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Lazio: Mit Immobile und Inzaghi zum Scudetto?

Lazio. Genau, nicht der AC Milan, nicht Inter, nicht der SSC Napoli, nicht die Roma und nicht das (absolut sehenswerte) Atalanta. Richtig, Lazio ist drauf und dran, dem übermachtigen Juventus den Titel der Serie A streitig zu machen.

Nach 26 Spieltagen liegt die Mannschaft von Simone Inzaghi – der Bruder von Abstauber-Legende Filippo Inzaghi – zwei Punkte vor dem 35-fachen italienischen Meister (welcher ein Spiel weniger hat). Der Aufschwung von Ciro Immobile & Co. kommt durchaus überraschend: Zwar gewannen sie in der vergangenen Saison den italienischen Pokal, erreichten in der Liga jedoch nur den 8. Platz.

In dieser Saison jedoch besitzt Lazio nach 26 Partien mit 62 Punkten bereits drei Punkte mehr als am Ende letzter Saison. Dabei ist der Kader größtenteils identisch geblieben – was macht die Mannschaft Inzaghis diese Saison so stark?


Lazio Aufstellung Taktik

 

Lazio Taktik-Analyse:Flexibel gegen den Ball

An der Grundformation hat Inzaghi im Vergleich zur letzten Saison nichts geändert: Lazio läuft in einem 3-5-2 auf, was gegen den Ball zu einem 5-3-2 wird. Allerdings verharren die „biancocelesti“ nicht statisch auf ihren Positionen, sondern finden besonders gegen den Ball viele unterschiedliche Positionen.

Torjäger Ciro Immobile und sein Sturmpartner (Correa oder Caicedo) laufen den Gegner stets als Doppelspitze an. Der ballnahe Stürmer schiebt dabei auf den ballführenden Innenverteidiger heraus. Gleichzeitig nimmt der ballferne Stürmer eine Art Zwischenposition zwischen dem ballfernen Innenverteidiger und dem zentralen Mittelfeldspieler des Gegners ein. Das erlaubt ihm, bei einem Pass auf einen der beiden Spieler diesen unmittelbar unter Druck setzen zu können.

Die 3er Mittelfeldreihe dahinter setzt sich aus den Achtern Luis Alberto und Sergej Milinkovic-Savic sowie dem altgedienten Sechser Lucas Leiva zusammen.

Ziel der Mittelfeldspieler ist es, das Zentrum möglichst kompakt zu halten und den Gegner auf den Flügel zu lenken. Bei Pressingauslösern wie beispielsweise einer schlechten Ballannahme schieben sie auch vereinzelt bis auf den Innenverteidiger durch.


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Am interessantesten ist jedoch das Verhalten der Fünferkette Lazios. Statt immer enge Bindung an die Kette zu halten, preschen die Verteidiger der Biancocelesti auch mal 10-20 Meter aus der Kette heraus, um ein mögliches Aufdrehen des Ballführenden zu verhindern.

Was riskant klingt, wird durch das richtige Einsetzen dieser Verhaltensweise extrem effektiv. Die Spieler sind hervorragend darin, den richtigen Moment zum Herausrücken zu finden. Außerdem rückt der restliche Abwehrverbund sofort enger zusammen und schließt die entstandene Lücke schnell.

Lazio versteht es herausragend, die Abwehrkette immer kompakter werden zu lassen, umso näher der Gegner am Tor dran ist. Verbunden mit dem extrem disziplinierten Verschieben der Achter und einem bemerkenswerten Rückwärtsverhalten der Stürmer scheint es teilweise unmöglich, gegen Inzaghis Schützlinge ein Tor aus dem Zentrum zu erzielen.

 

Zentrum Inzaghis Schlüssel zum guten Fußball

Die Römer können ebenfalls mit ihrer Offensive glänzen: Lazio hat mit 60 Toren die zweitmeisten Tore der Liga geschossen, 12 Tore mehr als Spitzenreiter Juventus Turin. Wieder ist das Zentrum die entscheidende Zone: Diesmal soll sie jedoch bespielt und nicht zugestellt werden.


Lazio Aufstellung Taktik

Im Spielaufbau positioniert sich Lazio in einer Art 3-1-4-2. Die Flügelläufer schieben wie die beiden Achter hoch, während Lucas Leiva als alleiniger Sechser im Spielaufbau bleibt. Dabei ist es der Mannschaft Inzaghis wichtig, nicht zuviele Spieler im Spielaufbau zu „verbrauchen“. Kann sich Lazio nicht aus dem Pressing lösen, wird der Ball eben lang geschlagen – durch die vielen hochstehenden Spieler kann Lazio schnell Zugriff auf den ersten und den zweiten Ball erzeugen.

Dabei gelingt es ihnen durchaus, Szenen oft spielerisch und flach zu lösen. Luis Alberto bewegt sich freier als sein Pendant Milinkovic-Savic. So unterstützt er häufig im Spielaufbau mit dynamischen zurückfallenden Bewegungen. Mit seiner starken Technik löst er sich aus Pressing-Situationen mit kleinen Dribblings und startet so den Angriff der Römer.

Ansonsten dribbeln besonders die Halbverteidiger, Luiz Felipe und Stefan Radu, aggressiv an. Acerbi als zentraler Innenverteidiger wird dabei vorrangig als Durchlaufstation genutzt, die es Felipe und Radu erlaubt, aus einer breiteren Grundposition ins Dribbling zu gehen.

Dabei überbrücken sie gerne 10-20 Meter mit Ball, bis ein Gegner herausschiebt. Wenn ein Gegenspieler auf sie herausrückt, kommt ein flacher Laserpass ins Zentrum – entweder auf den hochstehenden Achter oder auf einen Mittelstürmer.


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Bei einem Pass auf den Mittelstürmer lässt dieser oftmals auf den Achter klatschen, der mit seinem Körper bereits zum Tor ausgerichtet ist. Simples, aber effektives Spiel über den dritten Mann.

Falls Lazio mal nicht flach eröffnen kann, spielt Torwart Thomas Strakosha den Ball lang und hoch. Je nach Situation erreicht der Ball entweder den großgewachsenen Milinkovic-Savic, der bis in die letzte Linie durchschiebt, oder einen der Stürmer. Gegen tief stehende Teams versucht Lazio, durch Überladungen auf der Ballseite eine gute Staffelung für den zweiten Ball herzustellen.

Falls der Gegner jedoch wenige Spieler in der Restverteidigung hat, versucht der entgegenkommende Spieler den Ball per Kopf direkt in die Tiefe weiterzuleiten. Der Stürmer auf der anderen Seite sprintet in die Lücke hinein und läuft im Idealfall frei aufs Tor zu. Auch hier: Simpel, aber effektiv.

 

Der Ciro Immobile Effekt

Bei allem Lob für das Defensiv- und Offensivspiel der Mannschaft Lazio Roms – ohne einen unglaublichen Ciro Immobile wäre der jetzige Erfolg unmöglich. 27 der 60 Tore der Römer wurden vom italienischen Mittelstürmer erzielt – mit zusätzlich 7 Vorlagen ist er an mehr als der Hälfte der Tore (!) direkt beteiligt. Hätte man den in Dortmund nur mal zum Essen eingeladen…

Hauptverantwortlich für seine Torquote ist sein überragendes Bewegungsspiel: Immobile weiß, wann er im richtigen Moment in der richtigen Position auftaucht. Nur ein einziges Tor hat der Italiener von außerhalb des Strafraums erzielt, sonst trifft er nur innerhalb des Sechzehners.

Dabei ist Immobile nicht nur mit seinem Torriecher für die Mannschaft wichtig. Er reibt sich gegen den Ball unheimlich auf, ist unangenehm für die gegnerischen Innenverteidiger und arbeitet diszipliniert zurück.


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In Ballbesitz bereitet er nach Luis Alberto die meisten Torschüsse (und Tore) des Teams vor. Der italienische Mittelstürmer zeigt sich umtriebig und nimmt an kleinräumigen Kombinationen teil. Im Vergleich mit alten Dortmund-Zeiten hat er sich hier deutlich verbessert.

Zusätzlich profitiert Immobile von besagtem Kreativspieler Luis Alberto. Der Spanier ist von unschätzbarem Wert für das Offensivspiel Lazios. Alberto gibt ligaweit die meisten Torvorlagen (12) und befindet sich in unglaublicher Form.

Dabei kann der Achter zwischen flachen Schnittstellenpässen, diagonalen Chipbällen und kurzen Steckpässen variieren. Luis Alberto ist ein Albtraum für jeden Gegner – und ein Traum für jeden Stürmer. Jeder noch so schwer zu sehen und bespielende Laufweg Immobiles wird von Alberto bedient.

Doch spricht man über Immobiles unglaubliche Torquote und den Erfolg Lazios, darf ein Thema nicht unerwähnt bleiben.

 

Wenn nicht mit Schnittstellenpass, dann per Elfmeter

Strafstöße sind Teil des Fußballspiels. Und bei Lazio sind sie sehr oft Teil des Spiels. Mit insgesamt 14 (!) Elfmetern haben die Römer öfter als jedes zweite Spiel einen Elfmeter. Von den Strafstößen wurden 11 verwandelt – 10 gehen alleine auf das Konto Immobiles.

Ich würde jetzt gerne eine Erklärung dafür abgeben, warum das so ist – nur weiß ich keine. Klar, Lazios Präsenz im Strafraum ist hoch und es die Wingbacks bringen viele Flanken in den Sechzehener. Mit Sicherheit hilft, dass ein Ciro Immobile im Strafraum jedem Ball hinterherjagt und direkt ins Pressing geht.

Sicherlich hilft, dass ein Correa sehr schwer vom Ball zu trennen, Luis Alberto extrem wendig und Lulic dribbelstark ist. Eine zufriedenstellende Erklärung für die Elfmeter-Statistik Lazios liefert das jedoch nicht. Irgendwie springt der Ball bei den Gegnern eher mal an den Arm, wenn es gegen Lazio geht – Inzaghi wird es freuen.

 

Die Erfolgsstory von Inzaghi und Immobile?

Trotz der guten Arbeit des Trainers und dem letztjährigen Erfolg im italienischen Pokal hätte vor der Saison wohl kaum jemand damit gerechnet, dass Lazio nach 26 Spielen an der Spitze der Tabelle der Serie A steht. Zusätzlich stellen die Römer mit Ciro Immobile den erfolgreichsten Torjäger aller europäischen Topligen mit satten 27 Treffern und mit Luis Alberto den erfolgreichsten Vorlagengeber Italiens.

Einzig das extrem offensive Atalanta Bergamo erzielte in dieser Saison mehr Tore in der Serie A. Allerdings war Lazio seit der Übernahme Inzaghis immer eine offensiv gefährliche Mannschaft. In seiner vierten Saison ist es Inzaghi nun gelungen, endlich die Defensive zu stabilisieren.

Das disziplinierte defensive Verhalten aller Spieler und der zweite Frühling von Lucas Leiva und Francesco Acerbi macht Rom zu dem Team mit den zweitwenigsten Gegentoren der Serie A. Statistiken einer absoluten Topmannschaft.


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Kann es am Ende sogar für den ganz großen Wurf, dem „Scudetto“, reichen? Prinzipiell spricht einiges für die Römer. Niemand erwartet einen Meistertitel von ihnen, sie haben keine Doppelbelastung und die Mannschaft konnte in den Spielen gegen andere Top-Mannschaften stets überzeugen.

Jedoch hängt der Titelgewinn noch von anderen Faktoren ab: Können Immobile und Alberto ihre unglaubliche Form beibehalten? Bleibt die Mannschaft von Verletzungen verschont? Bekommen sie weiterhin so viele Elfmeter?

Wird es am Ende nur der langersehnte Einzug in die Champions League, wird sich in Rom vermutlich niemand beschweren. Der Gewinn der Meisterschaft hätte jedoch nicht nur für die Römer große Bedeutung, sondern würde die so klar erscheinenden Machtverhältnisse der Serie A gehörig auf den Kopf stellen.

Henri Hyna
Liebt guten Fußball und hasst jeden nicht guten Fußball. Versteht aber auch nicht genau, wie guter Fußball funktioniert

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