Portugal in den englischen West Midlands

(Grafiken: Erstellt von Cavanis Friseur / © Footyrenders)

Von der zweiten Liga bis in die Europa League innerhalb von zwei Jahren, das schaffen nicht viele. Bei dem Wolverhampton Wanderers FC aus den West Midlands Englands hat genau das funktioniert.

Dieser Erfolg wird häufig mit den Besitzverhältnissen und der Verbindung zum portugiesischen Spielerberater Jorge Mendes, der Stars wie Cristiano Ronaldo, Angel di Maria oder Trainer Jose Mourinho vertritt, und seiner Agentur Gestifute verbunden. Kaum ein Artikel über den Verein kommt ohne einen Verweis auf diese Verbindung aus.

 

Fosuns Interessenkonflikt

Die chinesische Investment Gruppe Fosun übernahm am 21. Juni 2016 für 45 Millionen Pfund offiziell die Mehrheitsanteile und damit die Kontrolle über den Wolverhampton Wanderers FC.

Außerdem verpflichtete sich Fosun dazu, weitere 20 bis 30 Millionen Pfund innerhalb der folgenden zwei Jahren in den Verein zu investieren.

Der damalige Besitzer Steve Morgan hatte den Verein 2007 für eine symbolische Summe von 10 Pfund Sir Jack Hayward abgekauft, während er sich verpflichtete, sämtliche Schulden zu tilgen und ebenfalls mindestens 30 Millionen Pfund zu investieren.

Jeff Shi wurde Fosuns Hauptrepräsentant im Verein, der die tägliche Führung des Clubs übernahm und mittlerweile zum Präsidenten ernannt wurde.

Fosun ist eine Investmentgruppe, die Anteile an zahlreichen Unternehmen und Immobilien weltweit hält. Dazu gehören beispielsweise das französische Reiseunternehmen Club Med oder die Moderiesen Tom Tailor und Wolford. Eng verbunden mit Fosun ist zudem der Spielerberater Jorge Mendes und seine Berateragentur Gestifute.


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Shanghai Foyo, ein Tochterunternehmen Fosuns, hält seit September 2015 – Berichten zufolge – 15 bis 20% an Start SGPS, der Holdinggesellschaft der portugiesischen Berateragentur. Mehrheitseigner sowohl Fosuns als auch Foyos ist Guo Guangchang.

Das Problem daran ist, dass die FA Anteilseignern eines Klubs verbietet, gleichzeitig Anteile an einer Berateragentur zu halten, um einen Interessenkonflikt zu vermeiden.

Strafwürdig sind dabei nur Beteiligungen über 5% oder Situationen, in denen direkt oder indirekt die vereinsinterne Entscheidungsfindung beeinflusst wird.

Dennoch gaben sowohl die EFL als auch die FA sowie die Premier League diesen Besitzverhältnissen

grünes Licht. Der Grund dafür ist, dass – trotz des relativ offensichtlichen Interessenkonflikts – die Anteile an Gestifute nicht direkt durch Fosun gehalten werden und Mendes nicht fest durch den Verein angestellt ist.

 

Das Jorge Mendes-System bei Wolverhampton

Mendes’ Einfluss geht dabei über den finanziellen Aspekt hinaus. Der Verein nennt den Portugiesen einen Freund und Berater der Vereinsbesitzer, betont aber immer wieder, dass man auch mit anderen Beratern zusammenarbeiten würde.

Eine Vielzahl des Trainerstabs und der Mannschaft wird durch Gestifute oder mit diesen verbundenen Agenturen vertreten.

Die Wolves sind damit Teil eines Netzwerks, das Mendes über Jahre aufgebaut hat und Vereine enthält, mit denen er verstärkt zusammenarbeitet.

Es ist ein System, das auf Gefälligkeiten beruht. Ein vorteilhafter Transfer für einen Verein führt dazu, dass ein anderer Verein eventuell einen Gefallen einfordern kann.

Neben den Wolves gehören zu diesem Netzwerk Vereine wie Atletico Madrid, AS Monaco, Valencia, Deportivo La Coruna und zahlreiche portugiesische Vereine wie Benfica Lissabon, Porto, Sporting Lissabon, Braga, Rio Ave oder Famalicao.

Neustes Netzwerk-Mitglied ist Grasshoppers Zürich, die von Guo Guangchangs Ehefau Jenny Wang gekauft wurden.

Mit Sky Sun ist zudem ein Fosun-Mann zum Präsidenten ernannt worden, der zuvor Vorstandsmitglied der Wolves war.


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Mendes und Gestifute haben jahrelang Anteile der Transferrechte ihrer Spieler – sog. Third Party Ownership (TPO) – sowohl an externe Investoren verkauft als auch selbst gekauft und dabei enorm an Geld und Einfluss gewonnen, bis diese Praktik durch die FIFA 2015 verboten wurde.

In dieses Geschäftsmodell wollte Fosun investieren, wie Reuters und der Spiegel im Rahmen der Football Leaks Recherchen herausfanden.

Bereits 2014 bot Fosun Mendes eine Partnerschaft an, bei der die Chinesen das nötige Geld zur Verfügung stellen würden, während Mendes die Projekte identifizieren sollte, in die beide investieren könnten.

In einer internen Präsentation nannte Fosun den Handel und die Repräsentation von Spielern den einzigen nachhaltig profitablen Bereich des Fußballgeschäfts.

Ein Fosun Mitarbeiter schrieb in einer internen E-Mail an Luis Correia, Geschäftspartner und Neffe Mendes’, dass man mit Mendes gemeinsam ein globales System von Klubs aufbauen wolle, um in den wichtigsten Ligen vertreten zu sein.


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Dieses Netzwerk sollte junge und talentierte Spieler identifizieren, die später mit einem Gewinn weiterverkauft werden könnten.

Nachdem das TPO-Modell durch die FIFA verboten wurde, verlagerte Fosun seinen Fokus auf den Kauf eines eigenen Vereins. Durch den gleichzeitigen Kauf der Gestifute-Anteile könnte so das Verbot der TPO umgangen werden.

Mendes und Gestifute blieben weiterhin als Berater Fosuns tätig; erst durch einen Hinweis Correias wurde Fosun auf die Wolves aufmerksam. Peter Kenyon, der bereits über Jahre mit Mendes zusammenarbeitet, soll für Fosun an den Verhandlungen zum Kauf des Vereins teilgenommen haben.

Aus einer E-Mail Shis an Correia geht hervor, dass sich Fosun auch im Bereich der Vereinsführung auf die Expertise Mendes’ verließ. Fosuns Investment wird darin mit ihrem Vertrauen in Mendes und seiner Unterstützung begründet. In den Wolves habe er dadurch einen verlässlichen und dauerhaften Partner für seine Geschäfte.

 

Fosun haben mit ihrem Geschäftsmodell bei den Wolves Erfolg

Es verwundert nicht, dass diese Verbindung häufig in der Kritik steht. Leeds United Besitzer Andrea Radrizzani beschwerte sich über Twitter, dass bestimmte Spieler aufgrund dieser Verbindung den anderen Championship Vereinen nicht zugänglich gewesen wären.

Außerdem gab er an, seine eigenen Anteile an einer Berateragentur verkauft zu haben, bevor er Leeds United übernahm, um einen Interessenkonflikt zu vermeiden.

Radrizzani ruderte später jedoch wieder zurück und gab zu, selbst gerne die Vorteile einer solchen Beziehung nutzen zu können.

Nachdem sich einige Championship Klubs über Mendes’ Rolle bei der EFL beschwert hatten, konnte diese keinen Verstoß gegen die eigenen Regeln feststellen. Bei den Wolves ist man sich sicher, innerhalb der Regeln zu agieren und wurde darin immer wieder durch FA, EFL und Premier League bestärkt.


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Die Wolves blocken die meisten Fragen bezüglich Mendes und Gestifute ab. Trotzdem hat man seit der Übernahme des Vereins die Beratung, Partnerschaft und generelle Verbindung zu Mendes mehrmals bestätigt und betont.

Fosun gab auch offen zu, dass man neu im Fußballgeschäft ist und deshalb auf die Hilfe des Portugiesen angewiesen sei.

Mit Mendes’ Hilfe hat Fosun es geschafft aus einem mittelmäßigen Championship Klub einen Verein zu formen, der die Phalanx der „Big Six“ Englands angreifen kann.

Im sportlichen Bereich hat man seit 2017 durchgehend richtige und gute Entscheidungen getroffen. Durch Nuno, seinen Trainerstab, kluge Transfers, interne Umstrukturierungen und das Durchsetzen einer einheitlichen Spielphilosophie hat man es geschafft, den Verein innerhalb kürzester Zeit zu einem etablierten Premier League Klub umzuformen.

Bei den Spielertransfers ist das Mendes-Netzwerk nach wie vor ein wichtiger Bestandteil der Arbeit. Transfers wie die von Ruben Neves, Diogo Jota oder Rui Patricio wären ohne seinen Einfluss nicht realisierbar gewesen.

Letztendlich liegt die Entscheidungsgewalt über Transfers jedoch bei Nuno und seinem Stab. Ohne Sportdirektor Kevin Thelwell, der den Verein nach dem Wintertransferfenster 2020 verlassen hat und besonders bei Transfers wie Adama Traore und Leander Dendoncker eine große Rolle gespielt hat, könnte sich Mendes’ Einfluss noch verstärken.

Zumal seine Rolle vorerst nicht neu vergeben, sondern von Shi und einem Komitee aus Mitarbeitern des Scouting- und Managementbereichs übernommen wird.

Thelwell nannte – in einem Interview in Tim Spiers’ und Jacqui Oatleys Podcast „The Molineux View“ – das Kontaktknüpfen zwischen den Klubs auf administrativer Ebene als größten Vorteil der Beziehung zu Gestifute.

In Valdir Cardoso hat Mendes einen Vertrauten, der regelmäßig am Trainingszentrum und Stadion anzutreffen ist. Cardoso ist bei Spielern und Mitarbeitern beliebt und regelmäßiger Gast in der Umkleide, um mit Jeff Shi und Kevin Thelwell gemeinsam mit Nuno und den Spielern zu reden, wie The Athletic berichtete.

 

Für die Wolverhampton-Fans ist es ein Traum

Die Verbindung zwischen den Wolves und Gestifute lässt ein ungutes Gefühl in der Magengrube zurück und sollte – auf dem Papier – eigentlich nicht funktionieren; tatsächlich funktioniert es aber sehr gut.

Die Schlüsselfigur dabei ist Nuno, der sowohl sehr eng mit Mendes verbunden als auch bei Fosun und den Fans extrem geschätzt wird.

Bislang gab es kaum Rückschläge und die Entwicklung der Mannschaft ging steil nach oben, weshalb Fosun und Jorge Mendes bei den Fans ebenfalls beliebt sind.

Jeff Shi ist häufig bei Auswärtsspielen anzutreffen und scheut dabei nicht den Kontakt zu den Fans. Dass er manchmal mit den Fans im Pub das ein oder andere Bier trinkt, trägt sein Übriges dazu bei, dass er bei den Fans gut ankommt.

Nach Jahren der Bedeutungslosigkeit und der Enttäuschungen ist man glücklich darüber, ein Team zu sehen, das es mit den besten Mannschaften Europas aufnehmen kann.

Kein Fan hätte es für möglich gehalten, dass Spieler wie Joao Moutinho oder Rui Patricio einmal das Wolves-Trikot tragen würden; Fosun und Mendes haben dies möglich gemacht. Aus sportlicher Sicht kann man den Klub daher kaum kritisieren.


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Nuno hat es geschafft eine „Us vs. Them“-Mentalität im Verein aufzubauen, die sich – angefeuert durch die häufige mediale Kritik an der Mendes Verbindung – auf die Fangemeinschaft übertragen hat. Mendes wird teilweise ironisch als „Uncle Jorge“ bezeichnet und Masken mit seinem Konterfei vor Heimspielen verteilt.

Die Marke ‘Wolves’ wächst – nicht zuletzt durch Verpflichtungen wie die von Raul Jimenez – immer weiter. Fosun will den Klub zu einem Global Player formen und sucht daher nach neuen Vermarktungswegen.

Die China-Reise in der Saisonvorbereitung wurde effizient genutzt, als man beispielsweise eine vereinseigene Modelinie vorstellte und ein eigenes Wolves-Eis verkaufte.

Vor der Coronaunterbrechung war eine ähnliche Reise in die USA geplant, bei der man gegen Club America spielen wollte, um die Beliebtheit des Vereins in Mexiko, die Raul Jimenez ausgelöst hat, auszunutzen.

Bislang hat noch kein Schlüsselspieler oder Nuno einen Wechselwunsch geäußert. Es wird spannend sein zu sehen, wie der Verein mit einer solchen Situation und dem einhergehenden Interessenkonflikt umgehen wird.


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Johannes Robertz
Kreisliga C-Legende. Fußballbegeistert in jeglicher Hinsicht, besonders der englische Fußball hat es ihm angetan. Ist irgendwann in seinem Leben Wolves-Fan geworden. Warum, weiß keiner.

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