Es ist das Jahr 2010. Landon Donovan kommt gerade von seiner unerfolgreichen Zeit in Europa zu LA Galaxy zurück, wo er mit David Beckham zusammenspielen wird.
Die restlichen Stars der Liga heißen Thierry Henry, Freddie Ljungberg oder Rafael Marquez. Sie alle sind bereits über 30 Jahre alt und zumeist keine unverzichtbaren Leistungsträger ihrer Teams.
Torschützenkönig wird nicht Beckham oder Henry sondern Chris Wondolowski vor Edson Bubble. Die 16 Teams der MLS bringen durchschnittlich 16.000 Zuschauer pro Spiel ins Stadion.
Dies ist ein Gastbeitrag von Alexander Rudies
Die MLS hält mit der Ligue 1 mit
Spulen wir zehn Jahre nach vorne, in die Gegenwart. Es ist das Jahr 2020, die 25. MLS-Saison ist gerade gestartet und das Bild könnte kaum anders sein.
Die Stars der Liga sind Leistungsträger in ihren Teams, befinden sich teils in den besten Phasen ihrer Karrieren. Torschützenkönig wurde mit Carlos Vela eines der Gesichter der Liga. Auf Platz zwei landete Josef Martinez, ein 26-jähriger Venezolaner, der sich in bestem Fußballer-Alter befindet.
Die Liga wurde um zehn Teams erweitert, der Zuschauerschnitt stieg auf knapp über 21.000 Zuschauer im vergangenen Jahr.
Zum Vergleich: Das sind nur 2.000 weniger als in der Ligue 1. Atlanta United brachte über 50.000 Zuschauer pro Spiel ins Stadion.
Nashville SC lockte bei seinem allerersten Liga-Auftritt 59.000 Zuschauer an. Der Fußball scheint endlich vollends in den USA angekommen zu sein. Doch wie kam es dazu?
In den letzten Jahren fand ein Umdenken statt. Es gibt immer mehr Vereine, die sich nicht nur als Anlaufstation für Alt-Stars sehen, sondern auch als Ausbildungsvereine, vornehmlich für südamerikanische Spieler.
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Die MLS bietet Talenten eine größere Bühne sowie eine bessere Bezahlung als die meisten heimischen Klubs.
Bestes Beispiel ist Miguel Almiron, den Atlanta United 2017 von Lanús verpflichtete und zwei Jahre später für einen Profit von 17 Millionen € an Newcastle United weiterverkaufte.
Zudem produziert eines der einwohnerstärksten Länder der Welt auch endlich eine große Anzahl an Talenten.
Der Draft, der in vielen anderen US-Sportarten eine entscheidende Rolle spielt, ist dabei zweitrangig. Stattdessen verfügen viele Vereine mittlerweile über hervorragende Jugendabteilungen und setzten auch konsequent auf eigene Talente.
Das heißt natürlich nicht, dass die Vereine komplett auf große Namen verzichten. Nahezu jedes Teams versucht sich mit einem klangvollen Offensivspieler zu präsentieren.
Selbst die Auswahl dieser Spieler funktioniert jedoch systematischer. Viele Spieler, denen in Europa der Durchbruch nicht ganz gelang, sind in der MLS zu Stars gereift.
Die MLS entwickelt sich taktisch weiter
Auch taktisch erreichte die Liga im vergangenen Jahrzehnt ein neues Level. Man profitiert dabei vom südamerikanischen Einfluss, der Trainer wie den Ex-Boca-Coach Guillermo Barros Schelotto oder Diego Alonso, in die Liga bringt. Gleichzeitig steigerte sich aber auch das Niveau der einheimischen Trainer.
All das macht die MLS zu einem sehr spannenden Mix aus Talenten, altbekannten Namen aus Europa sowie neu aufblühenden Stars, die auf einem taktisch ansprechenden Level gegeneinander spielen.
Noch gibt es größere Differenzen zwischen den Top-Teams und den eher schwächeren Mannschaften. Das Potenzial der Liga und das immer weiter ansteigende Interesse ist jedoch unverkennbar.
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Ein Blick in die MLS lohnt sich allemal. Diesen möchte ich euch bieten, damit ihr euch vielleicht genauso von der Faszination dieser Liga anstecken lasst wie ich.
Die Berichterstattung um die MLS kannte in den letzten Wochen vor allem drei Themen: Chicharito, Inter Miami und Josef Martinez. Es gibt noch viele andere spannende Themen, die sich an den ersten beiden Spieltagen aufgetan haben, um die ich mich die kommenden Wochen kümmern werde, an diesen drei Themen führt aber vorerst nichts vorbei.
Chicharitos Ankunft in der MLS überschattete für einige Tage alles andere, was rund um die Liga passierte und ist durchaus mit dem Transfer Zlatan Ibrahimovic´ zu vergleichen.
Während Ibrahimovic ein absoluter Welt-Star ist, ist Chicharito in Mexiko eine mindestens ähnlich große Nummer. Chicharito trifft bei seinem Wechsel nach Los Angelos auf eine der größten mexikanischen Communitys der USA und findet einen riesigen Markt vor. Sofort war er in den verschiedensten Late Night Shows zu finden.
MLS: 1. Spieltag
Vor dem ersten Spieltag waren die Erwartungen an ihn riesig. Eher ernüchternd war dann das 1:1 bei Houston Dynamo, bei dem Cristian Pavon der beste Spieler LA Galaxys war und das einzige Tor traumhaft erzielte.
Es folgte das Heim-Debüt Chicharitos gegen die Vancouver Whitecaps, das noch ernüchternder ablief. Man verlor 0:1. Chicharito war in beiden Partien nur bedingt ein Faktor.
Noch kann der Mexikaner die hohen Erwartungen nicht erfüllen. Das kann aber auch schlicht an den sehr hohen, von Ibrahimovic festgesetzten Maßstäben liegen, von dem sich Chicharito als Spielertyp erheblich unterscheidet.
Er muss anders eingesetzt werden als der Schwede, was aktuell aber noch nicht passiert. Tatsächlich schlug LA Galaxy in den beiden ersten Saisonspielen jeweils 27 Flanken. Chicharito hat zwar ein unterschätztes Kopfballspiel, aber per Flanke wird er sicherlich nicht optimal eingesetzt.
Letztlich wird auch der Service, den er erhält, darüber entscheiden, ob er die hohen Erwartungen erfüllen kann.
Apropos hohe Erwartungen: Inter Miami startete mit eben genau diesen in seine erste MLS-Saison.
Der Beckham-Klub wurde seit seiner Gründung schon mit den absoluten Top-Namen in Verbindung gebracht: Griezmann, Cavani, Messi… Sie allen sollen mal bei Inter Miami spielen.
Aktuell sieht es noch etwas anders aus. Star-Spieler ist der 26-jährige Rodolfo Pizarro, der vor der Saison von Monterrey kam. Im Laufe der Saison wird er wohl noch von namhafteren Neuzugängen unterstützt werden, aktuell ist er aber auf sich alleine gestellt.
Die vielversprechendste Verpflichtung ist daher vielleicht eher der Trainer Diego Alonso. Der 44-jährige Uruguayer hat sich in den vergangenen Jahren in Mexiko einen exzellenten Ruf erarbeitet.
Er gilt als ein Mourinho-ähnlicher Defensivspezialist. Die ersten Spiele sollten nicht überwertet werden, deuten aber auch auf einen Defensivfokus hin.
Gegen das beste Team der letzten Regular Season, LAFC, konzentrierte man sich am ersten Spieltag nur aufs Verteidigen und verlor mit 0:1. Zuletzt setzte es dann eine 1:2-Niederlage gegen D.C. United, auch bedingt durch eine rote Karte für den erfahrenen Innenverteidiger Roman Torres.
Defensiv stand man jeweils recht solide, aber nach vorne lief noch erschreckend wenig. Der defensivere Ansatz kann erfolgreich sein, man hätte sich aber zum Start dieses Franchises von vielen Seiten einen mutigeren Start gewünscht.
Kreuzbandriss: MLS-Star Martinez fällt lange aus
Eine Nachricht überschattete jedoch alles andere, was am ersten Spieltag geschah. Josef Martinez, Stürmer Atlanta Uniteds, riss sich das Kreuzbandriss und fällt im schlimmsten Fall die restliche Saison aus. Damit verliert die Liga das neben Carlos Vela größte Gesicht der Liga.
Martinez wurde in Atlantas Titelsaison 2018 zum MVP gewählt. In 84 MLS-Spielen für Atlanta erzielte er 77 Tore und bereitete neun weitere vor. Er alleine ist für 38% der Tore der dreijährigen Vereinsgeschichte Atlantas verantwortlich. Nicht nur für Atlanta, sondern für die gesamte Liga ist er ein großer Verlust.
Wie er nun ersetzt werden soll, ist eine sehr knifflige Frage für Trainer Frank de Boer. Schlussendlich wird es wohl darauf hinauslaufen, dass Pity Martinez und Ezequiel Barco sich im Vergleich zur Vorsaison steigern müssen.
Pity kam als Südamerikas Fußballer des Jahres zu Atlanta, konnte in seiner ersten Saison aber nicht die erhoffte Genialität und Fitness zeigen. Der 20-jährige Barco kam bereits 2018 zu Atlanta, fand aufgrund von Verletzungen und U-Turnieren aber nie konstant in die Startelf.
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Diese beiden Spieler sind typisch für den moderneren Ansatz der MLS als Ausbildungsliga für europäische Vereine, da beide Spieler Ambitionen über Atlanta hinaus haben werden. An den ersten beiden Spieltagen konnten sie dies endlich auch mit Leistungen nachweisen.
Barco traf doppelt und bereitete ein weiteres Tor vor, Pity kommt immerhin auf eine Torvorlage sowie einige weitere herausragende Schnittstellenpässe, aus denen nicht immer genug gemacht wurde.
Als Ersatz für Martinez traf spannenderweise Achter Emerson Hyndman, den man von Bournemouth verpflichte, gleich zweimal und zeigte zudem gute Leistungen.
Während das Team de Boers letzte Saison sehr abhängig von Josef Martinez war und nicht immer guten Fußball spielte, zeigen sich diese Saison bisher auch die restlichen Spieler und die taktischen Abläufe wirken klarer.
Mit einem fitten Josef Martinez wäre Atlanta wieder ein Kandidat auf den MLS Cup. Ohne diesen ist Atlanta ein schwer einzuschätzendes, aber immer noch sehr spannendes Projekt, wie so viele andere in der MLS.
Dies war ein Gastbeitrag von Alexander Rudies