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Die geplante Newcastle-Übernahme in der Analyse

Ende Mai 2023, Wembley Stadion. Im Finale der UEFA Champions League stehen sich Paris Saint-Germain und Newcastle United gegenüber. El Cashico 2.0, ein Albtraum für jeden Fußball-Romantiker.

Die hochkarätigen Teams kämpfen an diesem Abend im Nordwesten Londons jedoch nicht nur um die Krone des europäischen Fußballs. Denn dem Duell, das 15 Jahre zuvor auf dieser Bühne noch reichlich surreal gewirkt hätte, liegt nicht zuletzt ein geopolitischer Konflikt zugrunde, der die gesamte Golfregion in Atem hält.

Doch was hat dieser gefühlt so ferne Konflikt zwischen Katar und Saudi-Arabien mit einem möglichen Champions League Finale zu tun? Darüber soll der folgende Text Auskunft geben.

Inhaltsverzeichnis:

– Die Katar-Blockade oder die Riad-Doha-Rivalität
– Ein Pakt mit dem Teufel?
Sportswashing und Smart Power
– beIN or beOUT?
– Fazit


Die Katar-Blockade oder die Riad-Doha-Rivalität

(Im folgenden Abschnitt werden die Hintergründe der saudisch-katarischen Rivalität beleuchtet. Wer diesen Part lieber überspringen will, sollte hier klicken)

Am Morgen des 5. Juni 2017 wurde die Weltöffentlichkeit von einer ungewöhnlichen Nachricht aus der Golfregion überrascht. Saudi-Arabien und mehrere seiner Verbündeten – darunter Ägypten, die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) und Bahrain – brachen ihre diplomatischen Beziehungen zu Katar ab und schlossen ihre Grenzen zur Halbinsel.

Alle Verbindungen zu Land, zur See und in der Luft wurden gekappt, der staatlichen Fluggesellschaft Qatar Airways wurden Landegenehmigungen und Überflugrechte entzogen.

Offizielle Begründung des drastischen Vorgehens ist die vermeintliche Rolle Katars als Finanzier von islamistischem Terrorismus.

Doch das vorrangige Ziel der bis heute andauernden Blockade ist ein anderes: Der wohlhabendste Staat der Welt soll isoliert und dessen eigenständige und selbstbewusste Außenpolitik durch massiven Druck korrigiert werden.


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Zu den 13 Forderungen an Katar gehörten u.a. die Schließung des staatlichen Fernsehsenders Al Jazeera, der Abbruch der Beziehungen zu Extremisten wie den sunnitischen Muslimbrüdern oder der im Gazastreifen operierenden Hamas sowie die Schließung eines türkischen Militärstützpunktes.

Die letztgenannte Forderung lässt sich durch die Konkurrenz zwischen den Regionalmächten Saudi-Arabien und der Türkei erklären. Riad missbilligt die türkische Unterstützung der Muslimbruderschaft, während Ankara den Saudis ihre Rolle als Wächter der heiligsten Stätten des Islam neidet.

Die Forderungen hinsichtlich Al Jazeeras und der Muslimbrüder kann man nur vor dem Hintergrund des „Arabischen Frühlings“ verstehen. Katar hat im pragmatischen Islamismus der Muslimbruderschaft eine potenzielle Ideologie für die zukünftige Ausgestaltung der arabischen Welt ausgemacht.

Deshalb unterstütze man – insbesondere in Form medialer Berichterstattung durch Al Jazeera – die Aufstände und Revolutionen ab 2010. Vor allem in Ägypten, wo Massenproteste Hosni Mubarak zum Rücktritt zwangen und demokratische Präsidentschaftswahlen den Muslimbruder Mohammed Mursi 2012 als Sieger hervorbrachten.


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Auf den ersten Blick scheint es verwirrend, dass die sunnitischen Saudis, die dem puristisch-traditionalistischen Wahhabismus als strengster Auslegung des Islam folgen, die Islamisten der ebenfalls sunnitischen Muslimbruderschaft bekämpfen. Dies hat jedoch konzeptuelle sowie handfeste politische Gründe.

Im Gegensatz zu Al-Qaida oder dem selbsternannten „Islamischen Staat“ ist die Muslimbruderschaft weniger eine Terrororganisation als eine panislamische Bewegung, die sich auf die Zustimmung der Massen beruft und damit als populistische revolutionäre Organisation im Gegensatz zu der wahhabitischen Monarchie der Saudis steht.

Dazu kommt eine politische Dimension. Die Saudis haben den Muslimbrüdern bis heute nicht verziehen, dass sich diese bei der Annexion Kuwaits 1990 auf die Seite des irakischen Invasoren Saddam Hussein gestellt haben.

Der vielleicht schwerwiegendste Vorwurf an Katar ist jedoch die (in den Augen der Saudis allzu enge) Kooperation mit dem Iran. Die islamische Republik ist seit ihrer Gründung 1979 Erzfeind der Saudis.

Doch Katar ist aufgrund seiner prekären geopolitischen Lage zwischen den beiden regionalen Schwergewichten von jeher auf gute Beziehungen sowohl nach Riad als auch nach Teheran angewiesen. Ein iranischer oder saudischer Einmarsch nach Vorbild Saddam Husseins in Kuwait, wird als latente Gefahr bewertet.

Darüber hinaus beuten Katar und der Iran im Persischen Golf das South-Pars-Gasfeld aus, welches das größte der Welt ist. Ein gewisses Maß an Kooperation mit dem östlichen Nachbarn ist daher unabdingbar für Doha.


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Die Sorgen der Kataris hinsichtlich einer Annexion scheinen indes nicht unbegründet. Denn es gilt inzwischen als offenes Geheimnis, dass Saudi-Arabien und die VAE im Vorfeld der Blockade 2017 einen Einmarsch vorbereiteten, welcher nur auf Druck des damaligen US-Außenministers Rex Tillerson verhindert werden konnte.

Die USA ihrerseits sollen die Saudis und ihre Verbündeten zwar in Form von Präsident Trump zu einem selbstbewussteren Vorgehen in der Region ermutigt haben, dürften aber aufgrund der wichtigen Al Udeid Air Base südwestlich von Doha, ein klares Interesse an der territorialen Unversehrtheit Katars haben.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass es der von Riad angeführten Blockade vor allem darum ging, den ehrgeizigen Zwergstaat außenpolitisch auf Linie zu bringen. Doha sollte den Hegemonialanspruch Saudi-Arabiens am Golf anerkennen.

Inzwischen lässt sich aber klar erkennen, dass dieses Kalkül nicht aufgegangen ist. Das kleine Emirat hatte aufgrund seiner Rolle als weltweit größter Exporteur von Flüssiggas genug finanzielle Möglichkeiten, um sich dem Würgegriff seiner Nachbarn zu entziehen.

2017 konnte man der Blockade zum Trotz mit zwei Prozent stärker wachsen als die anderen Golfstaaten. Inzwischen strebt man zunehmend in Richtung ökonomischer Autarkie. Ein Symbol für diese Entwicklung sind riesige, hochmoderne Kuhställe, die in der Wüste entstanden sind und Katar hinsichtlich Milchprodukten zum Selbstversorger machen sollen.

Tamim bin Hamad Al Thani, der junge Herrscher des Emirats ging gestärkt aus der Krise hervor, inzwischen zieren riesige Poster mit seinem Konterfei die Fassaden der Wolkenkratzer in Doha.

Ein Pakt mit dem Teufel?

Aber was hat all das mit dem europäischen Spitzenfußball zu tun? Der Ausgangspunkt dieses Artikel ist der geplante Verkauf Newcastle Uniteds an ein ambitioniertes und zugleich höchst umstrittenes Konsortium. Der bisherige verhasste Eigentümer Mike Ashley will den Premier-League-Klub aber nicht an irgendwen veräußern.

Die designierten Käufer, welche sich den Verein 345 Millionen € kosten lassen wollen, werden angeführt vom Saudi Public Investment Fund (PIF). Der Staatsfonds, der mit einem geschätzten Vermögen von 320 Milliarden US-Dollar zu den größten der Welt gehört, soll künftig 80% des Traditionsvereins halten.

Je zehn Prozent gehen an die PCP Capital Partners der britischen Geschäftsfrau Amanda Staveley sowie an die milliardenschwere Investmentgesellschaft Reuben Brothers. Staveley war bereits beim Verkauf von Manchester City an die Abu Dhabi United Group im Jahr 2008 beteiligt.

Obwohl der Deal noch genehmigt werden muss, werden bereits illustre Namen wie Philippe Coutinho, Gareth Bale oder Odysseas Vlachodimos als mögliche Neuzugänge gehandelt. Mauricio Pochettino könnte das in Entstehung befindliche Star-Ensemble trainieren.


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Der Widerstand gegen den Kauf ist jedoch immens. Denn der Vorsitzende des Mehrheitsbesitzers PIF ist kein geringerer als der saudische Kronprinz und de facto-Herrscher Mohammed bin Salman. Der 34-Jährige, der einst als möglicher Reformer des verschlossenen Königreichs gehandelt wurde, ist seit 2015 der weltweit jüngste Verteidigungsminister.

In dieser Funktion führt bin Salman seit fünf Jahren einen völkerrechtswidrigen Krieg im südwestlichen Nachbarland Jemen. Dieser geht mit saudischen Luftangriffen gegen zivile Ziele und einer Seeblockade gegen das ohnehin schon ärmste Land Arabiens einher.

Des Weiteren gilt er der CIA zufolge als Drahtzieher hinter der Ermordung des Regimekritikers Jamal Khashoggi 2018 in Istanbul. Das brutale Vorgehen – nach Angaben türkischer Behörden wurde der Journalist bei lebendigem Leib zerstückelt – zog massive internationale Kritik nach sich. Als Reformer gilt der Kronprinz schon lange nicht mehr.

Um zu verstehen was die Saudis mit der Übernahme der Magpies beabsichtigen könnten, muss man einen Blick in die Geschichte des arabischen Investments im europäischen Fußball werfen.

Sportswashing und Smart Power

Den Grundstein für das Engagement der wohlhabenden Golfstaaten im europäischen Spitzenfußball legte das Emirat Abu Dhabi 2008 mit dem Kauf der Mehrheitsanteile von Manchester City. Abu Dhabi ist der Hegemon in der Föderation der Vereinigten Arabischen Emirate, denen u.a. auch Dubai angehört.

Unter der Ägide von Scheich Mansour bin Zayed Al Nahyan (einem Spross aus der Herrscherfamilie Abu Dhabis) hat sich Man City zu einer Top-Adresse des europäischen Fußballs entwickelt. Die berüchtigte City Football Group vereint inzwischen neun Profiklubs aus aller Welt unter ihrem Dach.

Anscheinend sind auch die Saudis an einem solchen Modell interessiert. So befindet sich die PIF inzwischen auch in Verhandlungen mit dem brasilianischen Erstligisten Botafogo FR aus Rio de Janeiro. An schwarz-weißen Trikots scheint man in Riad Gefallen gefunden zu haben.


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Auch Katar stieg alsbald ins Fußballgeschäft ein. 2010 verkündete der damalige FIFA-Präsident Sepp Blatter zur Überraschung aller, dass die WM 2022 in Katar ausgetragen werde. Das winzige Emirat hatte den Nachbarn Saudi-Arabien und den VAE die Show gestohlen und zog deren erbarmungslosen Neid auf sich.

Nicht umsonst hatten Riad und Abu Dhabi lange vergeblich versucht, die WM 2022 (auch mit Hilfe der Blockade) wenigstens teilweise in den eigenen Stadien stattfinden zu lassen.

2011 stiegen die Kataris dann bei PSG ein, inzwischen halten sie 100% der Anteile. Die Hauptstädter gaben seit dem Einstieg von Qatar Sports Investments, mehr als 1,2 Milliarden € für neue Spieler aus. Darunter die spektakulären Transfers von Neymar, Kylian Mbappé oder Edinson Cavani.

Das ersehnte sportliche Ziel des Champions League-Triumphs blieb beiden Klubs bislang zwar verwehrt, doch sind sie erfolgreich damit, sich zunehmend als globale Marken zu etablieren.

2013 stieg Abdullah bin Musa’ad bin Abdulaziz Al Saud, ein Mitglied der erweiterten saudischen Königsfamilie, bei Sheffield United ein. Dieses Engagement ist aber wohl eher privater Natur und steht in keinem Verhältnis zur geplanten Newcastle-Übernahme.

Doch was genau sind die Intentionen solcher Engagements? Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International äußern den Vorwurf, die Golfstaaten wollten durch Sport-Investments ihre „katastrophale Menschenrechtsbilanz (…) reinwaschen“. Dieser Vorwurf wird allgemein unter dem Begriff des Sportswashing zusammengefasst. Dieses gilt als besonders clevere Form der internationalen PR.

Diese Kritik ist mehr als berechtigt, muss aber um eine Dimension ergänzt werden. Es geht den drei Golfmonarchien Saudi-Arabien, VAE und Katar, deren Reichtum entweder auf Erdöl oder -gas beruht, auch darum, sich ökonomisch für das post-fossile Energiezeitalter zu rüsten.

Investitionen in verschiedenste Branchen sollen die Abhängigkeit vom Rohstoffexport mindern, die eigene Nation soll dadurch auch zur globalen und positiv konnotierten Marke avancieren.

Für Katar stellen Beteiligungen (u.a. an VW, Siemens, Deutsche Bank) oder die medienwirksame Austragung von Großturnieren (neben der Fußball WM 2022 z.B. auch die Leichtathletik WM 2019) zudem eine Art Lebensversicherung dar.

Denn wie bereits erwähnt, ist die Abwendung einer Annexion durch Saudi-Arabien oder den Iran ein konstantes Motiv der Außenpolitik Dohas.

Mit einer Balance aus soft und hard power (Smart Power) versuchen die Kataris daher, möglichst viele ausländische Stakeholder an sich zu binden, die ein Interesse an der Unversehrtheit des kleinen, aber enorm wohlhabenden Emirats haben.

beIN or beOUT?

Durch den angestrebten Kauf von Newcastle United prallen die Langzeitstrategien der Golfmonarchien wieder einmal direkt aufeinander. Dieses Mal ist es die Premier League, die in den Konflikt zwischen Saudi-Arabien und Katar hineingezogen wird.

Medienberichten zufolge wächst inzwischen aber auch bei den Klubs Unbehagen hinsichtlich der Übernahme. Grund dafür ist insbesondere der schwerwiegende Vorwurf der TV-Piraterie.

Hintergrund: Der katarische Sender beIN Sports hält bis 2022 die Exklusivrechte für die Übertragung der Premier League im Nahen und Mittleren Osten. Der Kontrakt ist 500 Millionen Pfund schwer und damit der zweitgrößte TV-Vertrag der englischen Spitzenliga.

Allerdings dürfen seit der Blockade katarische TV-Stationen nicht mehr in Saudi Arabien senden. Die saudischen Fußballfans werden jedoch trotzdem mit hochklassigem Sport versorgt, und das noch dazu kostenlos.

Provider ist der Piratensender beoutQ (der Name ist als Wortspiel auf K(Q)atar gemünzt). BeoutQ sendet das Live-Bild des katarischen Senders nur um wenige Sekunden verzögert und legt einfach das eigene Logo auf die Übertragung.

Ein Untersuchungsbericht der europäischen Top-Ligen und von internationalen Fußballverbänden (FIFA, AFC & UEFA) hat den staatlichen saudischen Satelitenbetreiber ArabSat als Quelle dieser Medienpiraterie ausgemacht.

BeIN Sports, dessen Vorsitzender PSG-Präsident Nasser Al-Khelaifi ist, bezichtigt Saudi-Arabien daher „die größte Piraterie in der Geschichte der Sportübertragungen“ zu betreiben.



Die Premier League, die durch beoutQ indirekten finanziellen Schaden nimmt, könnte also ihre Integrität aufs Spiel setzen, sollte sie den Verkauf an das saudisch dominierte Käuferkonsortium genehmigen.

Darüber hinaus wird vermutet, dass Riad die Akquise der Magpies als Ausgangspunkt nutzen könnte, um sich ab 2022 die Übertragungsrechte für die höchste englische Liga im Nahen Osten zu sichern.

Die Corona-Pandemie hat die Macht der TV-Rechte-Inhaber über die europäischen Fußballwettbewerbe eindrucksvoll demonstriert. Saudi-Arabien würde durch den Erwerb der Rechte eine enorme Machtbasis gegenüber der Premier League erlangen.

Sollte die finanzstärkste Liga der Welt ihre Bildrechte erneut an beIN vergeben, könnte man den Zorn der Saudis auf sich ziehen.

Ein weitere problematische Dimension der geplanten Übernahme sind die partnerschaftlichen Beziehungen zwischen Saudi-Arabien und den VAE, deren mächtigstes Emirat im Besitz von Man City ist.

Die beiden Staaten sind Waffenbrüder im Jemenkrieg und gehen auch zusammen gegen den ungeliebten Nachbarn Katar vor. Die Außenpolitik wird eng zwischen Riad und Abu Dhabi abgestimmt, wenn auch sich die VAE zunehmend als eigenständiger Akteur in der Region etablieren.

Sollte die Übernahme wie geplant vonstattengehen, wären einige heikle Szenarien hinsichtlich Wettbewerbsverzerrung vorstellbar.

Nicht zuletzt könnte auch der Transfermarkt zu einem weiteren Schlachtfeld zwischen den Emporkömmlingen Man City und Newcastle einerseits und PSG andererseits werden.

Fazit

Wie groß die Aversion zwischen den drei Golfstaaten inzwischen ist, bewies nicht zuletzt die Asienmeisterschaft 2019. Das Turnier in den VAE wurde für die Gastgeber und deren Verbündeten Saudi-Arabien zur sportlichen Demütigung.

Denn die Turniersieger aus Katar, die aufgrund der Blockade über den Umweg Kuwait einreisen mussten, bezwangen in der Gruppenphase erst die Saudis mit 2:0 und fegten im Halbfinale die Emiratis mit 4:0 vom Platz.

Die Zuschauer quittierten die Galavorstellung der Kataris mit dem Werfen von Flaschen, Schuhen und Sandalen. Jemanden mit Schuhen zu bewerfen, ist in der arabischen Welt eine ehrabschneidende Beleidigung.


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Die Newcastle-Fans mögen ob der potenziell glorreichen sportlichen Zukunft ihres Vereins euphorisiert sein, doch für die Premier League und den europäischen Klubfußball im Allgemeinen könnte der Einstieg des Saudi Public Investment Fund unter Schirmherrschaft von Kronprinz Mohammed bin Salman drastische Konsequenzen bereithalten.

Der Konflikt zwischen Riad und Doha würde die Premier League erreichen, wo erstmals die Teams von zwei Golfmonarchien zusammen in einer nationalen Liga spielen würden. Bisher konnten sich Manchester City und Paris Saint-Germain in der Champions League und auf dem Transfermarkt noch einigermaßen aus dem Weg gehen.

Dieser Umstand würde der sportlichen Integrität der Liga zweifellos Schaden. Und auch als Unternehmen müsste sich die PL einige Fragen gefallen lassen, sollte man einen Staat als Klubbesitzer akzeptieren, der nachweislich an der Verletzung der eigenen Urheberrechte beteiligt ist.

Am schwerwiegendsten muss aber die verheerende Menschenrechtsbilanz des fundamentalistischen Königreichs bewertet werden. Ja, auch andere PL-Besitzer aus westlichen Ländern sind alles andere als Waisenknaben.


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Zum Beispiel unterstütze Manchester Uniteds Ed Glazer den Wahlkampf von Donald Trump. Der US-Präsident gilt als großer Freund der Saudis und unterzeichnete mit diesen 2017 einen der größten Waffenexport-Verträge der Geschichte.

Ein anderes Beispiel gefällig? Die West Ham-Besitzer Gold and Sullivan machten Geschäfte mit dem Londoner Unterweltboss David Hunt. Von den russischen Besitzern wie Alisher Usmanow (Minderheitseigentümer von Arsenal) ganz zu schweigen.

Und auch das Emirat Abu Dhabi kann man wohl kaum als Verfechter der globalen Menschenrechte bezeichnen. Stichwort Meinungsfreiheit, Gastarbeiter oder Beteiligung am Jemen-Krieg. Gleiches gilt für die katarischen Besitzer von PSG.

Doch aus doppelt Unrecht wird nicht Recht. Der geplante Deal zwischen Mike Ashley und den Saudis wäre eine geeignete Gelegenheit für die Premier League, ihre Besitzer endlich auch an moralischen Maßstäben zu messen.

Mit einem Einstieg Saudi-Arabiens wäre eine neue Dimension erreicht. Anti-Arabische Ressentiments sollte man Kritikern in diesem Falle nicht vorwerfen, es geht schließlich nicht darum arabische Investments per se auszuschließen.

Im Vergleich zu den VAE und Katar ist die wahhabitische Regionalmacht nämlich innenpolitisch besonders fundamentalistisch und rigide. So gab es 2019 dort eine Rekordzahl an Hinrichtungen.

Außenpolitisch tritt das Land unter Führung des jungen Kronprinzen und PIF-Vorsitzenden bin Salman rücksichtslos auf. Stichwort Jemen, Kashoggi oder die Unterstützung salafistischer Gruppierungen im Syrienkrieg.


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Das Investment unter Ägide von bin Salman würde den Saudis die Möglichkeit geben, ihr katastrophales Image durch den Fußball reinzuwaschen. Will man ihnen diesen Gefallen wirklich tun?

Die Premier League würde unweigerlich in die geostrategische Rivalität zwischen Riad und Doha involviert werden.

Ein jetziges Einlenken der Liga wäre womöglich immer noch einfacher, als sich mit einem saudisch-katarischen Geschacher um die ab 2022 verfügbaren TV-Rechte auseinandersetzen zu müssen.

Saudi-Arabien hat bereits mit seiner Milliarden-Offerte an die FIFA bewiesen, dass man mehr als gewillt ist, sich für viel Geld erhebliche Macht im Weltfußball zu sichern.

Es ist nun vorerst an der Premier League, die Pläne der Saudis und ihres ambitionierten Kronprinzen abzuwehren. Hinreichende Gründe gibt es dafür genug.

Letztendlich sollte man aber nicht naiv sein. Die Premier League ist ein gewinnorientiertes Milliardenbusiness, welches bislang noch nicht als ethische Instanz in Erscheinung getreten ist.

Und gute Vorbilder hat die lukrativste Fußball-Liga der Welt auch nicht. So exportieren nur die USA mehr Waffen nach Saudi-Arabien als das Vereinigte Königreich.

Amadeus Marzai
Fun Guy und leidenschaftlicher Streetballer. Seit er denken kann schlägt sein Herz für die Toronto Raptors. Im zweiten Leben Fußball-Fan, der eine Taktik nicht einmal dann erkennen könnte, wenn sein Leben davon abhinge. Für Cavanis Friseur reicht es trotzdem. Auch deshalb, weil Edinson Cavani neben Xabi Alonso sein All-Time Lieblingsspieler ist. Aufgrund seiner vielfältigen Interessen intern als „Random Amy“ verspottet. Einer von mehreren Weltmeister-Abiturienten im Team, der ausdruckstechnisch zu den brillantesten Friseuren gehört.

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