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Wenger vs. Ferguson: Gemeinsam Richtung Sonnenuntergang

Zwischen fliegenden Pizzastücken, gegenseitigen Beschuldigungen und gekränkter Eitelkeit lieferten sich Arsene Wenger und Sir Alex Ferguson über Jahre erbitterte Duelle. Weil Wenger 70 Jahre alt wird, fassen die Fehde der beiden legendären Trainer zusammen.

Im Sommer 1996 war Arsenal am Boden. Der Klub stand ohne Trainer da und drohte im Chaos zu versinken.

Die Lösung des Vereins war unkonventionell. Man flog nach Japan und verpflichtete den “J-League-Manager des Jahres 1995.“ Sein Name: Arsene Wenger.

Der war zwar seit seiner Zeit in Monaco, als er in sieben Jahren eine Meisterschaft und einen Pokal ins Fürstentum holte, dafür bekannt ein gutes Auge für junge Spieler zu haben, in England insgesamt aber ein eher unbeschriebenes Blatt.

So titelte der „Evening Standard“ am Tag von Wengers Ankunft: „Arsene Who?“

Ein unbekannter Ausländer sollte die Schlüssel zu einem der größten Clubs des Landes bekommen? Und dann auch noch einer der aus Frankreich ins Fußballentwicklungsland Japan geflohen war? Das war für viele schwer zu verstehen.

Arsene Wenger London

 

Sir Alex verspottet Arsene Wenger

Schnell galt der eigenwillige Elsässer Wenger als komischer Kauz. Weil er fünf Sprachen fließend beherrschte, wurde er vom Boulevard kurzerhand eher spöttisch als Fußball-Professor bezeichnet.

Da fühlte sich auch Sir Alex Ferguson berufen, den Neuankömmling zu verspotten. Angesprochen auf Wengers Sprachtalent antwortete er: „Ihr sagt er ist ein intelligenter Mann, weil er fünf Sprachen beherrscht? Richtig? Ich habe einen 15-jährigen von der Elfenbeinküste, der kann das auch.“

Auch wenn Arsene Wenger erst wenige Wochen in England war, scheint Ferguson geahnt zu haben, dass Wenger seine Dominanz gefährden könnte.


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In seiner Autobiografie erinnert sich Sir Alex: „Ich konnte noch nie anders, als mit Arsene zu konkurrieren, der 17 Jahre lang mein großer Rivale war.“

Am Ende seiner ersten Saison führte Wenger seine Mannschaft auf den dritten Platz. Schon im zweiten Jahr holte er die Meisterschaft ins Highbury.

Die Privatfehde mit Ferguson hatte sich da schon längst vom Strohfeuer zum Waldbrand entwickelt.

Zwischenzeitlich hatte sich Wenger über die vielen Spiele in England beschwert und der FA vorgeworfen United bei den Ansetzungen zu bevorzugen: „Es ist unfair. United kann sich jedes Mal ausruhen, erholen und dann alles gewinnen.“

Sein Kontrahent Ferguson ließ sich bereitwillig provozieren und schoss zurück: „Er ist ein Novize und sollte sich nur zum japanischen Fußball äußern.“

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1999 gewann Ferguson das Triple, in den beiden folgenden Jahren die Meisterschaft. Der Respekt vor Arsenals Mannschaften und damit auch Wengers Arbeit war trotzdem groß.

“Ende der 1990er Jahre und Anfang der 2000er war Arsenal der Herausforderer für uns. Sonst war niemand in Sicht“, sagt Ferguson.

Zwischen den Coaches gab es weitere Sticheleien. Meist über die unterschiedliche Einschätzung von Fouls. Wenger war stets daran gelegen als möglichst fair rüberzukommen.

Das machte Ferguson fuchsig, denn beide Mannschaften spielten äußerst körperlich. Angeführt von Patrick Viera und Roy Keane, die ihre eigene Privatfehde pflegten, ging es in den Matches kräftig zur Sache.

So richtig persönlich wurde der Streit der beiden Trainer dann 2002. Arsenal gewann ausgerechnet in Old Trafford endlich wieder den Titel.

Schon grundsätzlich eine Kränkung für United. Viel schwerer wog für Sir Alex etwas anderes.

„Wenger ist der einzige Trainer in der Liga, der nach den Spielen nicht auf einen Gläschen Wein vorbeikommt. Das ist Tradition hier. Es wäre besser für ihn das zu akzeptieren.“

Wenger wird’s egal gewesen sein. Er hatte bei den Feierlichkeiten wohl mehr als genug Gläschen Wein.

Und auch an der Planung seines Meisterstücks musste er arbeiten. Während sich United in der folgenden Saison den Titel zurückholte, bastelte Wenger an seinen „Invincibles.“

Der einzigen Mannschaft, der es in der Geschichte des englischen Erstligafußballs gelang, ungeschlagen Meister zu werden.

 

Die Schlacht von Old Trafford

Kein Bestandteil dieses Teams war Ruud van Nistelrooy. Der wurde Wenger angeboten, war aber in dessen Augen kein guter Fußballer.

So ging er zu United und stand im Mittelpunkt einer der Höhepunkte des Streits der Trainer.

Auf dem Weg zum Rekord musste Arsenal natürlich auch zu United. Das Spiel ging als „Die Schlacht von Old Trafford“ in die Geschichte ein und wurde am 21. September 2003 ausgetragen.

Schon früh im Spiel sah Patrick Viera für ein Nachtreten gegen van Nistelrooy die Gelb-Rote-Karte. In den Augen der Gäste eine lächerliche Entscheidung.

Bei Vieras Tritt in die Luft, war der Niederländer so weit entfernt, dass keine Chance bestand getroffen zu werden.

In der letzten Minute verschoss van Nistelrooy einen Elfmeter. Die Arsenal-Spieler – allen voran Martin Keown – jubelten ihm danach hämisch ins Gesicht.

Die Partie endete 0:0 und Arsenal blieb unbesiegt.

Angesprochen auf das unfaire Verhalten seiner Spieler teilte Wenger nach dem Spiel kräftig aus. „Van Nistelrooy tut sich selbst keinen Gefallen. Er provoziert dauernd und versucht sich immer fallen zu lassen.“

Als die Reporterin nachfragt, ob dieses Verhalten Betrug sei, gibt Wenger eine klare Antwort: „Ja, so sehe ich das.“

In England, wo man so stolz auf seine Fairness ist, gibt es wohl keinen schlimmeren Vorwurf an einen Fußballer.

Natürlich wollte Sir Alex das so nicht auf sich und seiner Mannschaft sitzen lassen.

Er gab zu Protokoll: „Ich verteidige Ruud. Ich habe Arsenals Kommentare gehört. Viera hat schlecht reagiert und Ruud nicht geschwalbt.“

Nach der Partie griff die FA durch. Insgesamt sieben Spieler beider Teams mussten Strafen zahlen.

 

Pizza-Gate

Über ein Jahr danach, am 24. Oktober 2005, musste Arsenal erneut ins Old Trafford.

Auch in der neuen Saison war man bisher ungeschlagen. In Manchester hätte ein Unentschieden gereicht, um 50 Ligaspiele in Folge unbesiegt zu bleiben.

Manchester entschied das umkämpfte Spiel mit 2:0 für sich. Auf dem Platz ging es heftig zur Sache, doch der absolute Tiefpunkt ereignete sich nach dem Spiel in den Katakomben.

Laut Ferguson soll Ruud van Nistelrooy behauptet haben, Wenger habe ihm „ein paar verpasst.“

Wutentbrannt stürmte der Schotte in die Arsenal Kabine, um Wenger zur Rede zu stellen. Der ballte beide Fäuste. Die Streithähne standen sich Auge in Auge gegenüber.

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Ferguson erzählt: „ohne mich zu versehen war ich von oben bis unten mit Pizza eingesaut.“ Bis heute ist ungeklärt, wer Sir Alex das Amuse-Geuele aus der Arsenalkabine überbrachte.

Fakt ist, dass das Tischtuch endgültig zerschnitten war. Ferguson sagte, er habe noch nie so ein unsportliches Verhalten erlebt.

Noch Monate später konnten sich beide Trainer nicht von den Vorfällen lösen. Ferguson bezeichnete seinen Konterpart wiederholt als „Schande.“

Wenger fühlte sich ungerecht behandelt: „Ferguson macht was er will und die Medien liegen ihm zu Füßen. Er interessiert mich nicht und ich werde seine Provokationen ignorieren.“

So ganz gelang ihm das nicht. Wenger hatte nämlich noch etwas anzufügen: „Er hat jeden Realitätssinn verloren. Erst sucht er die Konfrontation und fordert dann von der Person, die er konfrontiert, eine Entschuldigung.“

 

Die Versöhnung

In den folgenden Jahren näherten sich die Streithähne langsam an.

Zwar sagte Wenger noch 2007, dass er nie wieder über Fergie sprechen werde, ein Jahr später berichtete er aber von einer Verbesserung des Verhältnisses zum Schotten: „Da ist mittlerweile ein besseres Verständnis und gegenseitiger Respekt.“

Zur Versöhnung kam es nach dem Champions League Halbfinale 2009. Nach dem Finaleinzug der Red Devils bat Wenger Ferguson und seine Assistenten in seine Kabine.

Dort gratulierte er zum Sieg. Eine große Geste und für Ferguson gleichzeitig eine Erleichterung: „Ich fände es grässlich, wenn das Schweigen zwischen Arsene und mir so lange angedauert hätte, bis die Atmosphäre endgültig vergiftet gewesen wäre.“

Heute stellt Ferguson besonders Wengers menschliche Qualitäten heraus: „Arsene Wenger ist ein cooler Typ – außerhalb des Spielgeschehens. Er ist umgänglich und ich kann mich mit ihm über alles Mögliche unterhalten.“

Auf dem Platz trieben sich beide gegenseitig zu Höchstleistungen an. Das hat sie verbunden.

Beim letzten Spiel des Franzosen als Arsenal Trainer in Old Trafford überreichte Ferguson – gemeinsam mit Jose Mourinho – ein besonderes Geschenk.

    Eine kleine Trophäe mit einer Gravur, die Wengers Leistungen und Erfolge in seinen 22 Jahren bei Arsenal lobte.
    Wenger war gerührt und kommentierte: „Es hatte Klasse und ich habe es sehr genossen.“

    Das schönste sprachliche Bild der Beziehung der Trainer ist schon von 2009, aber beschreibt die Leistung beider in der Premier League perfekt.

    Ferguson sagte: „Viele neue Trainer kommen und verschwinden wieder. Nur wir beide bleiben und werden wahrscheinlich gemeinsam in den Sonnenuntergang reiten.”

    Till
    Meine Helden sind Damir Kreilach und Andrea Pirlo: Das passt genauso wenig zusammen wie meine Liebe zum 1. FC Union und zu lässigem Fußball. Woanders mache ich Social Media und bin Reporter in Berlins Fußballgeschehen von Kunstrasenplätzen bis zum Olympiastadion. Hier schreibe und podcaste ich über den lässigen Teil.

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