In unserer Serie ”Durch die Saison mit Benfica“ wollen wir euch in regelmäßigen Abständen über die neuesten Entwicklungen rund um den Verein informieren.
Seit der letzten Wasserstandsmeldung im Oktober und dem Podcast nach dem vorletzten Champions League Spiel, hat sich bei Benfica einiges getan.
Os Encarnados eroberten sich die Tabellenspitze zurück und eilen in der Liga von Sieg zu Sieg. In der Champions League ist man trotz eher mäßigem Start zumindest in die Zwischenrunde der Europa League eingezogen.
Der ewige Pizzi und ein überragender Vinícius
Der November lief für Benfica wie am Schnürchen. Im Grunde deutete sich dies bereits nach der Länderspielpause Ende Oktober an. Mit Ausnahme der 3:1-Niederlage in Lyon verloren die Portugiesen keines ihrer letzten 11 Spiele in der Champions League und Liga NOS.
In der Champions League erzielte man in den letzten vier Partien insgesamt acht Treffer und kassierte „nur“ sechs. Man muss aber auch dazu sagen, dass zwei davon erst in der Schlussphase gegen RB Leipzig fielen.
In der Liga traf man seit dem 8. Spieltag 21 Mal ins Schwarze und kassierte dabei gerade einmal zwei Gegentreffer. Zahlen, die bereits erahnen lassen, dass das Team von Bruno Lage auch in dieser Saison wieder ein heißer Kandidat auf den Ligatitel sein wird.
Maßgeblich verantwortlich für diesen Aufschwung der letzten Wochen sind vor allem die Offensivleistungen zweier Akteure: Pizzi und Carlos Vinícius.
Zugegeben, es ist keine so große Überraschung, dass Pizzi auch in dieser Saison das Team mit seinen Leistungen trägt. Aktuell ist er an 48% der Tore Benficas beteiligt und hat nach 14 Ligaspielen bereits 18 Scorerpunkte gesammelt.
Pro Partie spielt er im Schnitt 2,4 Key Passes und gibt dabei 2,1 Schüsse ab. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass Pizzi in der Liga NOS bisher 29 abgegeben hat. Laut whoscored erfolgten 23 davon innerhalb des Strafraumes.
Benfica ist in dieser Saison sehr gut darin, sich selbst gute Chancen zu erspielen. Im Schnitt landen 35% ihrer Schüsse im Tor. Hauptaugenmerk liegt bei deren Angriffen vor allem auf dem linken Flügel.
14% der erfolgreichen Angriffe werden aus dem freien Spiel über diese Seite vorgetragen. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass von den 32 Angriffen, die Benfica pro Spiel im Schnitt über diese Flanke fährt, 4,3 Schüsse resultieren.
Zum Vergleich: Über die rechte Seite werden „nur“ 3,5 Schüsse initiiert. Aus dem Zentrum sind es 2,5 Abschlüsse, wobei dies aufgrund der dichte an Gegenspielern gesondert betrachtet werden muss.
Einer der Gründe, wieso die linke Seite so stark in der Initiierung ist, ist Linksverteidiger Alejandro Grimaldo. In der Liga NOS spielt er im Schnitt 55,7 Pässe pro Partie, dritthöchster Wert bei Benfica.
Hinzu kommt aber, dass daraus pro Partie 2 Key Passes resultieren. So ist der Linksverteidiger ein ständiger Gefahrenherd für den Gegner und kann sich auch aus komplizierten Szenen herauslösen. Mittlerweile steht er bei sechs Vorlagen in der Liga.
Zweimal bereitete er bereits Tore von Carlos Vinícius vor. Pizzi legte dem Sommerneuzugang sogar drei Tore auf.
Der Brasilianer benötigte zwar ein paar Wochen zur Eingewöhnung, ist mittlerweile aber eine echte Stütze im Team. In den letzten vier Ligaspielen erzielte er sechs Treffer und legte drei weitere auf.
Im Achtelfinale des Pokals war er beim 2:1-Sieg über Braga mit einem Tor und einer Vorlage maßgeblich am Weiterkommen beteiligt.
Zwar ist das Passspiel des 1,90m großen Sturmtanks noch ausbaufähig, sein Torriecher und vor allem Durchsetzungsvermögen ist aber ohne jeden Zweifel überdurchschnittlich.
Im Vergleich zu seinem Teamkollegen Raúl de Tomás, der im Sommer ebenfalls an den Tejo wechselte, ist er mittlerweile besser im Verein angekommen.
Benfica-Neuzugang Julian Weigl und dessen Auswirkungen auf den Kader
Am Silvesterabend ließ Benfica eine kleine Bombe platzen: Julian Weigl wird künftig für die Águias auflaufen. Kostenpunkt: 20 Millionen Euro.
Für Benfica ist das ein absolutes Schnäppchen. Julian Weigl ist nach wie vor ein überdurchschnittlicher Sechser, sofern er richtig eingesetzt wird. Über seine Qualitäten im Passspiel und seine Spielintelligenz müssen wir nicht reden.
Er könnte sich recht kurzfristig in der Mittelfeldzentrale Benficas fest spielen. Bisher hat Bruno Lage die Rollen im zentralen Mittelfeld immer wieder verändert.
Abel Taarabt und Gabriel kommen jeweils auf 60 bzw. 50 Prozent der möglichen Einsatzzeit.
Die beiden Eigengewächse Florentino Luís und Gedson Fernandes standen in Summe nur 63% der Zeit auf dem Feld. Gedson davon sogar nur 17%.
Was bedeutet der Wechsel Julian Weigls also für die beiden Talente, die vor einem Jahr so hoch gelobt wurden?
Aller Voraussicht nach dürfte einer von ihnen den Verein im Sommer verlassen. Beide besitzen eine festgeschriebene Ausstiegsklausel von 120 Mio. Euro, die wohl kein Club bezahlen wird. Einfach, weil beide aktuell wenig Spielzeit bekommen und für den Verein abdingbar scheinen.
Florentino Luís ist zwar der talentiertere von beiden, scheint dem Verein aber kurz- bis mittelfristig erhalten zu bleiben. Im Sommer gab es vereinzelt Gerüchte um einen Wechsel in die Premier League, an denen nichts dran war.
Perspektivisch könnte er gerade Tottenham gut zu Gesicht stehen, die noch einen spiel- und defensivstarken Mann auf der Sechs gebrauchen könnten. Das würde aber frühestens im Sommer, aber eher in einem Jahr realistisch sein.
Gedson wurde in den vergangenen Wochen vor allem mit Manchester United in Verbindung gebracht. Für ihn gibt es derzeit wohl keine schlechtere Alternative zu Benfica als die Red Devils.
Der Portugiese ist noch nicht dominant bzw. gefestigt genug, um eine Mannschaft zu tragen. Er hat seine Stärken zwischen den Strafräumen, wenn er mit seiner guten Technik als Box-to-Box-Achter agieren kann. Dafür kommt ein kriselndes United definitiv zu früh für ihn.
Vor wenigen Tagen tauchten ebenso Gerüchte über einen möglichen Wechsel zu West Ham United auf. Demnach wollen die Hammers Gedson Fernandes für ein halbes Jahr ausleihen.
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Dies wäre für beide Parteien eine Win-Win-Situation. West Ham benötigt dringend einen Achter, seitdem Pedro Obiang den Verein gen Sassuolo verlassen hat. Gedson wäre mit seinen körperlichen und spielerischen Fähigkeiten der ideale Mann hierfür.
Zudem bekäme er unter David Moyes wohl ausreichend Spielzeit. Anders als Renato Sanches würde er den großen Sprung nicht verfrüht wagen.
Interessant wäre für ihn auch Spanien. Gerade Valencia ist im zentralen Mittelfeld recht dünn besetzt und benötigt neben Dani Parejo einen Spieler, der den Ball nach vorne tragen kann.
Die Beziehung zwischen beiden Vereinen ist ja aufgrund diverser vergangener Transfers (Rodrigo, Enzo Pérez, André Gomes, João Cancelo) durchaus vorhanden.
Kurzfristig sieht es aber danach aus, als würden entweder Florentino Luís oder Gedson den Verein verlassen. Von den „Alten“ ist einzig Ljubomir Fejsa ein Kandidat, dessen Vertrag im Sommer 2021 ausläuft.
Wie Benfica mit „Benfica Play“ den Markt revolutioniert
Da war der Kater von Silvester noch nicht mal richtig verkraftet, da ließen sie im Estádio da Luz gleich die nächste Bombe platzen, die bei manch einem besser gewirkt haben könnte als ein Aspirin.
Benfica veröffentliche sein neustes Projekt. Eine App mit dem Namen Benfica Play soll künftig „die Verbindung zwischen Fans und Mannschaft stärken“, so Executive Director Domingos Soares de Oliveira.
Auf einer App können Abonnenten künftig hinter die Kulissen des Vereins blicken und dank Benfica Play, kurz BPlay exklusiven Content erhalten. Benfica Play kann monatlich für drei Euro erworben werden, Vereinsmitglieder zahlen sogar nur zwei Euro pro Monat. Geplant ist eine Ausstrahlung in Portugiesisch und Englisch.
Allein die grafische Aufmachung der Webseite ist bereits ein Hingucker.
Bei der Vorstellung wurde gesagt, dass die Abonnenten andere Inhalte erhalten als es bei BTV, dem Vereinssender, der Fall ist. Da stellt sich die Frage auf, was die Fans von Benfica Play erwarten können.
Die ersten Eindrücke vermitteln ein klares Bild: Man bekommt zu verschiedenen Themen wie Matchday oder Bastidores Spielzusammenfassungen und Eindrücke vom Stadion sowie Highlight-Clips zu den MVPs. Fangruppierungen bzw. -aktionen werden in Benfica no Mundo ebenfalls vorgestellt.
Benfica Play wirkt wie ein „Netflix von Benfica“, wie es Markus Horn treffend auf den Punkt bringt.
Damit wollen die Portugiesen im Streamingbereich Fuß fassen. Das könnte eine kleine Revolution, ein Umdenken mit sich bringen. Was würde sie davon abhalten, künftig auch Ligapartien als Pay per View auf Benfica Play zu veröffentlichen?
Benfica strahlt bereits seit einigen Jahren die Heimspiele exklusiv auf BTV aus. Im Ausland werden lediglich Sublizenzen an DAZN, sportdigital & Co. verkauft. In vielen ehemaligen portugiesischen Kolonien ist BTV sogar über das Kabelnetz verfügbar.
Könnte das für andere Vereine auch interessant werden? Verändert Benfica mit Benfica Play dadurch den Fernsehmarkt?
Gerade in den US-Sportarten ist es mittlerweile Usus, dass Verbände auf ihrer Homepage einen Game Pass für die komplette Saison direkt an die Nutzer verkaufen.
Damit ist ein Weg über die Fernsehsender obsolet und es muss kein Knebelvertrag mit Sky & Co. über zig Jahre abgeschlossen werden.
Sicherlich ist die Rechteverteilung in Europa viel konservativer und monopolistischer als in Nordamerika, aber dennoch kann das eine Idee für Vereine sein, sich künftig zu vermarkten.
Mittel- bis langfristig ist der Weg, den Benfica mit Benfica Play geht, die Zukunft in Sachen Berichterstattung rund um den eigenen Verein.