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Die Seattle Kraken: Terror aus der Tiefe!

(Grafiken: Erstellt von Cavanis Friseur / © Footyrenders)

Am Donnerstag, dem 23. Juli 2020 war es endlich soweit. Mehr als eineinhalb Jahre nachdem die National Hockey League (NHL) Seattle, nach Jahrzehnten des Wartens, ein eigenes Team zugesprochen hatte, wurde der Name der neuen Franchise enthüllt. Ein Beben ging daraufhin durch die Weiten des World Wide Web. Eine Legende der Tiefe war erwacht!

Denn die Eigentümergruppe hatte es tatsächlich gewagt ihr Expansion-Team nach dem Kraken, einem gigantischen mythischen Meeresungeheuer aus der skandinavischen Sagenwelt zu benennen. Seit Jahren, wenn nicht gar Jahrzehnten gab es keinen so innovativen neu kreierten Teamnamen mehr.

Anders als im deutschen Sprachgebrauch – in dem das Wort Kraken eine Teilgruppe der real existierenden achtarmigen Tintenfische bezeichnet – ist der Name im Englischen eher unüblich und mit den mehrarmigen Fabelwesen konnotiert.

Kein Wunder also, dass „What is a Kraken?“ in den Tagen der Veröffentlichung zu einer der häufigsten Google-Suchanfragen in Nordamerika wurde.

Mit der Entscheidung für die Bestie der Tiefsee, stellt man sich dem global anhaltenden Trend entgegen, Sportmarken designtechnisch abzuschleifen (z.B. Juventus Turin, LA Rams) und bei Neukreationen jegliche Kreativität, geschweige denn Extravaganz, vermissen zu lassen.

Die Major League Soccer (MLS) ist ein Paradebeispiel für diese Entwicklung. In der höchstklassigen US-Fußballliga wurden seit 2015 folgende einfallsreiche Teamnamen präsentiert: New York City FC, Orlando City SC, Atlanta United FC, Minnesota United FC, Los Angeles FC, FC Cincinnati, Inter Miami CF, Nashville SC, Austin FC, Charlotte FC und Sacramento Republic FC.

Seit den 1990er-Jahren gab es in den amerikanischen Big 4-Profiligen (NFL, NBA, MLB, NHL) keine wahrhaft originellen Neuschöpfungen mehr.

In der letzten Dekade des vergangenen Jahrtausends wurden noch spektakuläre Namen und Logos wie die der Toronto Raptors enthüllt. Selbst ein skurriler Vorschlag wie die New Jersey Swamp Dragons, wurde in diesem verrückten Jahrzehnt als ernstzunehmender Teamname gehandelt.

Doch seitdem hielt eine kreative Dürre Einzug in die Big 4. Die Houston Texans (NFL) und Washington Nationals (MLB) lassen grüßen. Aber was genau ist so gelungen am Design der Seattle Kraken?

 

Instantly Iconic

Da die meisten Teamnamen in den Big 4 auf S enden und noch kein Team in einer der Eliteligen nach einem Kopffüßer benannt wurde, kann man den Entscheidungsträgern zweifellos Kreativität und Wagemut attestieren.

Noch beeindruckender als der Name an sich, kommt das Logo daher. Schattierung und Windung des dominierenden S verhindern einen allzu statischen Eindruck und erzeugen eine angenehme Dynamik.

Das Logo ist nicht zuletzt eine Hommage an das Emblem der Seattle Metropolitans, die 1917 als erste US-amerikanische Mannschaft den Stanley Cup gewinnen konnten.

Neben den Namen Totem und Sockeyes (Rotlachse) gehörte Metropolitans zu den beliebtesten Vorschlägen unter den Fans in Seattle. Doch die NHL wies den Vorschlag schon frühzeitig ab, da man für das neue Team nicht extra die Metropolitan Division umbenennen wollte.

Ein anderer Name wurde zwar immer wieder genannt und erfreute sich im Netz einiger Beliebtheit, war jedoch eher ein Dark Horse und verharrte geduldig in der schwarzen und geräuschlosen Tiefe.

Genau diese Eigenschaften des Kraken vermochten die Designer auf beeindruckende Weise ins Logo zu integrieren. Die Beschreibung von Adidas-Designdirektor Matty Merrill trifft es perfekt: „Während man das S sieht und an die Metropolitans denkt, verbirgt sich im Negativ diese Tentakel, wickelt sich um deine Knöchel, bereit dich in die Tiefe zu ziehen.“

Dass Kopffüßer tatsächlich auch für Menschen gefährlich werden können, beweist folgende schauerliche Begebenheit aus dem Zweiten Weltkrieg:

Nachdem der deutsche Hilfskreuzer Thor den britischen Truppentransporter Britannia versenkt hatte, klammerten sich elf Überlebende an einem Rettungsfloß fest. Nach übereinstimmenden Berichten der anderen wurde einer der Überlebenden von einem überdimensionierten Kopffüßer in die Tiefe gezogen.


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Den Kraken nicht direkt im Logo zu entblößen, sondern seine bedrohliche Anwesenheit nur im negativen Farbraum darzustellen, ist schlicht und einfach brillant. Denn die wahre Gefahr liegt oft nicht in dem was man sieht, sondern in dem was man nicht sieht.

Das rote und absolut furchterregende Auge in der oberen Biegung des S, rundet das – an H. P. Lovecrafts Cthulhu-Wesen erinnernde – Logo perfekt ab.

An dieser Stelle darf die ausgefeilte offizielle Beschreibung des Auges nicht unerwähnt bleiben:

„Wenn du es gesehen hast, ist es bereits zu spät. Das Auge des Kraken hat sich schon seit einiger Zeit auf seine Beute fixiert. Sein Schlag wird rasch und verheerend sein. Seine Gegner überrascht und unbesonnen. Es wird schon bald vorbei sein.“

 

Überzeugendes Design

Auch das Secondary Logo, ein futuristisch anmutender Anker mit der Space Needle – dem Wahrzeichen der Stadt – als Griff, weiß zu überzeugen. Allerdings wurde hier etwas Potenzial verschenkt.

Es wäre sicherlich interessant zu sehen gewesen, wie um den Anker gewundene Tentakeln im Negativ gewirkt hätten. Aber das ist Meckern auf hohem Niveau.

Die Farbgebung der neuen Franchise ist ebenfalls gelungen, greift sie doch die Farben des pazifischen Nordwestens auf. Laut Merrill ließen sich die Designer vom Farbspektrum des Puget Sound, der vor Seattle gelegenen weit verzweigten Meeresbucht, inspirieren.

Dass der Pazifische Riesenkraken, die vermutlich größte Krakenart der Welt, auch in den dunklen Tiefen des Puget Sounds beheimatet ist, ist ein inhaltlicher Volltreffer!

Das im Design dominierende Tiefseeblau, nur einen Hauch von Schwarz entfernt, ist als Primärfarbe die logische Wahl. Das türkise Eisblau hingegen schafft als Sekundärfarbe einen einzigartigen Kontrast und rundet das maritime Leitmotiv ab. X-Faktor, insbesondere auf den Trikots, ist das knallige aber sehr dezent eingesetzte Rot.

Die Jerseys sind an sich zwar nicht spektakulär, wissen aber aufgrund ihres klaren und modernen Designs sowie der gut harmonierenden Farben zu überzeugen. Auf den dunklen Heimtrikots ist kein Weiß vertreten, was für die NHL durchaus unüblich ist.

Interessante Trivia nebenbei: Jerry Bruckheimer, einer der drei Eigentümer, hatte als Produzent der Pirates of the Caribbean-Filmreihe entscheidenden Anteil daran, den Riesenkraken mit seinem Auftritt im zweiten Teil der Reihe, in die Annalen der modernen Popkultur zu katapultieren.

Darüber hinaus wird es eine tolle Namensrivalität mit den San Jose Sharks geben und die Carolina Hurricanes, Nachfolger der Hartford Whalers, sollten gegen die Kraken wenigstens ein Mal Retro-Trikots mit der ikonischen Schwanzflosse tragen. Der Kampf zwischen Wal und Kraken, das legendäre Duell der Tiefsee, würde Einzug auf dem Eis der NHL halten!

Ein weiterer gelungener Aspekt des Namens ist, dass die bedeutenden Sportteams aus Seattle auch weiterhin Bezug auf die Region nehmen werden (Seahawks, Mariners, Sounders). Auch die ehemalige NBA-Mannschaft Seattle SuperSonics, nahm mit ihrer Anspielung auf die in Seattle ansässige Luftfahrt-Industrie, Bezug auf regionale Besonderheiten.

 


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Einigen kritischen Stimmen zum Trotz (manche davon nahezu hysterisch), kann man das Design des Expansion-Teams als sehr gelungen bezeichnen. Die Seattle Kraken sind der lebende Beweis, dass zeitgemäße Logos nicht im Widerspruch zu einfallsreichen (Tier)Namen stehen.

Die einzelnen Teile der Corporate Identity sind überdurchschnittlich, doch erst die Gesamtheit aus Name, Farbe und Logos macht die Seattle Kraken zu einer außergewöhnlichen Erscheinung.

Das furchterregendste aber zugleich faszinierendste an der Geschichte ist jedoch, dass bis zum heutigen Tag unklar ist, ob der einst so gefürchtete Kraken nicht tatsächlich in den dunkeln Tiefen der Weltmeere sein Unwesen treibt.

Die NHL sollte sich also schon Mal warm anziehen. Denn der Terror of the Deep ist erwacht. Bereit seine Opfer in die eisigen Tiefen zu entführen. Auf dass es weder Entkommen noch Wiedersehen gibt!


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Amadeus Marzai
Fun Guy und leidenschaftlicher Streetballer. Seit er denken kann schlägt sein Herz für die Toronto Raptors. Im zweiten Leben Fußball-Fan, der eine Taktik nicht einmal dann erkennen könnte, wenn sein Leben davon abhinge. Für Cavanis Friseur reicht es trotzdem. Auch deshalb, weil Edinson Cavani neben Xabi Alonso sein All-Time Lieblingsspieler ist. Aufgrund seiner vielfältigen Interessen intern als „Random Amy“ verspottet. Einer von mehreren Weltmeister-Abiturienten im Team, der ausdruckstechnisch zu den brillantesten Friseuren gehört.

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