(Grafiken: Erstellt von Cavanis Friseur / © Footyrenders)
Am Wochenende rollt auch in der englischen Premier League endlich wieder der Ball. Schon lange nicht mehr, war die Meisterschaft so offen, wie dieses Jahr.
Kann Liverpool seinen Titel verteidigen? Können die Citizens unter Pep Guardiola wieder dazwischenfunken? Oder gelingt Manchester United oder Chelsea ein Überraschungserfolg?
Doch nicht nur der Kampf um die internationalen Plätze dürfte spannend werden. Mit Leeds United ist ein Traditionsverein zurück im englischen Oberhaus, Aston Villa nahm auch diesen Sommer viel Geld in die Hand, um in der Premier League zu bleiben und Leicester City und Newcastle United wollen dieses Jahr für Furore sorgen.
Alle Infos zum Titelverteidiger, den Herausforderern, möglichen Überraschungen und Enttäuschungen sowie dem Premier League Player to Watch und den bis dato besten Transfer erfahrt ihr in unserer Premier League Saisonvorschau.
Saisonvorschau: Premier League 2020/21
Der Titelverteidiger – Liverpool
Der größte Herausforderer – Man City
Die größte Überraschung – Southampton
Die größte Enttäuschung – Tottenham
Der Player to Watch – Eberechi Eze
Der beste Transfer – Thiago Silva
Premier League Saisonvorschau 2020/21: Der Titelverteidiger
von Tim Tornow
Fußballdeutschland neigt gerne zu einer gewissen Romantisierung, wenn es um eine Mannschaft geht, die von Jürgen Klopp trainiert wird. Das ist bei einem charismatischen Trainer sicherlich nicht verwunderlich, lässt die hervorragende Runde, die die Mannschaft gespielt hat, aber gerne in den Hintergrund rücken.
In 38 Spielen holte man sensationelle 99 Punkte. Hierbei lief das berühmt-berüchtigte Gegenpressing mal wieder ausgezeichnet. Auch in Sachen Ballbesitzspiel zeigte sich die Mannschaft im Gegensatz zum Vorjahr, als man mit 97 Punkten “nur” zweiter wurde, deutlich verbessert.
So ist es wenig verwunderlich, dass das Team im Großen und Ganzen zusammengeblieben ist. Der Einzige potenzielle Stammspieler, der den Verein verließ, ist Dejan Lovren.
Dennoch ist man in der Innenverteidigung mit Gomez, Matip und natürlich Van Dijk mehr als gut aufgestellt.
In der Breite verstärkte man sich mit Tsimikas von Piräus, der einen guten Backup zu Robertson auf der linken Verteidigerposition darstellen kann.
Insgesamt wird man an der Anfield Road auch dieses Jahr wieder um den Titel mitspielen. Der Kader ist gefestigt, auf fast allen Positionen mit Ausnahmekönnern besetzt und scheint auch nach Champions-League-Sieg und Meisterschaft in den letzten Jahren immer noch titelhungrig.
Im Gegensatz zu der Konkurrenz – vor allem aus London – setzt man allerdings auf Konstanz im Kader und versucht so, sein Spiel noch weiter zu verfeinern. Das ist ein schmaler Grat, aber wenn jemand diese Aufgabe meistern kann, dann doch All-Heilsbringer Jürgen Klopp.
Der Herausforderer auf den Premier League-Titel 2020/21
von Max Dettmer
Es hat nicht viel gefehlt, dann hätte die These, dass Manchester City in der kommenden Saison (wieder) der größte Konkurrent des FC Liverpool werden wird, mit einem Wort belegt werden können: Messi.
Mit dem Verbleib des Argentiniers in Barcelona sind nun einige Sätze mehr vonnöten, um die Aussage mit Argumenten anzureichern. Zunächst soll jedoch die letzte Spielzeit kurz rekapituliert werden, in welcher der Back-to-back-Champion ein ungewohntes Bild abgab.
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Unsere Players to Watch. Mit dabei: Citys Nathan Aké
18 Punkte Rückstand, sieben Spieltage vor Schluss von den Reds entthront, so früh wie noch nie ein Meister zuvor – die unheimliche Konstanz und Dominanz der Vorjahre, welche die Skyblues so ausmachte, waren über weite Strecken abhandengekommen.
Auf die berühmte Frage „Woran hat et jelegen?“ finden sich mehrere Antworten. Neben auffällig vielen Fehlern in der Defensive trugen Verletzungssorgen sowie eine schlechte Chancenverwertung dazu bei, dass man eigentlich eine Saison zum Vergessen erlebte.
Dennoch wird Guardiola die zurückliegenden Erfahrungen immer wieder als Exempel anführen, um seine Mannschaft zu mahnen wie zu motivieren.
Dass die Citizens mit einem großen „chip on the shoulder“ antreten werden, hat sich schon nach der Corona-Pause angedeutet, als man in der Premier League wieder souveräner auftrat. Ein deutlicher 4:0 Sieg gegen Liverpool sowie eine Serie von 5 Siegen zum Saisonende standen am Ende zu Buche.
Daneben hat sich der Scheich-Klub selbstverständlich auf dem Transfermarkt verstärkt.
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Unser Redaktionsliebling Ferran Torres kam als Sane-Ersatz für eine sehr moderate Summe aus Valencia, der Defensive soll der oft unterschätzte Nathan Aké neue Stabilität verleihen und bei Kalidou Koulibaly dürfte ebenfalls bald Vollzug vermeldet werden.
Gerade die Defensivschwächen sollten damit abgestellt sein, die Offensive bleibt – trotz des Abschieds von David Silva – ohnehin zu allem fähig.
Zusammen mit dem Perfektionismus von Pep sind insofern alle Voraussetzungen dafür gegeben, dass der Titel schlussendlich erneut nur über City gehen wird.
Premier League Season Preview: Die Überraschung der Saison 2020/21
von Alex Rudies
0:9. Es war das Schlüsselergebnis der vergangenen Saison für den FC Southampton. Am zehnten Spieltag empfing man Leicester City und musste im eigenen Stadion ganze neun Gegentreffer schlucken. Es war bereits die sechste Niederlage der Saison.
Es folgten sogar noch zwei weitere Niederlagen, gegen Manchester City und Everton. Man belegte den 19. Tabellenplatz.
Doch plötzlich waren die Leistungen immens verbessert. Acht der nächsten zehn Spiele wurden nicht verloren. Leicester, Chelsea und Tottenham wurden alle geschlagen.
Die Rückrunde kennzeichnete sich durch eine klare Leistungssteigerung. Nach dem Restart verlor man nur ein Spiel, besiegte dafür ManCity. Southampton wurde zu einem der unangenehmsten Teams der Premier League.
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Der Knackpunkt fand kurz nach dem 0:9 statt. Trainer Ralph Hasenhüttl experimentierte mit einer Dreierkette, die jedoch nicht funktionierte. Anstelle dieser trat nun das 4-4-2, beziehungsweise 4 2-2-2, das man noch aus Hasenhüttls Zeit bei RB Leipzigs kannte.
Southampton steht seit Amtsantritt Hasenhüttls vor allem für eins: Intensität. Keine Mannschaft der Premier League übt mehr Pressures auf den Gegner aus, nur Liverpool mehr während der Aufbauphase des Gegners. Die Saints zwingen ihren Gegner stets in ein maximal ekliges Spiel.
Nach vorne geht es dann stets möglichst schnell. Southampton weist die viert-schwächste Passquote der Liga auf. Trotzdem schaffen sie es großartig, ihren Top-Torschützen Danny Ings zu beliefern, der in der letzten Saison 22-mal traf und sich wieder in Englands Nationalelf gespielt hat.
In diesem Sommer muss nur Kapitän und Vorzeige-Arbeiter Pierre-Emile Hojbjerg ersetzt werden, den es zu den Spurs nach London zog.
Sein Verlust wird zwar merkbar sein, abgesehen von ihm blieb das Erfolgsteam der letzten Saison aber zusammen und wurde bereits durch Mohammed Salisu und die feste Verpflichtung des vorherigen Leihspieler Kyle Walker-Peter verstärkt.
Man erlangt das Gefühl, dass nun der nächste Entwicklungsschritt unter Hasenhüttl ansteht. Dieser würde heißen: Platz 7 angreifen.
Premier League Saisonvorschau 2020/21: Die Enttäuschung der Saison
von Marco Stein
Vom Champions Legaue-Finalisten und Vorbild für andere Premier League-Vereine zum Chaosverein mit Identitätskrise.
Über viele Jahre hinweg galt Tottenham Hotspur als Paradebeispiel dafür, was ein Verein mit weniger finanziellen Mitteln als die damaligen Top-Four erreichen könnte, wenn man auf Konzept und Konstanz setzt.
Talentierte Spieler wurden früh aus unteren oder kleineren Ligen für vergleichsweise wenig Geld geholt und Eigenbauspieler gefördert. Nach einer Krisenzeit unter dem einstigen Erfolgstrainer Mauricio Pochettino weichen die Nordostlondoner stark von ihrem bisherigen Plan ab:
Es erfolgte die Trennung von „Poch“, Jose Mourinho bekam in der englischen Hauptstadt einen langfristigen Vertrag und krempelte den Verein etwas um. Ein Umbruch war auch in der Tat notwendig, es scheint jedoch, als würde der Portugiese an den falschen Stellen schrauben.
Während Top-Spieler wie Christian Eriksen, Tanguy Ndombele und Giovani Lo Celso nicht ordentlich ersetzt oder ausgebootet wurden bzw. nicht die Einsatzzeit bekamen, die sie bekommen sollten, wird in der Defensive weiterhin auf Spieler gesetzt, die seit geraumer Zeit weit von ihrer Top-Form entfernt sind.
Danny Rose what a guy 😂. No wonder we didn't sign him for #NUFC. Guy thinks he's prime Maldini 🤨. pic.twitter.com/IIC821o1K1
— ɪᴀɴ (@ianh45113) September 7, 2020
So beispielsweise Davinson Sanchez, der weiter hinter den Erwartungen liegt. Dass mit Mourinho nun der Umstieg von offensivem Ballbesitzfußball auf Konterfußball erfolgte, kommt dem Kolumbianer nicht gerade entgegen.
Dieser Stilwechsel machte sich auch bei vielen anderen Spielern bemerkbar, was schließlich dazu führte, dass die Spurs in der vorigen Saison beinahe noch das internationale Geschäft verpasst hätten. Mittlerweile haben sich Dele Alli, Harry Kane & Co. an den konträren Fußball von „The Special One“ gewöhnt, allzu beeindruckende Leistungen sollte man jedoch nicht erwarten.
Tottenham wusste gegen Ende der vorigen Saison insbesondere mit seinen sauber ausgeführten Kontern zu „überzeugen“ – insbesondere die Vielzahl an Pässen in die Schnittstelle fällt dabei auf. Mit 79 an der Zahl hatten die Londoner die zweitmeisten in der Liga, lediglich Man City konnte noch mehr vorweisen.
Auch die Defensive hatte sich im Vergleich zum Beginn der Saison deutlich gebessert und dürfte sich nach der gemeinsamen Saisonvorbereitung unter Jose Mourinho gar noch weiterhin steigern. Summa summarum fehlt es den Spurs an einigen Positionen jedoch an Schlüsselspielern, um mit Teams wie Liverpool, Man City & Co. langfristig konkurrieren zu können.
Der Premier League Player to Watch 2020/21
von Marco Stein
Ende August sicherte sich Crystal Palace für 17,8 Millionen Euro die Dienste des 22-jährigen Engländers Eberechi Eze von den Queens Park Rangers.
Der Offensiv-Allrounder war in der vorigen Saison einer der besten Spieler der Championship und könnte diese Saison voll einschlagen.
Der Mittelfeldspieler könnte bei den Eagles nun für frischen Wind sorgen, immerhin ist der Kader von Crystal Palace mit 28,8 Jahren der älteste der Premier League – Eberechi Eze damit ein junges Küken bei den Londonern.
Trotz dessen dürfte er in der Mannschaft von Roy Hodgson eine große Rolle einnehmen, kein Wunder, immerhin ist Eberechi Eze nicht grundlos unser Premier League Player to Watch.
Der 22-Jährige kann im Mittelfeld jede Rolle übernehmen, ist meist jedoch auf der Zehn zu Hause und dribbelt sich von der linken Seite ins Zentrum. Am Flügel überzeugt mit er mit seinen beachtlichen Dribblingfähigkeiten, seinem Flair, seiner Schnelligkeit und seiner Übersicht.
Aufgrund seiner engen Ballführung und seinem schnellen Antritt ist er nur schwer vom Ball zu trennen.
Was Eze zudem ist auszeichnet ist, dass er nach dem Passieren des Gegners oft mit guten Aktionen aufzeigt. So überzeugt er mit guten Distanzschüssen, seiner Kreativität oder mit Pässen in die Schnittstellen.
Doch auch defensiv weiß sich der junge Engländer erfolgreich einzubringen. Der 1,73m große Zehner unterstützt seine Kollegen auch in der eigenen Hälfte und gewinnt 55% seiner rund 4 Duelle pro Spiel.
Aufgrund seiner Schnelligkeit und seiner Antizipationsfähigkeit ist Eze zudem ein guter Intercepter und leitete nach Ballgewinn viele Angriffe ein – damit dürfte er ein idealer Spieler für den konservativen Konterfußball von Roy Hodgson sein.
Der Beste Transfer in der Premier League 2020/21
von Alex Rudies
Über 200 Millionen Euro investierte Chelsea in diesem Sommer in Kai Havertz, Timo Werner, Hakim Ziyech und Ben Chilwell. Und trotzdem der wichtigste Transfer einer sein, für den keine Ablösesumme floss.
Nach acht Jahren und sieben Ligue-1-Titeln zieht es Thiago Silva aus der französischen Hauptstadt von PSG in die englische Hauptstadt zu Chelsea.
Der 35-Jährige passt auf dem Papier nicht in das Transferkonzept dieses Sommers. Frank Lampard fügte vor allem junge Spieler mit Entwicklungspotenzial zu seinem Team hinzu. Thiago Silva ist das mit seinen 35 Jahren nicht mehr.
Er kann jedoch ein entscheidender Spieler werden, um die Entwicklung der Talente bestmöglich zu fördern.
Der Brasilianer bringt viel Erfahrung, von der besonders die jungen Verteidiger profitieren können. Mit ihm erhält die Kabine zudem eine klare Führungspersönlichkeit. All dies wird Chelsea immens helfen.
Aber am Wichtigsten: Mit Thiago Silva erhält Chelsea einen Spieler, der sofort auf Weltklasse-Niveau spielen kann und das auf der größten Problem-Position.
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Die Blues verfügen mit Antonio Rüdiger, Kurt Zouma, Andreas Christensen und Fikayo Tomori über vier vielversprechende Innenverteidiger, die jedoch in keiner Kombination wirklich sicher wirkten.
Thiago Silva steht für Sicherheit. Er war nie ein spektakulärer Verteidiger. Stattdessen räumt er mit großer Ruhe jegliche Gefahrenquellen auf und bereinigt Fehler seiner Kollegen. Kein anderer Verteidiger Chelseas bietet dies.
In der vergangenen Saison gestaltete Chelsea Spiele häufig hektisch. Das sorgte für einige Überraschungen. Allerdings fehlten Momente der Sicherheit und Spielkontrolle, die die großen Top-Teams auszeichnet.
Chelsea will unter Frank Lampard zu einem solchen werden. Thiago Silva ist dafür der optimale Neuzugang.