzise Ausführung geht. Wir machen oft den Fehler, dass wir uns an einem Idealbild orientieren. Das „moderne Torwartspiel“ ist jedoch derart komplex geworden, dass es schwer möglich ist, die diversen Situationen in Idealbilder zu zwängen. Jeder Torhüter hat eine individuelle Technik. Mir geht es im Training darum, welche Lösung unsere Torhüter für diverse Situationen finden, und vor allem, wie schnell sie diese finden.

Um die Frage letztlich zu beantworten: Ich glaube, die Intensität richtet sich nach der Spielsituation, die wir als Schwerpunkte definiert haben.
 

Fotocredit: red bull / gepa pictures

 
Inwieweit beeinflussen deine eigenen Erfahrungen als Spieler deine Trainingsarbeit? Gibt es Dinge, die dir als Spieler nicht gelungen sind, und ist es dir daher ein Anliegen, genau diese bei deinen Spielern zu trainieren?

In Technik/Taktik greife ich eher weniger auf meine Erfahrungen zurück, waren ja auch nicht so viele (lacht). In persönlichen Fragen hingegen erzähle ich oft, wie es mir ergangen ist, um den Burschen eine zweite Erfahrung mit auf den Weg zu geben, etwa wie man mit Druck umgehen kann. Über solche Inhalte diskutieren wir oft abseits des Trainings.

 
Wie wichtig ist bei der Verpflichtung und Ausbildung von jungen Keepern die persönliche Komponente? Sucht ihr nach speziellen Persönlichkeiten und trainiert ihr sie auch für mentale Stärke?

Wir suchen Torhüter, die gewillt sind, an sich zu arbeiten und sich weiterentwickeln zu wollen. Wir haben die glückliche Situation, dass wir sehr gute Psychologen als Experten haben, die den Burschen auf ihrem Weg zu mentaler Stärke und bei der Entwicklung der eigenen Persönlichkeit weiterhelfen.

 
Abschlussfrage: Was muss für dich der perfekte Torhüter haben?

Das ist eine schwierige Frage, da jeder Torhüter individuell betrachtet werden muss. Außerdem ist es auch abhängig von den Anforderungen in der Liga. Ich würde jedoch sagen, dass ein Torhüter eine gewisse Physis, technisches und taktisches Verständnis und gewisse Fertigkeiten mitbringen muss. Ganz wichtig in meinem Bereich sind jedoch der ständige Wille, sich zu verbessern, und der Mut zu Fehlern.
 


Wir danken Red Bull Salzburg für das Bildmaterial und vor allem Sascha Marth für seine Offenheit, dass er sich die Zeit genommen hat. Auf Twitter und Instagram ist er unter @MarthSascha und saschamarth zu finden.

Fotocredit: red bull / gepa pictures

Sascha
Hat genauso eine Daseinsberechtigung wie Torrichter während der Champions League Spiele. Passionierter Schachtelsatzschreiber. Gilt intern nicht umsonst als L’Akquisiteur – wenn nicht da, dann zumindest bei sich selbst. Man soll sich immerhin treu bleiben wie Javier Pinola den Überresten seiner Haare. Glaubt noch immer, dass in Enes Ünal ein Weltklassestürmer schlummert, den aber nicht einmal Houdini hervorzaubern könnte. Einziges Vorbild von Max Dettmer.

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