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Die Jugendarbeit bei Benfica: Der Caixa Campus

Die Luftfahrt zeichnet sich durch stetigen Fortschritt aus. Fortschritt, der vor allem durch Beharrlichkeit und dem ständigen Überprüfen von Fehlern vorangetrieben wird. Eine Komponente, diese Fehler zu überprüfen ist eine Blackbox, die sich in jeder Flugmaschine befindet und quasi unzerstörbar ist.

Dadurch kann bei kleineren Schwierigkeiten oder gar schlimmeren Unfällen genauestens überprüft werden, was die Piloten in diesem Moment getan und gesagt haben. Das ist das beste Beispiel dafür, wie aus eigenen Fehlern gelernt werden kann und ein Mitgrund für die sich stetig verringernde Unfallrate bei Verkehrsflügen (im Jahr 2015 gab es bei nur 68 der 37,6 Millionen Flüge Probleme).

Fortschritt durch Überprüfen und Verändern. Sogenannte Bottom-Up Prozesse wie dieser findet man noch viel häufiger im Fußball vor. Glücklicherweise geht es hierbei um wesentlich trivialere Sachen als Flugsicherheit, auch wenn gerne mehr daraus gemacht wird.

Benfica, der Verein, der bis Mitte der Neunziger Jahre der mit Abstand größte Verein Portugals war und seit jeher für seine starke Jugendarbeit berühmt war, begann schon in den Vorjahren abzubauen.

Benfica gewann zwischen 1994 und 2004 keinen einzigen Meistertitel. Erst 2005 krönte man sich wieder zum Meister. Ein Grund dafür waren die Konkurrenten um Sporting und Porto, die mittlerweile aufrüsteten und ihre Talente förderten.

Nicht umsonst brachte Sporting um die Jahrtausendwende Spieler wie Nani, Quaresma und Cristiano Ronaldo hervor. Federführend war hier Pedro Mil-Homens, der von 2001 bis 2011 die Fäden in Sportings Akademie zog.

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Aber auch die Folgejahre waren für die Adler nicht sonderlich erfolgreich. Erst 2010 gewann man wieder einen Meistertitel, ehe 2014 die Dominanz in der Liga mit fünf aus sechs möglichen Meistertiteln wieder einkehrte.

Was war geschehen? Wie hat es Benfica geschafft, sich wieder an die Spitze des portugiesischen Fußballs zu manövrieren?

 

Am Anfang war der Spatenstich

Der 22. September 2006 dürfte einer der richtungsweisendsten Tage in der jüngeren Geschichte des Vereins gewesen sein. An diesem Tag wurde nämlich der Caixa Futebol Campus eröffnet. Das Trainingszentrum befindet sich in der Bucht von Seixal und beherbergt von den beiden Seniorenteams bis hin zu allen Jugendteams sämtliche Benfica-Akteure.

Der Campus umfasst neun Spielfelder, drei Fitnessräume, drei Sporthallen sowie das sogenannte 360S, das auf demselben Prinzip wie der Footbonaut in Dortmund basiert.

Das wichtigste Element ist jedoch das Benfica Lab. Hier werden in mühsamer Kleinstarbeit sämtliche Daten aller Spieler gespeichert. Vom Erschöpfungsgrad bis hin zum Schlafverhalten der Spieler wird hier alles aufgezeichnet und dokumentiert. In der Saison 2017/18 waren es Berichte zu über 7000 Spielern.

Das Black Box Prinzip, wir erinnern uns.

Mittlerweile ist diese Vorgehensweise in fast allen großen Nachwuchsleistungszentren der Standard. Im Südwesten Portugals war man dahingehend ein Vorreiter in Sachen Talenteförderung. Es sollte nichts dem Zufall überlassen werden.

Die Jugendspieler trainieren ganz bewusst in unmittelbarer Nähe der ersten und zweiten Mannschaft, wodurch die Wege kurz und die Nachwuchskicker nah an ihren großen Vorbildern sind.

Schirmherr des Campus war lange Zeit Nuno Gomes. Der Ex-Stürmer kehrte nach seinem Karriereende 2014 in die Hauptstadt Portugals zurück, um die Jugendarbeit Benficas voranzutreiben.

Seit 2017 leitet Pedro Mil-Homens an der Seite von Pedro Marques die Geschicke im Caixa Campus. Während Mil-Homens wie bereits erwähnt zuvor bei Erzrivale Sporting für die Jugend verantwortlich war, kann Marques auf acht Jahre Berufserfahrung bei u.a. Manchester City auf diesem Gebiet zurückgreifen.

Unter der Ägide dieser drei prägenden Persönlichkeiten brachte man Spieler wie Renato Sanches, Bernardo Silva, André Gomes oder Gonçalo Guedes hervor. Zusammen brachten sie dem Verein eine Transfersumme von über 100 Millionen Euro ein.

Wichtiger aber noch: Seit 2006 hat Benfica über 400 U-Nationalspieler hervorgebracht. Dabei ist es unerheblich, ob jeder von ihnen später für Millionen verkauft wird. „Selbst, wenn einer von ihnen später bei einem kleineren portugiesischen Verein spielt, ist das ein Erfolg“, sagt der technische Direktor des Campus, Pedro Marques.

 

Die Übergangsphase

Doch es war nicht so, dass man 2006 bei Benfica einfach einen schmucken Gebäudekomplex mit toller Aussicht baute und dann liefen die Dinge von allein. Die Arbeit ging dann erst los. Talente sollten fortan noch gezielter in die erste Mannschaft integriert werden.

Das geschieht nicht über Nacht, insbesondere, wenn man die Jugendarbeit in den vergangenen Jahren hat schleifen lassen. Benfica fokussierte sich seit 2006 neben der Entwicklung der Talente vor allem auf das Scouten von Spielern.

Benfica Lissabon
HIER gelangt ihr zur Übersicht unseren anderen Teilen unserer Benfica-Serie.

Insbesondere in der Phase um 2008 bis 2013 war man in Lissabon eine Anlaufstelle für zahlreiche junge Spieler aus aller Herren Länder, denen wenig später der Durchbruch gelingen sollte. David Luiz, Ramires und Ángel di María nutzten Benfica als Sprungbrett um 2010 zu Chelsea bzw. Real Madrid zu wechseln.

Später waren es Axel Witsel, Nemanja Matic und Rodrigo, welche Geld in die Kassen spülten. Der springende Punkt war dabei jedoch, dass man sich auch darum gekümmert hat, dass gestandene Spieler wie Luisão, Jardel oder André Almeida gehalten wurden.

An deren Seite konnten sich Talente wie Jan Oblak, Ederson, Victor Lindelöf oder Lazar Markovic entwickeln. Denn nicht nur innerhalb Portugals schätzte man junge Spieler mit einer bemerkenswerten Genauigkeit ein. In ganz Europa und v.a. in Südamerika verfügt man über ein engmaschiges Scouting-Netz.

Innerhalb Portugals, und das ist vor allem für die ganz jungen Jahrgänge wichtig, hat Benfica im ganzen Land fünf weitere Trainingszentren aufgebaut. Somit können die jungen Kicker zunächst in ihrem Umfeld bleiben und das Einzugsgebiet für Benfica ist größer.

Nuno Tavares Benfica
Nuno Tavares ist einer der Youngsters, die Benfica als Sprungbrett nutzen könnten.

Nachdem Trainer Jorge Jesus im Sommer 2015 seinen Hut nahm und Rui Vitóra die Mannschaft übernahm, stießen nach und nach Spieler aus der eigenen Jugend in die erste Mannschaft.João Félix, Renato Sanches, Bernardo Silva, Nelson Semedo oder João Cancelo sind nur die Spitze des Eisbergs gewesen.

 

Was bringt die Zukunft?

Die aktuelle junge Generation um Florentino Luís, Gedson Fernandes, Nuno Tavares und Jota durfte bereits erste Minuten auf Topniveau sammeln. Künftig werden sie das Gesicht Benficas sein.

In den U-Mannschaften Benficas gibt es neben Spielern wie Úmaro Embaló und Tiago Dantas, die sicherlich zu den talentiertesten ihrer Jahrgänge gehören, einige weitere interessante Spieler. Henrique Pereira, Filipe Cruz, Jeremy Sarmiento, Guilherme Montóia, Tiago Gouveia oder Tiago Duarte sind Namen, die man sich in jedem Fall merken sollte.

Benfica zeigt einmal mehr, wie wichtig es ist, nicht nur ein großes modernes Areal über 17 Hektar zu besitzen und zu glauben dass sich die Jugendarbeit von allein macht. Das ständige Überprüfen der eigenen Fehler und das Lernen daraus sind ein elementarer Bestandteil der Jugendarbeit.

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Als man vor gut einem Jahr mit Rui Vitóra nur auf Platz drei Stand und auf der Suche nach einem neuen Trainer war, griff man auf Bruno Lage zurück, der bis dato in den U-Mannschaften Benficas arbeitete. Unter ihm erzielte das Team in 29 Spielen 85 Tore.

Die Geduld, wie sie sich in den Aussagen von Campus-Direktor Marques wiederspiegelt, ist ein weiterer Faktor für den derzeitigen Erfolg Benficas. Es muss nicht jeder Jugendspieler ein zweiter João Félix oder Bernardo Silva werden.

Mit diesem realitätsnahen Ansatz der Jugendausbildung ist Benfica Vorreiter für Vereine aus der ganzen Welt.

Sascha
Hat genauso eine Daseinsberechtigung wie Torrichter während der Champions League Spiele. Passionierter Schachtelsatzschreiber. Gilt intern nicht umsonst als L’Akquisiteur – wenn nicht da, dann zumindest bei sich selbst. Man soll sich immerhin treu bleiben wie Javier Pinola den Überresten seiner Haare. Glaubt noch immer, dass in Enes Ünal ein Weltklassestürmer schlummert, den aber nicht einmal Houdini hervorzaubern könnte. Einziges Vorbild von Max Dettmer.

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